Wünsche eines Vaters

  • Als Vater eines Jungen mit Autismus wünsche ich mir

    • mehr Gleichberechtigung - und weniger Fürsorge
    • mehr Respekt - und weniger gute Ratschläge
    • mehr Offenheit - und weniger Empörung
    • mehr Integration - und ein Ende des Abschiebens
    • mehr Inklusion in allen Lebensbereichen - und damit immer weniger Notwendigkeit zur Integration

    Ich wünsche mir Fachleute mit dem Blick für die Stärken, Lehrpersonen, für die der Schüler wichtiger ist als die Schule und Behörden mit einem Sinn für die Menschen und das Menschliche. Und ich wünsche mir, dass unsere Mitmenschen endlich begreifen, dass wir nicht zu bemitleiden sind. Wir brauchen und wollen nicht mehr, als alle anderen Familien auch: Glücklich in unserer Welt leben und an ihr teilhaben. Es ist nicht an den Menschen mit Autismus, sich einzupassen. Es ist an uns allen dafür zu sorgen, dass diese Menschen dazu gehören.


    Thomas Ulrich, stolzer Vater eines Jungen mit Autismus (ich bedaure jeden, der nicht das Glück hat, meinen Sohn persönlich zu kennen!)

  • Hallo Thomas


    Ich habe deinen Wunsch gelesen und musste weinen.
    Unsere Kinder sind das Wichtigste im Leben und wir sollen für sie und um sie kämpfen, denn sie es verdient haben. Ich fühle mit Dir und deiner Familie, denn mein Sohn ist auch betroffen.


    Let's hope our dream will be true


    Lieber Gruss
    Darem

  • Hallo Thomas



    Wenn ich den Text lese (nicht die Wünsche) dann kommt es mir so vor, als ob nur die anderen Menschen Mühe mit Autismus haben, aber du ganz und gar nicht. Wie wenn es für dich kein Problem wäre im Alltag. Ist dein Sohn ein "einfach zu handhabender Autist"? Bist du immer glücklich über die Situation dass dein Sohn so ist wie er ist?


    Für mich ist der Alltag mit meinem Sohn oft sehr anstrengend. Vor allem was den Umgang mit seinem jüngeren Bruder angeht. Oder die Wutanfälle.... usw. Zum Glück gibt es auch Phasen, wo es einfacher geht, wo er ausgeglichener ist. Das ist auch für ihn angenehmer.


    Und natürlich bin ich ausserordentlich stolz auf meinen Sohn, wenn es ihm und mir gut geht und alles ruhig verläuft, weil er ein ganz toller Junge ist.
    Ich als seine Mutter bin auch die verständnisvollste Person die er hat, in den Situationen, in denen er nicht mehr an sich halten kann, weil etwas nicht so ist wie es sein sollte für ihn. Ich weiss, wie es sich anfühlt, ich kenne es ja selbst. Nur bin ich erwachsen und weiss meine Gefühle zu verstecken. Ich versuche ihm Hilfen zu geben, die er aber leider (noch) nicht annimmt (auch nicht, wenn wir hinterher darüber reden können). Das ist das, was mich oft betrübt. Neben dem Problem, dass er kaum bereit ist, etwas zu leisten. Kaum merkt er, dass er sein Hirn dabei anstrengen soll, blockt er ab. Das ist für mich auch ein grosses Problem, bzw. es bereitet mir Sorgen.


    Das Problem mit den (erwachsenen) Mitmenschen ist für mich eher klein. Mein Sohn ist auf einer Sonderschule, dort geht es ihm gut. In der Freizeit sind wir nicht viel direkt mit anderen Menschen zusammen. Die Personen die über ihn bescheid wissen, sind verständnisvoll. Ich vermeide schwierige Situationen natürlich, weil ich für mich persönlich das viel zu anstrengend finde. Ich meine zum Beispiel Einkaufen. Das kann sehr ähm gelinde gesagt abenteuerlich werden.
    Falls wir irgendwo sind und es "passiert" etwas wo mein Sohn mit seinem Verhalten total auffällt, interessieren mir die Leute um mich herum herzlichst wenig. Ich bin dann nur wegen uns selbst gestresst ;-)


    Also ehrlich gesagt, ich bin nicht immer stolz auf meinen Sohn :-(. Ich bin auch traurig, dass ich ihm solche Probleme vererbt habe. Es ist ja wirklich nicht immer einfach, als (-in unserem Fall- atypischer) Autist das Leben zu bestreiten.


    Ich hoffe, es wird nicht falsch verstanden, was ich geschrieben habe.... Und ich hoffe, dass ich selbst nichts falsch verstanden habe. Evtl. ist es auch etwas an dem Thema vorbei, was du eigentlich angesprochen hast...


    Liebe Grüsse von Susanne

  • also ich bin immer stolz auf meine söhne. immer. denn was sie leisten müssen um in der gesellschaft zu "funktionieren"da verdienten sie einen nobelpreis!! und wir eltern natürlich auch denn wir leisten ja auch manchmal unglaubliches.
    vorwürfe mache ich mir leider auch aber nicht wegen irgendwelchen genen, welche auch? die wissen bis heute nicht was autismus auslöst oder vertuschen die wahrheit. was auch immer, das was wir vor uns haben zählt, unsere kinder, die uns brauchen und uns kraft geben jede noch so grosse hürde zu meistern. man kriegt im leben meistens das was man auch schaffen kann. mein älterer sohn hat erreicht was ich vor 10 jahren nicht mal zu träumen wagte. er wächst zu einem intelligenten, erfolgreichen jungen mann heran der falsch von richtig unterscheiden kann und das herz am rechten fleck hat und sich voll und ganz so annimmt wie er ist, nicht mehr und nicht weniger selbstzweifel als jeder andere mensch auch.
    als er 3 jährig war hat er ausser in einer ecke zu sitzen und an räder gedreht nichts gemacht. everything is possible!

  • Liebe Susanne


    Vielen Dank für deinen interessanten Beitrag, der mich sehr zum Nachdenken animiert hat. Du hast in keiner Weise am Thema vorbeigeschrieben und meine Gedanken absolut richtig verstanden. Und du hast natürlich recht, auch ich finde es manchmal sehr schwierig mit meinem Sohn, der auch die Diagnose atypischer Autismus hat. Auch wir erleben herausfordernde Situationen, die nicht einfach zu bewältigen sind. Ich habe mir im Laufe der Zeit eine Art Strategie erarbeitet, wie ich damit umgehen möchte. Das Schöne an dieser Strategie ist - mein Sohn fühlt sich wohl und ist glücklich, unsere Familie fühlt sich wohl und ist glücklich - und ich selber auch!


    Ich denke es ist ganz zentral zu akzeptieren, dass unsere Kinder sind, wie sie eben sind. Jeder Mensch ist - per Definition - einzigartig, und es ist also ganz normal, dass wir verschieden sind. Wenn verschieden sein also normal ist, wie kann es dann sein, dass wir Menschen aufgrund ihrer Andersartigkeit ausgrenzen oder in irgend einer Weise nicht an unserem Leben teilhaben lassen? Und wer entscheidet eigentlich, ab wann Verschiedenartigkeit nicht mehr normal ist?


    Ich weiss nicht, wie es dir geht, Susanne, aber ich kann diese Fragen nicht beantworten. Ich denke deshalb einfach, dass es ganz normal ist, dass mein Sohn nun eben ein Mensch mit Autismus ist. Ich kann das nicht ändern und will es heute auch nicht mehr. Ich finde aber, dass sich in unserer Umwelt und bei unseren Mitmenschen Dinge ändern sollten, damit mein Sohn unter uns selbständig und glücklich leben kann. Als Mensch mit Autismus.


    Wenn wir einfach akzeptieren, dass jeder sein darf, wie er ist, dann bleibt für mich eben nur noch, dass die Umwelt sich damit arrangiert. Dies wollte ich mit meinem Beitrag mitteilen. Es leben Menschen mit Autismus unter uns. Diese Tatsache können wir nicht ändern. Menschen mit Autismus - wie alle anderen Menschen auch - dürfen sein, wie sie sind und haben ein Recht, in unserer Welt zu leben, wie alle anderen auch. Daraus leite ich ab, dass es zuerst darauf ankommt, dass die Umwelt und die Mitmenschen dieses Recht vorbehaltlos anerkennen, entsprechend handeln und sich richtig verhalten. So, wie das für alle anderen Menschen auch ganz normal ist, so ist es auch ganz normal, dass Menschen mit Autismus so, wie sie nun eben einmal sind, unter uns leben dürfen.


    Ich verstehe deine Gedanken sehr gut, und oft fühle ich gleich wie du. Mir hilft in schwierigen Situationen aber die tiefe Ueberzeugung, dass mein Sohn (und ich auch) ein Recht darauf haben, einfach hier zu sein. Unsere Kinder haben nichts falsch gemacht, sie sind wie sie sind und sie dürfen so sein. Und auch du hast nichts falsch gemacht. Dass du jeden Tag mit deinem Sohn im Alltag bestehst und auch schwierige Situationen immer wieder meisterst ist bewunderswert. Dafür gebührt dir grösster Respekt und ebensolche Anerkennung.


    Ich wünsche dir alles Gute und grüsse dich herzlich


    Thomas


    PS: ...was natürlich nicht bedeutet, dass unser Sohn nicht, wie jedes andere Kind auch, erzogen wird und sich einfach alles erlauben darf ;)

  • Hallo Thomas


    Weil es für dich völlig normal ist, ein Kind mit Autismus zu haben, hast du vielleicht vergessen, dass es viele Menschen gibt, die sich nicht in eine solche Situation hineinversetzen können, ein auffälliges Kind zu haben, bzw. allgemein kann sich nicht jeder Mensch gleich gut in -ihm unbekannte- Situationen hineinversetzen.

    Zur Erklärung ein Vergleich:
    Ich weiss noch genau, wie es war, als ich noch keine Kinder hatte. Und es ging ganz sicher vielen so wie mir. Ich konnte vieles nicht verstehen, wie „man“ mit Kindern umgeht. Wenn ich beobachtete, wie Eltern ihrem Kind fast jeden Wunsch von den Lippen ablasen *übertreib* (Willst du das blaue, oder das rote Auto, Cola oder Rivella… Oder auch: Komm doch bitte, sei so lieb, wir müssen heim. … Gejammer vom Kind (Kinder wissen ja wie sie es anstellen müssen) …na, gut, noch 5 Minuten, ….da hab ich mir stets gedacht, also das gäbe es bei mir nicht! Komm heisst jetzt kommen. Aussuchen? Das Kind kann froh sein, wenn es was kriegt….. naja, so ähnlich eben). Kennst du das auch? Jedenfalls, „plötzlich“ hat man selbst Kinder und macht es genauso und plötzlich hat man Verständnis für viele Situationen, die Eltern mit ihren Kindern erleben und kann sich durch die Erfahrung die man gemacht hat, hineinversetzen.

    Was ich eigentlich sagen will ist, dass es mehr Eltern mit „unauffälligeren“ Kindern gibt, als solche mit z.B. Autismus (das „Problem“ dabei ist, dass man das den Kindern in der Regel nicht ansieht). Es fehlt deshalb das Verständnis, weil viele sich dann nicht in die Lage hineinversetzen können, wie ich oben erwähnt habe. Menschen lernen viel durch Erfahrung. Nicht nur Kinder, auch Erwachsene ;-). Und weil sie selbst noch keine oder zumindest kaum Erfahrung mit speziellen Kindern gemacht haben, fehlt einfach das Verständnis. So sehe ich das.


    Du redest zwar davon, dass jeder als "normal" angesehen werden soll...Ich hab glaub ich schon verstanden, wie du es meinst... Es liegt nun mal in der Natur des Menschen zu Bewerten, zu Urteilen, jeder für sich selbst, auch durch Beobachtungen geprägt und doch einfach natürlich, wenn nicht instinktiv. Jeder fällt für sich selbst ein Urteil, was er als normal ansieht, oder eben nicht und verhält sich dementsprechend *anders* dem nicht normalen gegenüber. Ein Vergleich mit der Tierwelt „hinkt" zwar ein bisschen, aber trotzdem: Dort werden andersartige nicht „normale“ Artgenossen gnadenlos ausgeschlossen, also auch dort gibt es eine "Norm", die nirgends geschrieben steht.

    Man kann, finde ich, nicht abstreiten, dass die Menschheit eine gewisse Norm anerkennt, woher auch immer diese Norm genormt wird ;-). Es kann also nicht möglich sein, dass die gesamte Menschheit alle verschiedenen Arten von Menschen als normal ansehen. Wir können nicht mal was dafür.


    Ich finde, wir leben aber zum Glück bereits in einer Zeit, in der der Mensch dabei ist, zu lernen bzw. zu erfahren, wie man mit speziellen Menschen umzugehen hat. Die Akzeptanz wächst, finde ich, weil der Mensch "dazuerfährt". Aber bis jede einzelne Person dies verinnerlicht hat (in den
    Genen?????) und automatisch weitergeben wird, wird noch viel Zeit vergehen….. Das ist meine ganz eigene Erklärung und Meinung, wie und warum genau so mit speziellen –auffälligeren- Menschen umgegangen wird.


    Nun noch eine simple Frage: Was für Strategien sind das denn, die du dir erarbeitet hast, die dich und deinen Sohn glücklich machen? Verrätst du uns etwas davon? Vielleicht kannst du damit auch andere glücklich machen ;) .

    Und noch was kurzes, auch als Kommentar an Daniela: Dieses „ich bin (immer) stolz auf mein(e) Kind(er)“ hab ich wohl etwas zu wörtlich genommen (autistisch eben *gg*)
    :rolleyes: und habe mir dabei gedacht, dass man in Stresssituationen ganz bestimmt keinen Stolz verspürt, ergo, ist man nicht immer Stolz auf seine Kinder :P .


    So, das ist nun lang geworden, ich hatte grad Zeit und Ruhe (ohne Kinder im Haus versteht sich :) ...)


    Liebe Grüsse von Susanne

  • ich sehe was du meinst, aber ich bin tatsächlich immer stolz auf meine kinder, sie können rein nichts dafür dass sie autistisch sind.
    und mir ist es TOTAL egal was andere denken. die können denken mein kind spinnt, ich sei nicht in kontrolle über mein kind, was immer die denken mögen, ist mir über die jahre völlig wurst geworden. wenn ich mich darum kümmern müsste was in den köpfen anderer vorgeht, meine güte da wär ich nonstop am burnout. dass für mich situationen trotzdem stressig sind hat mehr damit zu tun dass mir mein kind in dem moment leid tut denn es fühlt sich ja unwohl und weiss nicht wie damit umgehen, reizüberflutung etc. da können mir manchmal fast die tränen kommen. aber die doofen blicke anderer....nein, die sind mir zu unwichtig. ich bin mit etwas humor immer am besten gefahren. hab aber auch schon mal jemandem direkt gesagt mein sohn sei autistisch und er könne wieder wegschauen oder sich darüber informieren denn ohne autisten wären wir in unserer welt und dem fortschritt nie soweit. autistisches denken kann wahnsinnig hilfreich sein wenn man es einsetzen darf.