Der Zukunftstag vom 10. November: eine Chance für Kinder mit Autismus



Am 10. November findet der diesjährige nationale Zukunftstag statt. Dann sind Mädchen und Knaben der 5. bis 7. Klasse eingeladen, ihre Eltern oder andere Bezugspersonen zur Arbeit zu begleiten. Auch für Kinder mit Autismus ist dies eine tolle Gelegenheit, einen Einblick in die Berufswelt zu erhalten.


Die Idee des Zukunftstags: Mädchen und Jungen sollen in die Berufswelt der Eltern, von Gotti, Götti, Tante oder Nachbar „reinschnuppern“ dürfen und insbesondere auf Berufe aufmerksam gemacht werden, in denen Frauen bzw. Männer untervertreten sind. Mittlerweile führen hunderte von Betrieben, Organisationen, Fach- und Hochschulen in der ganzen Schweiz am Zukunftstag spezielle Programme durch, für die sich auch Kinder anmelden können, deren Eltern nicht im Betrieb arbeiten. Genauere Informationen dazu findet Ihr unter www.nationalerzukunftstag.ch.


Gerade Jugendliche mit Autismus stellt die Berufswahl vor grosse Herausforderungen. Der Kontakt mit der Arbeitswelt im Rahmen des Zukunftstags mag sie ermuntern, sich (erste?) Gedanken über ihren eigenen Weg zu machen und sich vielleicht auch mit ihren Eltern oder anderen Bezugspersonen darüber auszutauschen.


Damit der Zukunftstag für ein Kind mit Autismus ein positives Erlebnis wird, muss im Vorfeld einiges überlegt und geplant werden. Eine Auswahl:



Wo und mit wem?


- Wen kann mein Kind an den Arbeitsplatz begleiten? Mutter, Vater oder eine andere enge Bezugsperson? Oder haben wir Nachbarn, Freunde oder Bekannte mit dem nötigen Verständnis, die unser Kind einen ganzen Tag lang oder für einige Stunden mit zur Arbeit nehmen würden?


- Viele grössere Unternehmen organisieren für den Zukunftstag ein besonderes Programm für die Kinder. Eignet sich ein solches Programm für mein Kind oder ist es damit überfordert?


- Hat mein Kind ein Spezialinteresse, das sich nutzen lässt? Ein Junge, der alles über Handys weiss, darf vielleicht einem Mitarbeiter in einer Handyreparaturstelle über die Schulter schauen. Fragen lohnt sich immer! Viele Firmen freuen sich über das Interesse von Jugendlichen – auch wenn kein Verwandter oder Bekannter der Familie im betreffenden Unternehmen arbeitet.



Vorbereitung des Kindes


- Wie kann ich mein Kind auf den Zukunftstag vorbereiten, um ihm Sicherheit zu geben? (z. B. Tagesablauf schriftlich festhalten, Homepage der Firma anschauen, erklären, wo die Firma liegt, wie die Kollegen heissen etc.)


- Welche Schwierigkeiten könnten auftauchen und wie lassen sie sich vermeiden oder lösen? (z. B. Arbeitsweg, Begrüssung der Kollegen)



Vorbereitung von Arbeitgeber und Arbeitsplatz


- Informiere ich meine Arbeitskollegen und Vorgesetzten über die Besonderheiten meines Kindes? (Der Zukunftstag hat so vielleicht einen positiven Nebeneffekt: Sensibilisierung zum Thema Autismus und Abbauen von Vorurteilen.)


- Gibt es am Arbeitsplatz einen ruhigen Rückzugsort?


- Wie binde ich mein Kind sinnvoll in meine Tätigkeit ein?



So läuft es in meiner Familie

Meine beiden Jungs nehmen dieses Jahr zum ersten Mal am Zukunftstag teil. Der jüngere, neurotypische Sohn wird meinen Mann begleiten und bei dessen Arbeitsgeber an einem Programm teilnehmen. Für unseren älteren Sohn mit atypischem Autismus eignet sich ein solcher „Grossanlass“ nicht.


Überhaupt: Anfangs war er gar nicht begeistert von der Idee, einen Tag lang nicht zur Schule zu gehen bzw. nicht dem bekannten Stundenplan folgen zu können. Inzwischen hat er sich aber an die Idee gewöhnt. Ich habe ihm versprochen, das Tagesprogramm aufzuschreiben. Erfahrungsgemäss gibt ihm diese Struktur Sicherheit.


Für den Zukunftstag habe ich ihm zwei Möglichkeiten angeboten: Entweder begleitet er mich zur Arbeit in meine Bürogemeinschaft oder wir erkundigen uns in der Gemeindebibliothek – einer seiner Lieblingsorte – ob er einige Stunden mithelfen darf (er kennt die Bibliothekarinnen und sie kennen ihn). Nach langem Überlegen hat er sich schliesslich entschieden, mich zu begleiten. Die Bibliothek sparen wir uns also für nächstes Jahr auf...


Bei mir im Büro wird er zuerst am PC mit einem speziellen Programm einen Text übersetzen – voraussichtlich zu einem seiner Lieblingsthemen. Das kann er gut, und das wird ihm Spass machen. Zudem habe ich meine Bürokolleginnen und –kollegen gebeten, ihm einen kurzen Einblick in ihre Arbeit als Modedesignerin, Filmemacher, Informatiker und Illustrator zu geben. Da mein Sohn leidenschaftlich gerne zeichnet, darf er am Nachmittag mit dem Illustrator ausprobieren, wie man eine Zeichnung digitalisiert und am Bildschirm bearbeitet.


Selbstverständlich wird auch ein besonderes Mittagessen (ich tippe mal auf Pommes Frites…) in der gemütlichen Bürorunde nicht fehlen. Statt auf ein Ganztagesprogramm setze ich auf einige – hoffentlich vergnügliche – Arbeits-, Schnupper- und höchstwahrscheinlich auch Plauderstunden.



Wie sieht es bei Euch aus?


Gerne möchten wir von Euch hören, ob Eure Kinder am Zukunftstag teilnehmen, welche Überlegungen Ihr anstellt und welche Erfahrungen Ihr in vergangenen Jahren gemacht habt.


Und selbstverständlich sind wir auch gespannt auf Eure Rückmeldungen nach dem 10. November und drücken den Daumen für viele kleine und grosse Erfolgserlebnisse!