Nach 4 Jahren im Heim als junge Erwachsene wieder zu Hause wohnen?

  • Liebe alle
    Meine Tochter ist geistig behindert mit frühkindlichem Autismus. Zusammen mit ihren grösseren Zwillingsbrüder ist sie bis 14 bei mir aufgewachsen (alleinerziehend). Das ging soweit ganz gut.
    Mit der beginnenden Pubertät begannen die Probleme zwischen ihr und mir und vor allem das Aufstehen am Morgen wurde zur Katastrophe, wir brachten den Alltag nicht mehr auf die Reihe. Nach einem Jahr zeitweise in einer Pflegefamilie wohnen kam meine Tochter im Sommer 2014 ins Sonderschulinternat. Von Beginn an litt sie unter grossem Heimweh und das ist auch nach bald 4 Jahren immer noch das ganz grosse Thema. Sie zählt jede Woche die Nächte, die sie im Heim schlafen muss, bis sie wieder nach Hause kann.


    Im Herbst wird sie nun volljährig und es stellt sich die Frage, wie es nun weitergeht. Sie könnte in der Institution wo sie ist, bleiben, würde in eine Erwachsenenwohngruppe wechseln und in der geschützten Werkstatt arbeiten. Sie wird nun langsam darauf vorbereitet.


    Nun frage ich mich, ob es nicht möglich wäre, dass sie wieder nach Hause kommt und zu Hause wohnt? Ich mache mir Sorgen, dass sie sich im Heim zu sehr zurückzieht. Im Sonderschulinternat hatte sie immer viel Programm, wo sie z.T. auch mitmachen "musste" und sowohl in der Schule wie auch auf der Gruppe im grösseren Rahmen einbezogen wurde. Im Erwachsenenbereich wird das wohl viel ruhiger und ich befürchte, dass sie zunehmend vereinsamt. Zu Hause wäre sie in die Familie eingebunden, denn ihre erwachsenen Brüder leben noch zu Hause und ich habe mein Arbeitspensum massiv reduzieren können und hätte einiges mehr Zeit für ihre Betreuung. Könnte mich vor allem auch besser um ihre tägliche Körperpflege kümmern (im Heim duscht sie nur wenn sie muss bzw. wenn sie Zeit haben zu prüfen ob sie sich auch wirklich gründlich duscht) und so kleine Sachen wie Zehennägel schneiden oder ins Shiatsu oder zur Podologin gehen... Sachen die ihr sehr gut tun würden aber sich im Heim niemand darum kümmern kann, was ich ja auch verstehe. Vielleicht könnte ich ihr das eine oder andere so zur Gewohnheit einrichten, dass es später, wenn sie wieder in einem Heim lebt, weiterläuft, weil es gut eingeübt ist.


    Mir ist bewusst, dass das keine Lösung auf ewig ist, früher oder später wird sie im Heim leben, spätestens wenn ich unser Haus verkaufen muss, weil die Brüder ausziehen oder wenn sich meine berufliche Situation verändert. Doch für ein, zwei, oder vielleicht drei Jahre wäre es möglich. Sie könnte zu Hause leben und würde einfach tagsüber in der Werkstätte sein.


    Aber ich frage mich, ob ich ihr und uns damit gut tue? Wir haben immer noch Konflikte, wenn auch nicht mehr wie früher. Wirke ich negativ auf ihre Entwicklung ein, wenn sie wieder bei mir lebt? Mache ich einen späteren Wiedereintritt in ein Heim noch schwerer als es für sie mit 14 war? Weil sie dann immer wieder hofft, sie können irgendwann wieder nach Hause?


    Sehe ich die Situation völlig verzerrt und will alte Schuldgefühle beruhigen, weil sie seit Beginn dermassen unter Heimweh leidet?
    Ist der Heimalltag gar nicht so unpersönlich wie ich das die letzten vier Jahre erlebe und mir vorstelle?


    Danke für Eure Meinung
    Ostwind

  • Liebe Ostwind


    Nachfolgend eine Antwort, die via Facebook für Dich eingegangen ist. M.O. schreibt:


    Hallo. Ich arbeite als Sozialpädagogim seit 14 Jahren in einem Sonderschulheim. Näheres per messanger. Es kommt sowohl auf sie wie ihre Tochter und ihr Verhältnis an. Körperhygiene ist den meisten Erziehern sehr wichtig und wird normalerweise abgesprochen mit den Eltern, wer was wie oft tut resp.unterstützt. Wichtig ist dass die junge Frau versteht, dass sie tagsüber ins Atelier und Nachts nachhause kommen kann, dies aber nicht für immer. Alle haben Heimweh, auch wenn, wie einige von unseren jungen Menschen ihre Eltern misshandeln, physisch da so viel Stress herrscht, gerade der Übergang zum Erwachsenwerden. Es kann auch sein dass sie den Platz im Heim "verlieren". Und wenn sie ein Praktikum in einem anderen Heim absolvieren würde? Kommunizieren sie mit den Erziehern ihre Erwartungen und Bedürfnisse aber hören sie sich auch an, wie der Alltag da aussieht und was sie bieten. Bei uns in der französischen Schweiz sind weniger Erzieher pro Gruppe zugeteilt als bei den Minderjährigen, was das bedeutet etc. Vermitteln sie ihr dass Veränderung und Erwachsen werden auch positiv ist /sein kann. Ängste nehmen etc. Schön, dass sie sich so respektvoll Gedanken machen. Alles Gute


    Mit einem herzlichen Gruss
    Nicole Ulrich


    Link zu unserer Facebook-Seite: http://www.facebook.com/AutismusForumSchweiz/