Schulpausen (und unstrukturierte Momente)

  • Hallo


    Unser Sohn(asperger Jg 01) hat die Schule gewechselt und geht nun in die zweite Klasse Regelschule.
    Wir sind riesig Stolz auf unseren Jungen der diesen riiiisen Schritt von der Privatschule mit 7Kindern in der Klasse und 15 Kindern auf dem Pausenplatz, nun in eine Regelklasse mit 18 Kindern in der Klasse und etwa 100 Kinder im Schulhaus meistert.
    Die ersten zwei Wochen liegen hinter ihm und unser Sohn gilt bereits als sehr pflichtbewusst, pünktlich, aufmerksam, wissbegierig und natürlich in Sachthemen sehr bewandert :) . Allerdings ist auch augenfällig das er anders ist. Er wirkt oft unsicher, in Sozialen Situationen nervös und überfordert, und in ungeführten Situationen (Pause, Umkleideraum beim Turnen, im Schulzimmer vor Schulbeginn...) zieht er sich beobachtend zurück. Das belastendste ist jedoch sicherlich die Tägliche 1/2 h Pause die er alleine unter vielen Kindern verbringt. Unser Sohn möchte gerne Freunde, möchte mit ein, zwei Kindern die Pause verbringen aber er schafft es einfach nicht an zu knöpfen.


    Wie verbringen Eure Kinder diese schwierige Zeit?
    Wie habt Ihr Euren Kinder Hilfe bieten können?
    Was haben Lehrer unternommen?
    .....?


    Freue mich aus zu tauschen.
    bronti

    KENNTNIS IST KEINE BÜRDE, TOLERANZ KOSTET NICHTS; VIELFALT IST NICHT GEFÄHRLICH.

    Susanne Schäfer

  • Hallo bronti


    Wir haben auch unseren Sohn in der 2. Klasse Regelklasse und auch er erlebt die Pause als die grösste Herausforderung des Schulalltags. Sobald unstrukturierte Sequenzen anstehen (Pause, Projekttage, Ausflüge, Umziehräume etc.) gerät unser Sohn in Phasen, die ich inzwischen als "Flattermomente" bezeichne. Er dreht auf, wird laut und ungestüm; Zeichen der Unsicherheit. Inzwischen ist es aber einiges besser geworden, denn wir haben uns mit den Lehrkräften zusammengesetzt und ich habe ihnen Dokumentationen dagelassen. Ich empfehle dir, dies auszuprobieren:


    Unter "autismusschweiz.ch" -->Dokumentationen-->autismus und Schule-->Bücher findest du sehr interessante, übersichtliche und sehr gut verständliche Büechli, die als Handreichung für Lehrer, Therapeuten und auch Eltern gedacht sind. Auch die Pausenproblematik wird thematisiert. Ich habe genau aus diesem Grund diese Infos bei "autismusschweiz.ch" bestellt.


    Kurz: inzwischen haben sich die Lehrkräfte und Heilpädagogen informiert und wir haben gemeinsam Lösungen gefunden. Z.B. sobald unser Kind grosse Mühe hat in der sozialen Interaktion mit den anderen Kindern, darf es der Lehrerin etwas beim Vorbereiten helfen, es darf sich "ausklinken" und seiner Lieblingstätigkeit an einem geschützten Ort nachgehen (Origami falten), oder er darf weiterarbeiten an Mathe o.ä.


    bronti, ich bin begeistert von diesen Dokumentationen, vielleicht probierst du es aus?


    liebe Grüsse
    kilian02

  • Hallo Bronti


    Auch wir kennen die beschriebenen schwierigen Pausensituationen. Als unser Sohn vor 2 Jahren mit dem KiGa begann, waren auch die Pausen seine grössten Herausforderungen. Schon bald legte er sich eine Strategie zu: Er sass 20 Minuten am Znüni, sodass er nicht ins Freie musste. Daraufhin überlegten wir uns mit den Lehrpersonen und der Heilpädagogin verschiedene Lösungen. Z.B. schickten sie ihn mit einer "Aufgabe" nach draussen (dreimal ums Schulhaus rennen), sodass er wenigstens etwas an die frische Luft kam.


    Wir sind als Familie in der Freizeit auch öfters zusammen auf den Pausenplatz gegangen und haben diesen gemeinsam erkundet. Das hat unserem Sohn Sicherheit gegeben sowie neue Ideen, was er denn in der Pause so machen könnte. Gibt es etwas, was dein Sohn besonders gerne macht? Zeichnet er gerne mit Strassenkreide, spielt er gerne Fussball oder ist er gerne im Sandhaufen? Vielleicht hilft ihm ein klarer "Pausenauftrag".


    Inzwischen geht unser Sohn gerne in die Pause, die er in den Sommermonaten v.a. mit graben, Bäche stauen, Staudämme bauen auf dem tollen Pausenplatz verbringt. Dort ist er inmitten einer grossen Bubengruppe. Ich bin nicht so sicher, wie gross der Austausch mit den anderen Kindern ist, aber auch beobachtend kann man ja eine Menge lernen. Hauptsache, er fühlt sich wohl.


    Ich wünsche dir, dass dein Sohn das neue Schuljahr weiterhin so gut meistert und bald auch gerne in die Pause geht. Die von Kilian02 erwähnten Dokumentationen haben wir den Lehrpersonen ebenfalls gegeben. Sie haben geholfen, das Verständnis für unseren Sohn zu fördern und aufzuzeigen, dass Pausenschwierigkeiten für ein Kind im autistischen Spektrum nicht ungewöhnlich sind.


    LG
    Kiaora

  • Hallo Bronti


    Unserem Sohn steht eine Integrationstherapeutin zur Seite, die ihm hilft unter anderem auch die Pausensituationen zu strukturieren. Manchmal ist unser Sohn gerne bei der Pause mitten dabei. Auf den Pausenspielgeräten, gemeinsam mit den anderen Kindern, fühlt er sich sicher. Er geniesst das Gefühl dazuzugehören.


    Er hat aber jederzeit die Möglichkeit, sich in der Pause etwas abzusondern und einen Comic zu lesen. Meisten gesellen sich 2 bis 3 andere Kinder dazu, die auch gerne mitlesen. Nun werden weitere Beschäftigungsmöglichkeiten im kleinen Rahmen ausgetestet und gesucht, die auch das Interesse der Mitschüler wecken. Unser Sohn hat die Möglichkeit diverse Spiele zu Hause auszuprobieren. Wenn sie ihm Spass machen, werden sie als Pausenbeschäftigung im Klassenraum angeboten. Es gibt auch unter den sogenannt neurotypischen Kindern, Kinder die das Gewimmel auf dem Pausenhof nicht so lieben. Diese sind oft froh, wenn sie sich, vielleicht sogar dank unserem Sohn, für eine ruhige Beschäftigung/Spiel zurückziehen können.


    Liebe Grüsse, Monica

  • Hallo


    Herzlichen Dank für die Inputs von Eurer Seite.


    Einige Schriften von Autismus-Schweiz besitze ich und sind sehr wertvoll, doch auf unsere Situation zugeschnitten habe ich keine Tipps gefunden.
    Habt ihr eine spezielle Dokumentation angesprochen (wenn ja welche?) oder einfach pauschal?


    Deine Tipps Monica finde ich sehr wertvoll und ich werde versuche etwas davon an unserer Schule ein zu bringen.
    Leider ist es bei uns im Dorf so, dass es keine IF gibt, und unser Sohn daher keinerlei Begleitung oder Unterstützung bekommt :( !
    Unsere einzige Rückendeckung ist bei der Abklärungstelle (KJPD). Schön dass wir da wenigstens immer anklopfen dürfen.


    Die Pausensituationen gestalten sich zusätzlich als sehr schwierig da die Kinder (Jungs) praktisch alle Gruppenspiele (Unihokey, Fussball, Fangen) bevorzugen. Dies ist sowohl motorisch als auch auf der sozialen Ebene einfach zu schwierig für unseren Jungen .Alternativen zum Spiel auser einer Schaukel und einem kleinen Kletternetz sind nicht vorhanden.


    herzlich verbunden bronti

    KENNTNIS IST KEINE BÜRDE, TOLERANZ KOSTET NICHTS; VIELFALT IST NICHT GEFÄHRLICH.

    Susanne Schäfer

  • Liebe Bronti
    ich finde, dass bei Deinem Problem auch die Klassenlehrerin mit einbezogen werden sollte. Es wäre hilfreich, wenn sie die Klasse über die Besonderheiten Deines Sohnes informieren würde. Den anderen Kindern muss erklärt werden, dass Dein Sohn gerne Pausengspänli hätte, diese aber selber nicht findet. Allenfalls ist auch ein Kind bereit, eine Art "Göttifunktion" zu übernehmen.
    Wenn die Lehrerin sich ein solches Vorgehen allein nicht zutraut, dann kann sie zuerst mit Euch Eltern darüber reden oder es kann noch eine Fachperson mit Kenntnissen im Autismus-Spektrum beigezogen werden.
    Gute Literatur gibt es vor allem in englischer Sprache, z.B. die Broschüre "Can I tell you about Asperger Syndrome?" von June Welton und Jude Welton. Hier wird aus der Sicht eines Kindes mit Asperger-Syndrom den anderen Kindern erklärt, wo die Besonderheiten - sowohl Stärken wie Schwächen - liegen.
    Die Information der Klasse kann übrigens mit oder ohne Diagnose-Nennung erfolgen, man kann sich auch einfach an der Beschreibung der konreten Eigenheiten orientieren. Für die Kinder ist das sowieso der beste Einstieg.
    Liebe Grüsse, Th.Girsberger.

  • Hallo
    Wir haben zu Beginn des Kindergartens und der ersten Klasse jeweils ein 28-seitiges Büchlein über unseren Sohn abgegeben. Es ist so etwa die Übersetzung von oben erwähnter Broschüre "Can I tell you about Asperger Syndrome?". Wir haben die Eigenheiten unseres Sohnes ergänzt und viele Fotos, Zeichnungen und Karrikaturen eingefügt. Das Büchlein haben wir am ersten Elternabend abgegeben. Wir haben mit diesem Vorgehen durchwegs positive Erfahrungen gemacht. Wir haben die Eltern ermuntert, bei Problemen usw. Kontakt mit uns, den Lehrpersonen oder der Betreuungsperson aufzunehmen.
    Durch die Anregung einer Mutter, konnten wir den Kontakt zwischen unserem Sohn und einem Jungen herstellen. Die beiden spielten auf dem Pausenplatz zusammen Meerestierforscher.
    Liebe Grüsse
    Svalbard

  • Hallo Zusammen


    Eigentlich bin ich ja noch eine Antwort schuldig, zumindest nach dem Beitrag von Thomas Girsberger.


    Also es hat sich einiges getahn, nach dem Beitrag von Monica mit den super Pausen-Ideen.
    Ich habe die Ideen per Mail an die Psychologin vom KJPD versandt ( sie betreut unseren Sohn ausserhalb der Schule nun seit 3.Wochen und weiss um die Probleme in der Pause).Sie wollte sich sowieso mit der Lehrerin in Verbindung setzen und nahm nun diese Ideen gleich mit ins Gespräch. Nun sind wir sehr gespannt was raus kommt bzw.umgesetzt wird.


    Bis anhin haben wir die Diagnose nur den jeweiligen Lehrern mitgeteilt und den Kindern der Schule bewusst vorenthalten.
    Wir möchten unserem Sohn nicht einen Stempel aufdrücken. Dazu kommt das er in vielen Bereichen nicht auffällt was manchmal das erklären sehr schwierig gestaltet .
    Ich muss jedoch erlich gestehen vielleicht kommen wir nicht darum herum es vielleicht doch noch zum Klassenthema zu machen. Dann jedoch nur in der light Version ( wie beschrieben von Thomas Girsberger im unteren Teil).
    (Danke für die Ausführung Th. Girsberger)



    Mich hätte die Broschüre "Can I tell you...." sehr interessiert! Ich habe da nur ein riiiisiges Problem, ich kann nicht Englisch. Gibt es etwas vergleichbares in Deutsch???



    bronti

    KENNTNIS IST KEINE BÜRDE, TOLERANZ KOSTET NICHTS; VIELFALT IST NICHT GEFÄHRLICH.

    Susanne Schäfer

  • Ich möchte noch ein weiteres Buch zum Thema "Wie können Kinder über das Asperger-Syndrom informiert werden" empfehlen, OBWOHL es auch nur in englischer Sprache erhältlich ist. Es ist v.a. ein Bilderbuch mit ganz wenig Text. Es heisst "All Cats have Asperger Syndrome" von K. Hoopmann, 2006. Mit sehr schönen und teilweise anrührenden Fotos von Katzen/Kätzchen werden die Eigenheiten von Asperger-Kindern illustriert. Es eignet sich sowohl für betroffene Kinder wie auch zur Information von Geschwistern und anderen Kindern, mit denen das Kind mit AS zu tun hat (Schule). Die Texte sind so kurz und einfach, dass man sie ja auch als Einführung ins Frühenglisch betrachten und mit wenig Aufwand übersetzen kann.


    Viele Grüsse, Th.Girsberger.

  • hallo zäme
    als wir erfahren haben ,dass unser sohn ein kind mit asperger ist, haben wir an seiner schule zusammen mit der abklärenden ärztin einen elternabend organisiert.zuerst wurden alle lehrer der schule von der fachperson informiert.danach ein elternabend mit den eltern der gspändli unseres sohnes.wir haben damit,bis auf wenige ausnahmen, nur positive erfahrungen gemacht.
    die pausen sind auch bei simon sehr schwierig.aber mit hilfe der lehrperson und der heilpädagogin werden sie mehr und mehr strukturiert,was sich auf alle positiv auswirkt. simon fühlt sich wohler und dadurch werden die aussetzter weniger.
    liebe grüsse
    beatrice

  • Hallo


    Ich möchte nur kurz eine Rückmeldung geben für jene die diesen Beitrag von Anfang verfolgt haben.


    Unser Sohn darf nun schon seit mehreren Wochen während der Pause der Chef über die neu eingerichtete Bücher und Comic-Ecke auf dem Pausenplatz sein. Er ist sehr stolz und glücklich über sein "Ämtli" und die damit verbundene Möglichkeit sich während der Pause in ein Comic vertiefen zu können und so Ruhe und Entspannung zu finden.


    Mega toll was uns das Forum bzw. der Austausch gebracht hat :thumbsup: .


    Grüsse bronti

    KENNTNIS IST KEINE BÜRDE, TOLERANZ KOSTET NICHTS; VIELFALT IST NICHT GEFÄHRLICH.

    Susanne Schäfer

  • Super!
    Gratuliere zum Erfolg, genau das ist es, was ich vor einiger Zeit angesprochen habe. Eine Aufgabe, ein Aemtli, eine Beschäftigung während der Pause! Bei uns funktioniert es auch prima, unser Sohn geniesst es "gebraucht" zu werden und ist mega stolz auf sich, dass er in irgendeiner Form helfen kann.
    Grüsse Kilian02