Der Nutzen von Ritualen

  • Liebe Forumsteilnehmer


    Rituale sind für alle Kinder wichtig, vielleicht länger, als wir Eltern das gemeinhin glauben. Unsere Tochter, Archetyp eines Teenager-Mädchens/Frau, macht uns immer wieder in der für Menschen diesen Alters so typischen Art darauf aufmerksam, wenn wir es einmal wagen sollten, ein ihr wichtiges Ritual zu vergessen oder - schlicht unverzeihlich - bewusst auszulassen.


    Für Kinder, die von Autismus betroffen sind, können Rituale zu eigentlichen Lebenshilfen werden. Das erlebten wir dieses Jahr wieder hautnah in unseren Skiferien. Gelingt es zudem, Rituale mit besonderen Vorlieben oder Interessen zu verknüpfen, dann hat man schon fast eine 'Geheimwaffe' gefunden.


    Unser Sohn liebt es zum Beispiel, zu baden, und so hatte er auch noch vom letzten Jahr her in Erinnerung, dass unser Hotel über einen Whirlpool verfügt. Gleich am ersten Tag haben wir dann, natürlich auf sein 'Anraten' hin, die steifen Muskeln im warmen Wasser gelockert. Unser Sohn hat dann selbstbewusst verkündet, dass er nun jeden Tag, immer nach dem Skifahren, hier zu finden sei.....Dieses durch ihn selber definierte Ritual versah nun seinen Tag mit einem klaren Fixpunkt, einer Orientierungshilfe, an der er sich festhalten konnte. Als wir z.B. einmal einen Tagesausflug nach Zermatt unternahmen (aus seiner Sicht nichts Positives, weil von der gewohnten Routine abweichend), hat ihm die Aussicht auf das - mittlerweilen gewohnte Bad im Whirlpool - geholfen, mit dem ungewohnten Tagesablauf fertig zu werden.


    Unser Ferienalltag war gespickt mit Ritualen, die unserem Sohn in neuer Umgebung 'Zuhause-Gefühle' vermittelten. Manchmal muss man die Menschen um sich herum dazu ein klein wenig instruieren. So zum Beispiel, was seinen absoluten Lieblings-Dessert betrifft: Schlagrahm pur, am besten mit genügend Zucker aufgepeppt.....und wenn die Küche es dann noch schafft, die tägliche Portion in einer Glasschüssel im 'Kristalllook' zu servieren, dann ist die Welt ohnehin total in Ordnung! Das fand unser Sohn, und das fand der Rest der Familie auch. Denn unser Sohn war äusserst zufrieden und hatte lautstark verkündet, dass dies ein sehr vornehmes Hotel sei und dass wir nun immer hier Skiferien machen würden. Wir freuen uns - die Hoteldirektion auch!


    Was sind eure Erfahrungen mit Ritualen? Wie ergeht es euch in den Ferien, wo doch so vieles neu ist und damit zur besonderen Herausforderung für unsere Kinder wird?

  • hallo zusammen


    Auch bei uns ist es in den Ferien so (auswärts). Gerade vor einigen Tagen haben wir unseren Sohn gefragt, wie und wohin er sich vorstellen könnte, in den Sommerferien zu reisen. Nicht unerwartet kam dann als Antwort folgendes: "wir gehen wieder nach Sardinien und zwar an das gleiche Ort, abends ins selbe Restaurant und auf dem Heimweg noch jeden Abend aufs Trampolin....". Es war keine "Idee" und auch kein "Ferienvorschlag", sondern eher ein Befehl, was, wie, wo und wann geschehen wird...! Dasselbe gilt auch bei Ferien im Herbst. Erinnerungen an vergangene Reisen werden sofort wieder - wie unser Kind sagt - aus einer Schublade im Gehirn geholt, Geschehnisse und Abläufe verknüpft. Möglichst genauso sollte es dann auch wieder laufen. Und da es auch uns gefallen hat, steht das Ziel somit fest ;)


    kilian02

  • Als unser Sohn 4 jahre alt war, waren wir in den Ferien auf Fehmarn. Dort gingen wir einkaufen in einem Supermarkt, der Einkaufswagen mit integriertem Auto hatte - sehr praktisch. 2 Jahre später (!) waren wir am gleichen Ort, gingen Einkaufen und es war kein Auto-Einkaufswagen mehr frei! Es gab ein riesen Drama!


    Sowiel zum Thema Rituale. Sie können sehr nützlich sein, aber wehe, es ist etwas nicht mehr so, wie es sein sollte!

  • Ich kenne das nur zu gut. Ohne klare Abläufe und Rituale funktioniert mein Tag nicht. Kleinste Planänderungen werfen mich aus der Bahn. Alles hat ganz klar seinen Ablauf, seine Zeit, seinen Ort.


    Das Problem sind bei mir auch ganz klar die Ferien. Ich kann da nicht alles genau durchplanen und weiss nicht was mich erwartet. Das bedeutet für mich extremen Stress. Was für andere Erholung ist, bedeutet für mich einen Spiessrutenlauf.


    Viele in meinem Umfeld (auch diejenigen die wissen dass ich ein Aspi bin) haben Mühe mit meinen starren Ritualen und Abläufen. Da ich müde wurde, jedem immer alles zu erklären, schicke ich den Leuten einfach immer diesen Link. Dann sehen sie, dass dies wirklich zum Asperger-Autismus gehört und ich nicht einfach "spinne". Zudem können sie es in Ruhe durchlesen und darüber nachdenken: http://www.asperger-autismus.c…ritualisierte-handlungen/