Tochter versteht die gesprochene Sprache oft nicht

  • Hallo zusammen

    Ich schreibe heute in der Hoffnung dass uns jemand von Euch weiterhelfen kann. Vielleicht hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und hat Ideen, Tipps etc.

    Unsere Tochter ist 7 1/2 Jahre alt und frühkindliche Autistin. Seit frühster Kindheit haben wir grosse Schwierigkeiten damit dass sie vermutlich meistens den Inhalt gesprochener Sprache nicht versteht. Ich schreibe deshalb vermutlich weil es ganz und gar nicht offensichtlich ist. Vermutlich hat sie sich schon sehr gute Strategien angeeignet damit man es nicht merkt. Besonders nach Konflikten mit ihr stellt sich immer wieder heraus dass sie einfachste Dinge nicht verstanden hat. Zum Beispiel das sie etwas unterlassen soll, Anweisungen einhalten usw. Aber auch Unterhaltungen über Alltägliches scheinen nicht verstanden zu werden.
    Im Rahmen der Autismusabklärung wurde auch einen Intelligenztest gemacht. Dieser lag im Durchschnitt, allerdings war die Merkfähigkeit deutlich tiefer als der Schnitt. Unsere Tochter war bis 3 1/2 fast nonverbal. Danach bekam sie intensiv Logopädie. Allerdings nicht Autismusspezifisch da eine solche Diagnose damals noch gar kein Thema war.
    Ich frage mich nun ob diese Therapiestunden in der Logopädie wirklich richtig waren. Vielleicht wäre es besser gewesen sie nonverbal zu lassen und eine Verständigung mit Gebärden und zBsp. Metacom anzustreben. Meine Überlegung ist, dass man sie vielleicht in etwas „hineingedrängt“ hat. Das sie nun zwar spricht, aber Sprache an und für sich nicht versteht.
    Durch die schlechte Kommunikation und dem dauerndem Falschverstanden werden ist der Selbstwert unserer Tochter schlecht. Das macht mich sehr traurig und ich frage mich wie man ihr helfen kann. Auf Gebärden spricht sie sehr gut an. Auf Symbolbilder auch. Allerdings muss ich ehrlich sagen dass ich gerade für das Erlernen der Gebärden zur Zeit fast keine Kapazitäten habe da wir noch einen jüngeren Sohn haben der Asperger Autist ist. Er ist noch den ganzen Tag zu Hause und sehr betreuungsintensiv.
    Ein Sprachcomputer haben wir beantrag. Leider wurde er abgelehnt

    Ich würde mich ausserordentlich freuen wenn jemand von Euch die gleichen oder ähnliche Erfahrungen gemacht hat und mir weiterhelfen könnte.

  • Hallo

    Unsere Tochter ist 13 Jahre und sie spricht zwar Wörter nach, aber Sprache erscheint für sie wohl nicht sinnvoll..... wir arbeiten mit Piktos ( mit dem geschriebenen Wort darunter). Das klappt recht gut und so kann sie sich auch ausdrücken, wenn wir sie nicht verstehen. Die Piktos sind in einem Büchlein (Zeigebuch), welches gut transportiert werden kann.


    Herzliche Umarmung ☀️

  • Hallo

    Bei uns haben sich Signalwörter sehr bewährt! Wir sagen vor jedem Satz ihren Namen! Das macht unglaublich viel aus. Das bedeutet für sie Achtung, sie redet mit mir. Zb:,, L.. komm zurück. L.. Stop! L... Nein! L... Heiss! Keine Babssprache benutzen!!!!

    Bei zu langen Sätzen schalten sie ab.

    Mein älterer Sohn ist sehr intelligent.Wen der Lehrer aber in der Schule sagt:,, Alle nehmen ein Blatt Papier. '' Nimmt mein Sohn keins. Sagt er aber:,, M... alle nehmen ein Blatt Papier! So nimmt er es.


    Liebe Grüsse 😍

  • Habt ihr schon mal Probiert, sie zb.beim spielen, Baden, malen... zu filmen.

    Wen man in der Situation ist und mit den Kindern spricht, hat man das Gefühl, das sie nichts erstehen. Wen man aber später das Video ansieht, merkt man oft. Oh sie hat ja doch reagiert.

  • Hallo


    Beim Lesen des Beitrags ging mit einen Moment der Begriff Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung) (AVWS) durch den Kopf.

    Weisst Du, ob das bei der Logopädie ein Thema war oder vielleicht sogar abgeklärt wurde?


    Ich bin selbst von AVWS betroffen, erkenne mich in Deiner Beschreibung teilweise wieder, wie ich als Kind grosse Probleme mit den Verstehen von gesprochenen Texten hatte.

  • Meine Tochter ist da nicht so arg betroffen. D.h. sie versteht mich, solange ich kurze und knappe Anweisungen gebe ohne noch zu erklären wieso und weshalb. Die Merkfähigkeit ist bei ihr mit 11 sehr schwach. Also gebe ich die eine Anweisung. Wenn sie es erledigt hat, die nächste.

    Ihr Ämtliplan habe ich auf einer Tafel Visuell dargestellt. Samstag staubsaugen habe ich ein Staubsaugerbild ausgedruckt und laminiert. Das funktioniert hier super.

    Zimmer aufräumen habe ich ihr eine Checkliste gemacht. Wenn ich nicht genaue Anweisungen gebe wie: Aufräumen inkl unter dem Bett, räumt sie ein paar Sachen auf und wird dann sauer, wenn ich ihr sage; unter dem Bett hast du noch Sachen, das Pult ist nicht okay etc etc.

    Auch das Lernen versuchen wir Visuell auf dem Laptop zu gestalten. Thema Wasser hat sie momentan im NMG. Bevor ich mir einen abracker und ihr die Agregatszustände und die Veränderungen erkläre, lasse ich sie ein Video auf Youtube schauen.


    Viel Spass beim ausprobieren.

  • Ich konnte als Asperger ein Studium absolvieren, bin also nicht allzu tief im Spektrum, möchte aber trotzdem bzw. kann gerade deswegen vielleicht etwas aus "Innensicht" beitragen.

    Zu diesen Einsichten bin ich heute mit rund 50 Jahren gekommen, und wäre sehr froh gewesen, wenn mir jemand als Kind erklärt hätte, was da bei mir anders läuft:


    - Während meiner Schulzeit verstand ich rein verbal oft nicht, was der Lehrer sagte bzw. mir Anweisungen von meiner Mutter nicht merken. Gesprochenes geht bei mir einfach bei einem Ohr rein und beim anderen raus - ich hatte es aber schon gehört, der Sinn der Worte mochte sich mir einfach nicht sofort erschliessen, weil ich mit anderem beschäftigt war.


    - Die dauraus resultierenden dauernden Ermahnungen hatten damals mein Selbstwertgefühl ruiniert (das Mobbing an der Schule war auch nicht hilfreich) und hat mich auch nachhaltig traumatisiert und u.a. wohl zu meiner chronischen Depression geführt. Ich habe erst nach Jahren gelernt mit Kritik fertig zu werden, ohne dass es gleich zu einem Shutdown kommt.


    - Ich musste die Schulstunden abhocken und mir den Stoff selbst anhand der Bücher erarbeiten. Wo es kein gescheites Buch gab war ich aufgeschmissen, so z.B. in Mathematik (20 bis 30% der ASS-Betroffenen haben ja Probleme mit Mathe entgegen dem Chliche).



    Konkrete Anregungen, welche bisher glaublich noch nicht erwähnt wurden:


    - Suchen Sie zumindest initial Augenkontakt und ermöglichen Sie, dass Ihnen von den Lippen abgelesen werden kann. Bei mir dringt man nur so wirklich zu mir durch. Wichtig ist auch, dass die betroffene Person von der momentanen Beschäftigung ablässt. Autisten sind möglicherweise ziemlich unfähig zu Multitasking (habe das Autofahren deswegen aufgegeben).


    - Wenn eine Aufgabe nicht erwartungsgemäss ausgeführt wird, würde ich auf jegliches vorwurfsvolles Vokabular verzichten, also keine Begriffe wie "auch noch", "schon wieder" etc. verwenden, sodern das nicht Erledigte einfach nochmals wie eine neue Aufgabe stellen. Bitte kein Moralisieren: Es ist als geborener Perfektionist an sich schon erniedrigend genug, immerwieder sich selbst korriegeren bzw. nacharbeiten zu müssen. Wie oft hatte ich mir von Eltern und Lehrern anhören müssen, ich solle mir doch mehr Mühe geben, ich sei faul, schludrig usw.! Mir kommte heute noch die Galle hoch, wenn ich nur daran denke.


    - Verwenden Sie für Zeitangaben geschreiben die Form "9.30" und gesprochen "neun Uhr dreissig" statt "halbzehn". Die vorgeschlagenen Termini sind linear aufgebaut, d.h. nach der Stunde folgen die zusätzlichen Minuten. Bei der Form "halbzehn" ist "zehn" bereits nach dem Termin und die Gefahr gross, dass die halbe Stunde nicht abgezogen, sondern drangehängt wird, womit aus "9.30" fälschlicherweise "10.30" wird.


    - Falls gar keine Schulbücher vorhanden sind, fragen Sie den Lehrer, was er unter den gegebenen Umständen doch empfehlen könnte. Falls dieser aber einen "Mist" abgegeben hat, fragen Sie jemand anderen, der das Fach unterrichtet.


    Auch wenn diese Anregungen nicht direkt bei Ihem Kind umsetzbar sein sollten, hoffe ich, dass Sie vielleicht etwas daraus mitnehmen können.

  • Hallo Alle,


    was mir beim durchlesen der Beiträge auffällt ist, dass "die Eltern" von den "Kindern" etwas verlangen. Ich verlange von dir:"Verstehe mich!!!" gefälligst. Mir tun die kleinen Kinderseelen leid, welche nicht verstehen können oder eben eine "andere" Sprache sprechen. Es steht ausser Frage, dass man sich auf das Niveau vom Kind "herab" begibt. Dass man Kindern immer in die Augen schaut. Alle Kinder ignorieren das, was die Mutter aus der Küche herausruft, wenn man gerae Fernsehen schaut. Pff, das man das überhaupt erwähnen muss. Traurig. Nächster Grundsatz: Es wird nicht die Person kritisiert, sondern nur das Verhalten. Und natürlich kann man nur ie Zukunft änern. (ohhh, in welcher Welt leben wir eigentlich....) sorry, ich muss aufhören sonst krieg ich nen Fön.




    Es gibt zwei Wege, ein Problem zu lösen:

    Die Antwort zu finden oder die Frage zu vergessen.

    Der letztere ist der weitaus klügere.

    ( Laotse )


  • Hallo Alle,


    was mir beim durchlesen der Beiträge auffällt ist, dass "die Eltern" von den "Kindern" etwas verlangen. Ich verlange von dir:"Verstehe mich!!!" gefälligst. Mir tun die kleinen Kinderseelen leid, welche nicht verstehen können oder eben eine "andere" Sprache sprechen. Es steht ausser Frage, dass man sich auf das Niveau vom Kind "herab" begibt. Dass man Kindern immer in die Augen schaut. Alle Kinder ignorieren das, was die Mutter aus der Küche herausruft, wenn man gerae Fernsehen schaut. Pff, das man das überhaupt erwähnen muss. Traurig. Nächster Grundsatz: Es wird nicht die Person kritisiert, sondern nur das Verhalten. Und natürlich kann man nur ie Zukunft änern. (ohhh, in welcher Welt leben wir eigentlich....) sorry, ich muss aufhören sonst krieg ich nen Fön.

    Liebe(r) Jaywalker
    Was du beschreibst war zumindest in meiner Jugend leider überhaupt nicht selbstverständlich. Hatte kürzlich "Kinderjahre" von Remo Largo wiedermal in der Hand, wenn ich mich recht erinnere, beschreibt er darin wunderbar die Erziehungsmethoden der vorletzten Jahrhundertwernde, welche bei uns noch bis in die 70er- und 80er-Jahre praktiziert wurden. Stichwort: Kleine Kinder schreien lassen, sonst werden sie verzogen usw. Toleranz für nicht zuhören bzw. Anweisungen nicht verstehen und nicht verletztende Kritik waren unbekannt. Meine Schulzeit war deshalb auch die Hölle, bis ich mit dem Gymi fertig war (ein hoher IQ ist auch ein Fluch, wenn man den Erwartungen nicht gerecht werden kann). 3 Stunden jede Woche Blossstellen im Turnunterricht und Mobbing schon ab der Primarschule gehörte auch zur Normalität und war nicht die Ausnahme. In der Sekundarschule liefen Sachen, da würde heute die Polizei kommen. Im Gymi war das Mobbing nur etwas subtiler. Alles frei nach dem Motto von Nietzsche: "Was dich nicht umbringt macht dich härter." Ich bin tatsächlich ziemlich hart geworden, habe dabei allerdigns auch einige bleibende Schäden davon: Meine mittlerweilen chronische Depression, samt abgebrochenem Suizidversuch in der Volksschule, nahm damals ihren Anfang und meine Angststörung auch. Aber sonst geht es mir gut. :thumbsup:

  • Hallo Fallaetsche,

    das ist echt seltsam. Ich wurde antiautoritär erzogen. Ich bin Jahrgang 67 und zu der Zeit war Erziehung von Kindern noch kein Thema, so wie Heutzutage. Nichtdestotrotz wuchsen mein Bruder und ich in vollkommener Freiheit auf. In unserem Elternhaud erfuhren wir jeglichen Komfort und Unterstützung. In der Schule hatte ich nur Probleme mit den Lehrern, nicht aber mit den Mitschülern. Unsere Clique war sehr Hierarchisch und ich gehörte wohl zu den "Offizieren". Damals war das für mich normal. Merkwürdig erscheint mir das nur im Nachhinein.

    Da ich in Frankfurt/M aufwuchs, stand mir auch die dunkle Seite offen. Ich habe nie etwas schlimmeres gemacht als Ladendiebstahl... aber ich hätte können. Egal, worauf ich hinaus will ist, dass ich heute ebenfalls in Depression und Angststörung gelandet bin, obwohl ich einen guten Start hatte und ein erfolgreiches Leben. Nach "normalen" Standards gemessen.


    Trotzdem fehlt was oder ist falsch. Schon komisch, oder?


    Gruß Jenny




    Es gibt zwei Wege, ein Problem zu lösen:

    Die Antwort zu finden oder die Frage zu vergessen.

    Der letztere ist der weitaus klügere.

    ( Laotse )