Selbsthypnose für Kinder?

  • Liebe Alle

    Mein bald 13 jähriger Sohn hat so unglaublich Mühe, sich zu motivieren, von strukturieren gar nicht erst zu reden...seit der Pubertät ist es noch sehr viel schlimmer, alles ist ein Kampf, angefangen beim Zähne putzen (3xtäglich8|), Zimmer aufräumen, Tablet weglegen, aus dem Haus gehen, Bewegung haben...A.L.L.E.S. geht nur mit sehr viel Widerstand. Himmel es ist so anstrengend und es ist eigentlich wie mit einem Kleinkind. Belohnungssystem nützt auch nichts mehr. Er sagt selber, er frage sich wie er so jemals selbständig leben solle - das fragen wir Eltern uns auch! Ich mache mir echt Sorgen und bin am Limit...auch weil er es irgendwie auch sieht, jedoch keine Lösungsvorschläge annehmen kann, geschweige denn selber entwickeln. Ich habe vorgeschlagen, dass er sich alles ins Handy programmiert und wenn es klingelt halt erledigt...schon die Vorstellung stresst ihn aber soooo sehr dass er da nicht mitmacht. So Listen zum abhaken will er auch nicht...oder wenn dann ohne Zeitangaben...was bedeutet, dass dann abends noch alles unerledigt auf der Liste stehtX(.

    Ich habe mir überlegt, ob Selbsthypnose für Kinder mit ASS auch geeignet wäre...er redet sich so oft selber ein, dass er dies nicht könne, für das zu gestresst sei usw. also er suggeriert sich das praktisch immer selber...und ich frage mich, ob man das nicht ins Positive wenden könnte? Ich habe gerade selber ein für mich schwieriges Ziel mittels Selbtsthypnose erreichen können und finde das eine tolle Sache. Meine Frage: Hat jemand Erfahrung damit? Wenn ja, wie habt ihr es geschafft, dass euer Kind mitgemacht hat und regelmässig auch Entspannungsübungen etc. macht? Ich möchte meinen Sohn ja nicht manipulieren und ihm meine eigenen Ziele für ihn suggerieren...

    Ich freue mich zu hören falls sich jemand damit auskennt...danke!

  • Ich habe keine Erfahrung mit Selbsthypnose möchte aber grundsätzlich in den Raum werfen, dass es auch pathologische Gründe (zum Beispiel depressive Verstimmungen oder sogar Depressionen, Hormonschankungen gerade in der Pubertät) geben kann, welche die "Motivationsprobleme" deines Kindes verstärken oder die Ursache dafür sind. Je nachdem würde ich eine professionelle Unterstützung (Psychologisch, Ergotherapie, etc.) mit ins Boot holen (Erziehungshilfe, Weiterentwicklung fürs Kind, etc.), dies kann gerade auch als Anleitung oder Übung bevor dein Kind mit der Selbsthypnose startet hilfreich sein in dem ihn jemand (AS, Kind) gerecht anleitet bis er selber dazu in der Lage ist. Mal ganz davon abgesehen, dass es schlussendlich für ihn stimmen muss, ob er das will und sich darauf einlassen kann. Für mich persönlich als Mensch mit AS ist das Thema Selbsthypnose "nicht greifbar", ich kann damit nichts anfangen, aber das heisst nicht, dass es für andere auch so ist.

  • Hallo Kopfkino

    Du hast recht, man muss genau hinschauen woran es liegt dass er sich so zu nichts aufraffen kann...er hatte gerade einen Wechsel der Therapeutin und schon das ist für ihn nicht ganz leicht. Wir werden es ganz bestimmt auch mit ihr nochmals anschauen, ich wollte einfach schon mal Ideen sammeln.

    Wie meinst Du für Dich ist das Thema Selbsthypnose nicht greifbar? Ich weiss eben nicht, ob mit oder ohne ASS ist halt 12 auch noch sehr jung...und man hat da halt auch meist besseres im Sinn als sich auf so eine Übung einzulassen und alles was dafür notwendig ist...

    Danke für die Gedanken!

  • Ich habe auch keine Erfahrung mit selbsthypnose.
    Dein Sohn sagt, er möchte keine Pläne mit Zeitangaben möchte. Könntet ihr dann mit Abläufen ohne Zeitangaben starten?

    Mir hilft es, wenn ich sehe (das visuelle ist sehr wichtig!) was ich alles machen muss und in welcher Reihenfolge. Manchmal ist diese weniger wichtig, aber es hilft, mich selbst zu strukturieren. Ich habe einen Wochenplan auf dem alle wichtigen Termine und Aktivitäten drauf sind (z.B. Badezimmer putzen, Therapietermine, Arbeiten im Büro, Homeoffice, Pausen...) und dann aber auch Abläufe für die einzelnen Tage und die einzelnen Aktivitäten.
    Ich habe die Pläne mit meinen Therapeuten erarbeitet. Und: das nicht von heute auf morgen. Es war für mich wichtig, dass jemand anders mich unterstützt und einen Teil der Verantwortung übernommen hat beim erarbeiten. Das wäre sonst viel zu anstrengend gewesen. Auch ist es nach mehreren Jahren in denen die Pläne schon im Einsatz sind noch immer wichtig, dass ich sie mit jemandem besprechen kann und mir auch jemanden mal sagen kann, dass ich zu viel/zu wenig Wochenprogramm geplant habe oder zu hohe Erwartungen habe an mich selbst.
    Ich wohne in einer eigenen Wohnung mit Unterstützung von Spitex, Ergo- und Psychotherapie.
    Dein Sohn fragt sich, wie er je alleine Wohnen soll... Er hat das Glück, jemanden wie dich zu haben, der das Strukturieren und Selbständig werden jetzt schon thematisiert.
    Er hat Zeit, alles zu lernen was er braucht. Und er kann auch mit etwas Unterstützung selbstständig wohnen.
    Vielleicht müsst ihr/ muss er alleine oder mit der Therapeutin erst herausfinden, was er alles können muss, was ihm schwer fällt, wo er Unterstützung will und was im Moment für ihn nicht wichtig ist. Ziele aufzuschreiben kann eine Möglichkeit sein, damit er sieht, für was er das tut. Zwischenziele sind wichtig. Erreichbare kleine Schritte.
    Du sagst, Belohnungssysteme funktionieren nicht mehr. Vielleicht einfach im Moment nicht. Oder die Belohnung stimmt für deinen Sohn nicht? Oder er muss zu viel tun, bis er belohnt wird?
    Bei mir kann es auch Belohnung sein, dass jemand etwas für mich macht, wenn ich ihn darum bitte. Denn dann war für mich die Anstrengung, mir Gedanken zu machen, ob ich das im Moment kann oder nicht und einen alternativen Weg zu finden. Zudem ist um Hilfe bitten oftmals sehr schwierig für mich. (Bsp. Einkaufen, einen Anruf machen).
    Und ja, in dem Alter muss es nicht unbedingt (nur) am Autismus liegen, dass Dinge nicht funktionieren...

  • Liebe Emma

    Oh das ist super zu lesen, danke für Deine Offenheit! Früher hatten wir so eine Magnettafel mit Kärtchen, alles was erledigt war konnte dann weggenommen werden. Das will er nicht mehr. Dann schreiben wir immer am WE eine Liste mit Kästchen zum abhaken, was er zu tun hat...ob mit oder ohne Zeitangabe, wenn mehr als zwei Dinge draufstehen fühlt er sich schon soooooo gestresst dass er nur noch bockt. Gerade vorhin hab ich zu ihm gesagt, er soll kurz die Sachen auf dem Boden im Zimmer weglegen, damit ich staubsaugen kann...da meinte er, das stehe nicht auf der Liste...zwei Sekunden später sagt er, Kompostkübel leeren wär nicht nötig auf die Liste zu setzen, er würds dann schon machen, so Pipifax sei nicht nötig zu schreiben...ziemlicher Widerspruch.

    Du hast recht, ich glaube ich versuche nix mehr und wir schauen mit der Therapeutin nochmals, wie er Dinge anpacken soll. Das Problem ist, dass er sich sowas von nicht helfen lassen will von mir...und mich stresst es leider auch unendlich, wenn er den ganzen Tag verhängt und am Schluss dann alles am Abend getan werden muss, ich kann mich da schlecht rausnehmen irgendwie.

    Das mit den Zielen und Zwischenschritten ist auch eine super Idee! Das mache ich mit ihm, ganz anschaulich, cool, das kann ihm auch Mut machen denn ich finde, wenn er sich helfen lässt kann er ganz sicher vieles erreichen.

    Wir haben zusammen die Serie "the good doctor" geschaut, die Hauptperson ist so ein hochfunktionaler Autist der Chirurg wird...dieser hat auch alles im Handy programmiert...ich dachte, das wäre eine gute Inspiration denn der Typ ist natürlich toll, aber meist findet mein Sohn eine Idee gut, aber die Umsetztung klappt dann doch nicht...

    Es beruhigt mich zu lesen wie Du lebst, selbständig aber nicht Dir selbst überlassen sozusagen, ein passendes Mass an Hilfe, das hört sich super an und macht mir Mut, danke!

  • Hallo bigMaMa,


    Zur Selbsthypnose kann ich nicht viel sagen. Ich kenne zwar die therapeutische Hypnose, weil ich das für mich gemacht habe, aber ich hätte meinen Sohn zu so etwas wohl nicht überzeugen können;)


    Mein Sohn war (und ist manchmal immer noch) sehr chaotisch. Solange er aber viel Stress in der Schule hatte und sein ganzer Alltag mit viel Anstrengungen seinerseits verbunden war, musste er zu Hause fast nichts machen. Seine Therapeutin hat uns Eltern mal erklärt, dass sein Alltag in der Schule vergleichbar mit einem Marathon sei. Danach möchte ich auch nicht mehr Mistkübel leeren und aufräumen:).

    Nun besucht er seit ein paar Jahren eine Privatschule. Dadurch hat der Druck in der Schule merklich nachgelassen und er hatte plötzlich freie Energie, sich zu entwickeln. Plötzlich waren Dinge möglich, die vorher undenkbar waren. Er packt seit etwa einem Jahr seine Schultasche selbständig und hat seine Termine im Griff. Bei den Hausaufgaben musste ich von jetzt auf gleich nicht mehr helfen, alles macht er nun selbständig. Feste Ämtli hat er nicht, aber wenn ich ihn z.B. bitte, die Spülmaschine auszuräumen oder das Katzenklo zu leeren, dann macht er das. Sein Zimmer räumt er nach wie vor nur nach Ansage auf, weil es ihn nicht stört wenn es unordentlich ist. Normaler Teenager halt, wie ich finde:S Mittlerweile bleibt er auch gerne alleine zu Hause und versorgt sich und die Katzen selbständig, wenn wir in die Ferien fahren (er bleibt lieber zu Hause als mitzukommen). Das klappt super.

    Was ich dir damit sagen will: wir waren oft verzweifelt und fragten uns, wie das mal klappen soll, genau wie ihr jetzt.

    Aber die Kids entwickeln sich ja stetig. Mir hat geholfen, ruhig zu bleiben (nach Möglichkeit8o) und meinem Sohn zu vertrauen. Er hat in seiner Entwicklung jeden Schritt dann gemacht, wenn er bereit dazu war. Er wird bald 16 und hat jetzt alles aufgeholt.


    Herzliche Grüsse


    Tabeli