In unserer 4köpfigen Familie gibt es nur einen NT (meine Frau), die anderen drei sind autistisch/Asperger (ich 45, Sohn 8, Tocher 12). Wir kämpfen seit Jahren ums Überleben als Familie, Probleme in JEDEM Bereich des Lebens. Wäre das Verhältnis umgekehrt - also 1 Autist und 3 NT's - könnte man das viel eher meistern, weil man dann das Familienleben eben auf den einen Autisten abstimmen könnte und die anderen drei könnten "helfen".
Obwohl unser Alltag sehr belastend ist und uns alle Energie kostet, schaffen wir es trotz aller Bemühungen einfach nicht, als Familie zu "funktionieren" oder "überleben", keine Ahnung wie man das nennen soll. Während wenigstens für unseren Sohn eine Sonderschule gefunden wurde, kämpfen wir seit etwa einem Jahr für eine adäquate Beschulung unserer Tochter. Letztes Jahr hat man sie 4 Monate in die Kinder-Psychi gesteckt in der Annahme, man könne sie danach wieder in die Regelschule integrieren. Auch mit einem Schulwechsel hats nicht geklappt und heute sind wir (wieder einmal) dabei, zu versuchen, sie doch noch in einer Regelklasse zu integrieren. Meine Frau muss jetzt am Anfang wieder jeden Tag mitgehen und in meinem Innersten weiss ich aber schon jetzt, dass auch das letztendlich zum Scheitern verurteilt ist. Sobald meine Frau nicht mehr mitgeht, wird meine Tochter ziemlich schnell wieder die Schule verweigern. Man wird uns wieder nahelegen, unsere Tochter erneut in die Psychi zu stecken oder gar mit der KESB drohen (als könnten wir etwas dafür). Ich weiss nicht, wieviele Ungerechtigkeiten und Schikanen ich noch ertragen kann, bis ich komplett den Verstand verliere und im schlimmsten Fall im Affekt etwas Dummes tue.
Hinzu kommen die Demütigungen vom Staat. Er akzeptiert die Diagnosen von Dr. Girsberger nicht und lässt nur "eigene" Diagnosen gelten. Gleichzeitig beträgt die Wartefrist für "staatliche" Autismus-Abklärungen hier bei uns derzeit 8 (ACHT!) Monate. Dann würde ich nochmal locker 3 - 6 Monate für deren Abklärung rechnen, also wäre schon wieder ein Jahr verloren! Und auch dann ist noch nichts sicher - selbst nach vielen Monaten konnte man sich bei unseren Sohn NICHT dazu durchringen, den völlig offensichtlichen Asperger einzugestehen.
Ich selber weiss erst seit einem Jahr von meinem Autismus - er erklärt zumindest, warum ich seit Jahrzehnten psychische Probleme habe und auch schon mehrere stationäre Klinikaufenthalte hinter mir habe. Natürlich habe ich meine Arbeit verloren und betrachte mich aktuell nur bedingt als arbeitsfähig. Habe mittlerweile auch eine Angststörung entwickelt und das Leben wird richtig zur Hölle. In einigen Monaten werde ich mein Ersatzeinkommen verlieren und wir stehen vor dem Nichts. Meine Frau ist mental auch dauernd am (oder über) dem Limit und es kann NICHT mehr lange so weitergehen. Sie kann nicht alleine für drei Autisten da sein, sie ist auch selber gesundheitlich angeschlagen!
Mir ist völlig klar, dass uns nur jemand resp. eine Institution helfen kann, die in der Lage ist, den Autismus in seiner zentralen Rolle in unserer Familie mit einzubeziehen und drumherum ein Lebensumfeld zeichnen kann. Mir selber gelingt das nicht - so viel schon probiert, so viel schon gescheitert, keine Perspektiven und keine Kraft mehr. Niemals hätte ich Kinder machen dürfen, denn ich bin schon absolut genug mit mir selber gefordert/beschäftigt. Aber ich wusste ja damals nicht, dass ich eine solche Störung habe und auch weitervererbe. Man erwartet von mir, dass ich quasi für meine Kinder mitkompensiere und ihnen als autistisches Vorbild diene. Aber wie soll ich das denn? Ich bin ja selber gescheitert im Leben und meine Komorbiditäten machen es noch schwerer. Komme ja selber nicht mit mir klar!
Es gibt ja "soooo viele" Seiten im Internet und Organisationen, die sich mit Autismus beschäftigen und Hilfe anbieten. Aber im Ernstfall kann offenbar doch niemand helfen. Man empfiehlt allenfalls Autismus-Coaches, die ich selber finanzieren muss... erstens haben wir das Geld nicht und zweitens brauchen wir jemanden, der uns auch beim Kampf mit dem Staat WIRKLICH zur Seite steht.
Ich weiss, ich darf das nicht sagen, aber um ehrlich zu sein, ich hasse mein Leben, weil es nur noch aus Angst und Not besteht und ich keine entspannten oder positiven Gefühle mehr kenne. Und wenn ich schon nicht klar komme, wie sollen es dann jemals meine autistischen Kinder? Manchmal stelle ich mir vor, mit den beiden Kindern ins Auto zu sitzen und mit Tempo 200 in die Wand zu fahren. Dann wäre das ganze Leid endlich vorbei. Ich zweifle immer mehr daran, ob ein glückliches autistisches Leben möglich ist.
Weiss irgend jemand, wo ich Hilfe bekommen könnte? Und nein, sagt jetzt nicht geh zu diesem oder jenem Autismusverein. Die verweisen dann nämlich einfach auf irgend einen Autismuscoach, den ich am Ende selber bezahlen muss (was ich nicht kann). Habe ich schon hinter mir.
Vielen Dank fürs Lesen und Zuhören, und an alle die jetzt auf mir rumhacken und mir weissgottwas unterstellen wollen: schreib lieber nichts, du hilfst mir damit nicht, sondern bewirkst das Gegenteil. Mein Selbstvertrauen und überhaupt meine Kräfte sind sowieso ziemlich ausgezehrt.
Also sollte jemand einen andern Tipp haben als "melde dich bei ads" oder "nimm dir einen Autismuscoach", wäre ich für jede Anregung dankbar.
Liebe Grüsse
der 74er