Recht auf Nachteilsausgleich bei Prüfungen für Schüler mit Autismus

  • Liebe Freunde von www.autismusforumschweiz.ch

    Grundlegend für das Verständnis des Nachteilsausgleichs bei Prüfungen ist die Erkenntnis, dass es sich bei Prüfungsanpassungen für Schüler mit Autismus nicht um eine Prüfungserleichterung sondern um den Ausgleich eines unverschuldeten Nachteils in Prüfungssituationen handelt. An und für sich könnte man dies auch kurz als Gebot der Fairness umschreiben: Es ist unfair, jemanden aufgrund eines unverschuldeten Nachteils (was jede Art von Behinderung ist) bei einer Prüfungssituation nicht einen Ausgleich zu verschaffen, welche diesen Nachteil kompensiert.

    Die Stiftung Schweizer Zentrum für Heilpädagogik fasst wie folgt zusammen:
    Der Nachteilsausgleich betrifft die Korrektur einer unausgeglichenen Situation, um einer
    Diskriminierung aufgrund einer Behinderung vorzubeugen. Er kommt in der Schul- und Berufsbildung sowie den entsprechenden Qualifikationsverfahren zur Anwendung.“ (Quelle )


    Die Separation von Schülern mit Behinderung sollte heute die Ausnahme sein. Wenn Schüler mit einer Behinderung eine Regelklasse besuchen, sollte es ihnen ermöglicht werden, die Schule nach der obligatorischen Schulzeit mit einem Abschlusszeugnis (mit Noten!) zu verlassen.

    Nach vollendeter Schulzeit ist es für Schüler mit einer Behinderung, in unserem Falle mit Autismus, besonders wichtig, auf ein Abschlusszeugnis zurückgreifen zu können. Dies um eine Lehrstelle zu finden oder in eine weiterführende Schule überzutreten. Für diesen Übertritt muss die Volksschule auch dem Schüler mit Behinderung eine intakte Chance schaffen.


    Grundlegend für die Anerkennung des Rechts auf Nachteilsausgleich bei Prüfungen und dessen Einführung in der Praxis ist der Wechsel von einer defizit- zu einer ressourcenorientierten Sicht auf Behinderung. Nicht die Einschränkungen, die durch die Behinderung entstehen, sind entscheidend. Vielmehr geht es darum, die Fähigkeiten jedes einzelnen Schülers zu fördern und zu verstärken. Schüler mit Autismus haben viele Fähigkeiten. Daran, und nur daran dürfen sie gemessen werden.


    Oft kommt seitens Schule und Behörden der Einwand, die Prüfungsanpassung verursache hohe Kosten. Deshalb wird in der Primarstufe das Recht auf Nachteilsausgleich bei Prüfungen nur äusserst zurückhaltend kommuniziert. Dabei geht vergessen, dass Schüler ohne Abschlusszeugnis, die im Leben nicht Tritt fassen, den Staat und die Gemeinschaft um ein Vielfaches mehr kosten. Eine vorausdenkende Schule, die sich als Teil eines gesamten Gemeinwesens versteht, sollte alle Kraft und Kreativität dafür einsetzen, ihre Schüler im System der Regelschule zu behalten. So schafft sie für alle Schüler gleichermassen die Grundlage, um ins Berufleben überzutreten. Unter dem Strich wird dies Staat und Gemeinschaft weniger Kosten verursachen.


    Das Recht auf Nachteilsausgleich bei Prüfungen und die Anerkennung desselben sind aus Sicht des Menschen mit einer Behinderung zwingende Voraussetzungen für die Vermeidung einer Diskriminierung in Prüfungssituationen. Ausserdem sind sie wichtige Grundlagen für ein möglichst selbstbestimmtes Leben und für die Inklusion in unsere Gesellschaft.


    Grundlegende Informationen zum Thema Nachteilsausgleich bei Prüfungen finden Sie auf der Infoplattform zur Heil- und Sonderpädagogik in der Schweiz .


    Herzliche Grüsse,


    Nicole Ulrich-Neidhardt
    Präsidentin Autismus Forum Schweiz

  • Unser Sohn , hat diesen Sommer gerade noch so die Schule abschliessen können und ist diesen Sommer in seine EFZ-Ausbildung (als IV-Berufsmassnahme) gestartet. Aus der Regelschule wissen wir, dass Prüfungssituationen für ihn schwierig sein können, insbesondere auch die Anforderungen eine schriftliche Arbeit zu erstellen, was infolge Übersicht, Arbeitsplanung etc. hohe Anforderungen stellt.
    Gibt es hier Möglichkeiten, Anpassungen einzufordern? Falls er diese zulässt, er will momentan definitiv nicht "anders" sein.


    Besten Dank

  • Salü Nic,


    Dein Link hat mir sehr geholfen [Blockierte Grafik: http://www.autismuslinkforum.ch/wcf/images/smilies/smile.png] , ich finde mich noch nicht so zurecht, ich bin es nicht gewohnt, mich in einem Forum zu orientieren.


    Hast Du mir noch einen Tipp zum Thema:
    Umgang mit frischer Autismus-Diagnose aus der Sicht des Betroffenen


    wir haben bemerkt, dass unser Sohn, durch seine ablehnende Haltung nach wie vor nicht wirklich informiert ist, was ihn so unterschiedlich zu seiner Umgebung macht, denken, dass es für ihn erleichternd sein könnte, wenn er es in einen für ihn schlüssigen Zusammenhang bringen könnte.


    lieber Gruss
    Heidi

  • @ Heidi, ich habe mich persönlich im Internet informiert und mir dann auch Sachbücher gekauft. Zudem hat mir persönlich das Lesen von Autobiographischen Texten von anderen Betroffenen auch geholfen. Vielleicht kannst du ihm ein Buch schenken oder so.