Rituale versus Förderung?

  • Hallo zusammen
    Ich bin neu in diesem Forum und habe mich angemeldet weil mich eine Frage beschäftigt.
    Ich begleite auf einer Wohngruppe einen 44-jährigen Mann mit der Diagnose frühkindlicher Autismus. Tagsüber arbeitet er in einer Beschäftigung in der er die immer gleichen Arbeitsabläufe hat. Und auch auf der Wohngruppe wird stark darauf geachtet, dass er seine gewohnten Rituale leben kann. Darüber hinaus findet leider wenig statt.
    Ich persönlich glaube aber, dass dieser Mann auch Spass am Lernen, und auch ein Recht darauf hat! Gerne würde ich mit ihm zum Beispiel mit Bildern arbeiten, da er eine Echolalie hat. Ich sehe dort einen Zugang zu ihm. Aber alle meine Versuche und Anregungen wurden bis jetzt mit der Begründung abgetan: "Er braucht einfach seine Rituale, so geht es ihm gut."
    Da ich erst im Studium bin und mich diesbezüglich noch nicht so auskenne, verunsichert mich eine solche Aussage. Nun wäre ich sehr dankbar um ein paar Rückmeldungen, Erfahrungen. Wieviele Rituale sind nötig? Welchen Stellenwert haben sie? Was gibt es für Fördermöglichkeiten? Was muss man beachten/berücksichtigen?
    Ganz herzlichen Dank!

  • Hallo Holztiger
    Als erstes möchte ich dir sagen woww, so toll dein Engagement. Ich sehe es bei meinem frühkindlichen Autisten selbst das er lernen möchte (Fragt viel,und sehr genau nach) durch seine Sprachstörung ist es leider für die Betreuuenden schwierig alles zu verstehen. Dein visueller Vorschlag mit Bildern finde ich sehr sinnvoll, schliesslich können besonders frühkindliche Autisten nur etwas lernen/verstehen was sie entweder real vor sich haben oder es nachvollziehen können. Das mit denn Ritualen sehe ich als eine Flucht in Sicherheit, Mein Sohn könnte 6 Std ohne Unterbrechung seine Runden um einen Gegenstand drehen, Ich gebe ihm dann ein Five (Handschlag in Begrüssungsform) um ihm klarzumachen das ich da bin, falls er was braucht. Als Gegenleistig schenkt er mir ein Lächeln <3 Ob es ihm in diesen rituellen Momenten wirklich gut geht bewage ich zu bezweifeln, sondern sehe es wie eine Flucht, er ist manchmal auch kaum anzusprechen in diesen Momenten. Zuhause arbeite ich mit Handyaufnahmen von ihm und seinen Aktivitäten, diese schauen wir abends gemeinsam an und besprechen die Geschehnisse. Wenn er mir ein bestimmtes Wort z.B "Helikopter"sagt, gebe ich ihm alle Informationen die ich dazu habe, und suche ihm Bilder und Videos raus. Er ist dann immer sehr ausgeglichen und dankbar das ich ihm das erklärt habe. Die Echolalien sind ein Schrei nach Sinnvollität und Wahrgenommen werden, Echolalien hatt er nur wenn ich nicht auf ihn eingehe und nicht zuhöre, was er mitteilen möchte. Aber Echolalien gibts auch wenn ich ihn falsch verstehe, er wiederholt es dann so oft bis ich kapiert habe was er mir sagen möchte.
    Ich hoffe wirklich für euch beide, dass du diesen Mann fördern und richtig auf ihn eingehen darfst!
    Liebe Grüsse

  • Hallo, finde auch das Rituale wichtig sind.Das gibt Sicherheit. Aber lernen Erfolg haben bringt enorm viel Bilder finde ich toll.Ritualle und lernen schliessen sich nicht aus. Alles zu seiner Zeit. Frühkindlicher Autismus heisst nicht das man nicht lernen kann. Mein Sohn wurde mit IQ 43 abgeklärt. In eine Schublade gesteckt fertig. Damals war er 4 Jahre alt sprach kein Wort nahm fast nichts war.Habe angefangen mit ihm zu arbeiten soviel wie möglich. Heute spricht er zwei Sprachen fliessend.Kann lesen, schreiben rechnen...... Besucht eine Regelschule mit Unterstützung. Dabei hat mir geholfen :Was mag er besonders gerne. Bei ihm damals cars spielzeugautos mit Augen. Sein erstes Wort war cars. Also alles was ich gemacht habe, habe ich damit gemacht. Farben hat er so gelernt. Bild vom roten Auto gezeigt. Dann etwas rotes gezeigt. Schau rot wie der Lightning. Wichtig kurze Sätze, Signalwörter... Schau, gib, Stopp.Sonst rauschte es an ihm vorbei. Ihn direkt ansprechen.Nicht kommt alle her. Sondern kommt alle her.Danach.... komm her.Alles wegräumen was nicht Gebraucht wird. Eins zu eins arbeiten.Wen möglich reitzarmer Raum.Kein Sonnenlicht. Rollos runter, Lampe an.Alles ankündigen. wir schauen jetzt ein Buch an, dann machen wir Musik und danach malen wir. Für jede Ankündigung habe ich ein Dublostein genommen und zusammengesteckt. Dann immer wenn wir etwas gemacht ein Stein weggenommen und weggeräumt.Ich habe ihm gezeigt, wen du allein was machst, kann das spass machen. Wen wir zusammen etwas machen macht es mehr Spass. Zb er hat die Autos genommen und immer wieder zusammentutschen lassen. Ich habe ein Lineal genommen und ein Gummi darunter und das Auto die runtersausen lassen.


    Hoffe das ich etwas Anregung geben konnte.