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  • Wettbewerb zum Welt-Autismus-Tag 2013: Autismus ist -?-.


    Schreiben Sie uns hier Ihre Betrachtungen, Darlegungen, Erklärungen, Erläuterungen, Blickwinkel, Beurteilungen, Feststellungen, Meinungen... Wettbewerbsbedingungen


    Jeder einzelne Beitrag zählt! Wir freuen uns sehr, von Ihnen zu lesen.


    Herzliche Grüsse,


    Ihr Vorstand von Autismus Forum Schweiz


    Nicole Ulrich-Neidhardt, Thomas Girsberger, Nikola Bellofatto, Thomas Ulrich, Edith Vogt-Hörler

  • Von Dietmar Zöller



    Nach international anerkannten Diagnosekriterien (z.B. DSM IV) handelt es sich beim Autismus um eine tiefgreifende Entwicklungsstörung mit Auswirkungen in der Interaktion und Kommunikation. Leo Kanner, Kinderpsychiater und einer der ersten Forscher, die sich mit Autismus beschäftigten, berichtete 1943 über 11 Kinder, denen man heute selbstverständlich den Stempel Autismus-Spektrum-Störung aufdrücken würde. Die Kinder fielen dadurch auf, dass sie sich auf Spielangebote nicht einließen. Sie schauten ihr Gegenüber nicht an und behandelten die Menschen um sie herum wie Luft. Kanner beobachtete, dass diese Kinder viel wussten und gut auswendig lernten. Er hielt sie darum nicht für intellektuell beeinträchtigt. Dennoch war nicht zu übersehen, dass es zu einem gemeinsamen Spiel nicht kommen konnte. Von den elf Fällen, über die Kanner mit Hilfe von Aufzeichnungen der Eltern berichtete, blieben drei ohne Sprache, bei allen anderen entwickelte sich die Sprache, allerdings mit Besonderheiten: Sie vertauschten die Personalpronomen (ich – du). Manche wiederholten, was das Gegenüber sagte. (Echolalie), Der Wortschatz beschränkte sich im Wesentlichen auf Substantive. Alle setzten die Sprache wenig für die Kommunikation ein. Kanner stellte fest, dass diese Kinder bereits im frühen Säuglingsalter nicht wie normale Säuglinge reagiert hatten. Wenn sie hochgenommen wurden, streckten sie der Mutter nicht die Arme entgegen. Mütter autistischer Kinder erinnerten sich, dass das soziale Lächeln ausblieb. Komisch, dass immer noch autistische Kinder zu spät diagnostiziert werden. Erfahrene Kinderärzte müssten in Zusammenarbeit mit den Müttern früh feststellen können, ob es Hinweise gibt, dass das Kind nicht über normale angeborene Reaktionsmöglichkeiten verfügt.


    Die Frage, was man tun kann, wenn man feststellt, dass ein Kind unfähig ist auf Kontaktangebote angemessen zu reagieren, drängt sich auf. Eine Förderung muss sehr früh beginnen, weil die Entwicklung ohne Interaktionen gar nicht fortschreiten kann. Viel Einzelzuwendung ist erforderlich. Ein wichtiger Entwicklungsschritt wäre, dass das Kind auf etwas zeigt und sein Gegenüber teilhaben lässt an seiner Aufmerksamkeit (geteilte Aufmerksamkeit). Eine zu frühe Aufnahme in eine Kita oder ähnliche Einrichtung kann einer Überforderung darstellen, wenn die Wahrnehmungsverarbeitungsstörungen stark ausgeprägt sind. Dann kommt es schnell zu einer Reizüberflutung. Bei Kindern im Kindergartenalter hat sich die Musiktherapie bewährt. Das gegenseitige Horchen auf Töne, die z.B. auf einem Metallophon oder auf Trommeln produziert werden, kann Kontaktbrücken möglich machen. Eine „Interaktionstherapie“ verfolgt nicht ein bestimmtes Ziel, d.h. ist nicht am Ergebnis orientiert, sondern der gemeinsame Weg mit wechselseitigen Aktionen ist das Ziel. Auch die Ergotherapie kennt viele Ansätze, um ein Kind dazu zu bringen, sich auf Interaktionen einzulassen.


    Viele Autisten verfügen nicht über eine stimmige Körpersprache (Mimik und Gestik). Was sie mit dem Körper ausdrücken, entspricht nicht immer dem, was sie empfinden. Eine erwachsene Autistin mit sog. Asperger-Syndrom berichtete, dass sie die Körpersprache vor dem Spiegel übe. Autistische Buchautoren beschreiben anschaulich, wie ungeschickt sie sich im Kreis von Freunden und Kollegen verhalten. Sie schauen niemanden an: Auch wenn sie im fachlichen Diskurs mithalten können, reagieren sie hilflos, wenn ein Gespräch in small talk übergeht. Andeutungen, Anspielungen und witzige Bemerkungen verstehen sie oft nicht. Diese Menschen meiden den Kontakt, ziehen sich zurück, erleben aber ihre Isolation schmerzlich. So geraten hochintelligente Menschen ins Abseits, gelten als Sonderlinge. Persönliche Beziehungen gelingen selten. Körperliche Nähe auszuhalten wird für manche zum Horrorerlebnis. Ein weit verbreitetes Missverständnis ist aber die Annahme, dass autistische Menschen keine tiefen Gefühle haben. Die Gefühle nicht mit Gestik und Mimik ausdrücken zu können, heißt nicht zwangsläufig, dass die Gefühle nicht erlebt werden.

  • Autismus ist eine in unserer Gesellschaft noch viel zu wenig erkannte Tatsache. Ich appelliere zum morgigen Welt-Autismus-Tag an Politik, Wirtschaft, Schule - ja an alle - sich mit den speziellen Bedürfnissen von Menschen mit Autismus auseinanderzusetzen und ihnen mehr Teilnahme an unserem Alltag zu ermöglichen.


    Unser Sohn beendet in zwei Jahren die Schule. Es gibt in der Schweiz kein Recht auf Berufsbildung. Was dann?

  • Autismus ist…
    (in der Wahrnehmung meines „wahrnehmungsbehinderten“ Sohnes)


    Du sagst, ich sei ein „Autist“, „so einer wie Rainman“,
    behindert und insel-hochbegabt.
    Ok, wenn dir diese Schublade hilft, meine Begrenzungen
    und meine Stärken besser zu verstehen.


    Nichts gegen Schubladen.
    Sie helfen auch mir, die Welt besser zu verstehen.
    Die Schublade der Physik, nur so als Beispiel, sie sagt mir,
    dass die Strecke, die ein Körper im freien Fall auf die Erde zurücklegt, g halbe t quadrat ist.
    Ein Apfel fällt – im Vakuum – so, und ein Stein, und auch du.
    Die Frage ist, ob ich damit das Wesentliche an dir begriffen habe.
    Eher wohl nicht. Aber wenigstens etwas von dir.


    Ich wehre mich nicht dagegen,
    in die Schublade mit der Aufschrift „Autist“ gepackt zu werden,
    so wenig wie du dich wehrst, aus der Sicht der Physik mit einem Stein verglichen zu werden.
    Diese Schublade schützt mich
    vor unmöglichen Ansprüchen der „neurotypischen“ Menschen,
    so wie die Schublade der Physik dich schützt
    vor der Erwartung, ohne Hilfsmittel über der Erde zu schweben.


    So liege ich also heute auf dem Rücken in meiner Schublade
    und schaue in den Himmel, in den unbegrenzten Raum über mir…
    glücklich, so lange mir keiner einen Stein auf die Nase fallen lässt.


    Ob ich später über den Rand meiner Schublade steigen werde?
    Wer weiss. Nur: mach die Schublade nicht zu!

    Einmal editiert, zuletzt von Elisabeth () aus folgendem Grund: merkwürdiges Layout korrigiert

  • Autisten sind einzigartige Menschen mit einer Entwicklungsbesonderheit. Sie haben allerlei Begabungen und Fähigkeiten, die andere Menschen nicht haben.Sie sind stets ehrlich offen und direkt
    Sie haben aber auch Beeinträchtigungen, besonders im Umgang mit ihren Mitmenschen. Das macht ihr eigenes Leben und das Zusammenleben nicht gerade einfach. Weiss man aber über die Beeinträchtigungen Bescheid, so wird der Alltag immer harmonischer.


    Autisten sind eine Bereicherung für uns Nichtautisten da sie uns fordern und uns in unser eigenen Entwicklung fördern.So durfte ich selber sehr fest wachsen und nehme heute nichts, aber auch wirklich gar nichts mehr als selbstverständlich. Ich wurde bescheiden und dankbar und freue mich noch mehr an den Kleinigkeiten, die das Leben uns täglich schenkt! Dafür danke ich meinem Sohn von ganzem Herzen!


  • Autismus ist…..Menschen mit Behinderung als Wettbewerbsvorteil und Gewinn zu verstehen und danach zu handeln


    Dr. Nils Jent, Leiter des Kompetenzbereichs «HRM and Managing Diversity» am Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen zeigt auf, dass die Gesellschaft an einer eklatanten Defizitorientierung leidet: "Die Mehrheit, die definiert, wer entspricht und wer eben nicht, fasst Anderssein als lästiges Problem auf – und grenzt Vielfalt beinahe reflexartig aus." Daher sollte jegliche Art von Behinderung als Chance zur Bewältigung von Komplexität gesehen und verstanden werden.


    Nicht nur die Wirtschaft sondern auch Bildungsinstitutionen berücksichtigt m.E. heute kaum, sicher aber viel zu wenig, welcher Wettbewerbsvorteil durch Mitarbeitende mit Behinderung generiert werden kann. Die spezifischen komparativen Kompetenzen, sowie aufgrund ihres Erfahrungshintergrunds fernab des Üblichen und des Gewöhnlichen zeichnet Menschen mit Autismus besonders aus und darf daher nicht als Defizit sondern als Gewinn gesehen werden.



    Ich wünsche mir am Welt-Autismus-Tag 2013, dass Unternehmen diese Chance erkennen und nutzen.

  • Autimus ist ...


    ein Begriff, der heute gebraucht wird um Menschen mit Kommunikations- und Wahrnehmungsstörungen zu beschreiben.


    Kommunikationsprobleme und Wahrnehmungsprobleme hat jeder, Autisten haben diese vervielfacht, auch weil sie z.T. anders denken.


    Möglicherweise denken Autisten mehr über Kommunikation nach als andere.


    Alle Menschen, die eine sogenannte psychische Beeinträchtigung haben, nicht nur Autisten, haben es in der heutigen Zeit schwer.

  • Autismus ist...


    ... für uns als Familie mit einem autistischen Kind eine ständige Berg- und Talfahrt.


    Wunderbare Höhenflüge erleben wir, wenn unser Sohn sich getraut, Neues auszuprobieren – sei es Selleriesalat essen, einen Schulkameraden anrufen oder spontan einen neuen Spazierweg gehen.


    Tiefpunkte erreichen wir, wenn andere mit Unverständnis oder Ungeduld auf uns und unseren Sohn reagieren. Wenn wir sehen, wie anstrengend das Leben für ihn ist, wie viele innere und äussere Hürden er überwinden muss. Wenn er sich dann überfordert fühlt und traurig ist.


    Wir sind stets am Kämpfen für die Rechte unseres Sohnes – in der Schule und in der Gesellschaft. Der Gedanke an seine Zukunft erfüllt uns mit grosser Sorge.


    Zum Welt-Autismus-Tag wünschen wir uns, dass autistische Menschen sich ihren Platz im Leben nicht mehr erkämpfen müssen, sondern ihnen dieser zugestanden wird.

  • Autismus hat grossen Einfluss auf mein Leben.
    Er ist Bereicherung und Belastung gleichermassen.
    Wie vieles anderes auch.


    Unendliche Bereicherung, weil er die Persönlichkeit meines Sohnes prägt.
    Unser Leben lebendig, spannend, fröhlich und erfüllt macht.
    Und weil Autismus nicht das einzige ist, was meinen Sohn ausmacht.


    Oft sehr belastend, weil viele nicht begreifen wollen, dass die Menschen schon immer verschieden waren und immer verschieden sein werden.
    Und dass einige Menschen einfach noch etwas mehr verschieden sind.
    Und sein dürfen.


    Autismus bedeutet für mich als vielfach privilegierten Menschen immer wieder, die Bodenhaftung nicht zu verlieren.
    Mir meine eigenen Unzulänglichkeiten vor Augen zu führen - und mich in Verständnis, Demut und Geduld zu üben.
    Dadurch hilft mir mein Sohn, persönlich zu wachsen.


    Autismus ist mein Mahnmal, geschenkte Talente nicht nur für mich selber, sondern auch für andere einzusetzen.
    Mich immer wieder darauf zu besinnen, dass es Menschen gibt, die meine Hilfe, aber auch mein Verständnis brauchen.
    Autismus ist nicht selbst gewählt - kein Autismus auch nicht.


    Autismus ist ein wichtiger und geliebter Teil meiner Familie.
    Er ist aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken.
    Und das ist gut so.

  • Ein Fluch, ein Todesurteil,
    so schilderten Eltern ihr Empfinden beim Hören der Diagnose Autismus.
    Ich fühlte nur Erleichterung darüber,
    dass es einen Namen gibt
    für das Anderssein meines Sohnes.
    Er war schön.
    Er hatte gesunde Glieder.
    Was konnte da schlimm sein?


    Mein Sohn!
    In neun freudenvollen Monaten ersehnt,
    bei stürmischem Regenwetter bist du gekommen,
    Tränen der Freude haben dich auf der Welt begrüßt.
    „Ein Schutzengelkind“
    flüsterte die geistliche Schwester in stiller Andacht.
    Jetzt muss ich andere Mütter nicht mehr beneiden, die einen Sohn haben.


    Mein Sohn,
    du Teil meines Ichs,
    Ich glaube, dich zu kennen,
    ich glaube zu spüren, zu wissen, was du fühlst.
    Und doch lebst du in fernem Chaos.
    Nur einzelne Lichtscheine des Seins dringen zu dir,
    sind sie schön, bist du sehr glücklich,
    sind sie aber bedrohlich oder erschreckend,
    dann versinkst du in Schmerz und Unseligkeit,
    schlägst wild um dich in deinen Qualen
    und niemand kann dich erreichen.


    Dann bist du ein Fremder.


    Dann muss ich dich trösten
    und warten,
    bis dein liebes Ich
    wieder zurückkommt.
    .....


    Mein Sohn!
    Du bist ein Fremder in deinem Schmerz.
    Ich fühle mich, als hingst du am Kreuz.
    Und doch
    scheinst du den anderen
    einfach nur böse.
    .....


    Mein Sohn,
    die Seele eines hilflosen Kindes
    wohnt in deinem stattlichen Manneskörper.
    Die Menschen meinen,
    du seiest normal,
    doch wenn sie Normalität
    von dir verlangen,
    dann fühlst du dich
    an dunkle Grenzen getrieben,
    dann
    brichst du
    nieder.

  • - Übersetzer-Arbeit zwischen zwei Welten.
    - Brücken bauen zwischen Menschen
    - Verständnis fördern, weil Unwissenheit zu Missverständnissen führen kann


    Als "Dolmetscher" darf man beide Sprachen kennen, ähnlich wie beim Übersetzen in verschiedene Landessprachen. Dabei begegne ich den verschiedenen Gesprächsteilnehmern grundsätzlich auf Augenhöhe, genau so wie ich einem Franzosen, Engländer oder Italiener mit Respekt und Anstand begegne. Keine Sprache ist besser oder schlechter. Sie sind nur verschieden.


    Autistisch wahrnehmende Menschen teilen sich durch eine sehr interessante Sprache mit. Je mehr "Vokabeln" ich verstehe, desto besser wird unsere Verständigung. Wenn es mir gelingt, die verstandene Botschaft jemandem Dritten zu übersetzen, der aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten gerade den Kopf schüttelt und die Unterhaltung/Beziehung abbrechen will, gibt es Hoffnung auf ein gelingendes Miteinander.


    Gelingende Kommunikation kann selbstverständlich auch non-verbal aussehen. Hauptsache man versteht sich.

  • ...durch meinen Sohn nicht mehr nur ein Wort.


    Ein Wort, dass in letzter Zeit auch durch die Presse geistert ...............!


    Ich bin glücklich zu sehen, dass wir nicht allein kämpfen........ich bin unendlich traurig, dass wir überhaupt kämpfen müssen! Jeden Tag so viel Lachen weil die Welt so lustig ist, wenn man sie durch solche Augen sieht und mein Herz so erfüllt, dass es schier platzt vor Glück - und jeden Tag soviel Weinen, weil es uns unsere Gesellschaft so schwer macht!


    Morgen wird auf der ganzen Welt etwas Blaues zu sehen sein - das finde ich unheimlich toll! Ich wünschte mir, das wir alle jeden Tag eine Brille trügen, die die Menschen in all ihren Farben spiegelt und niemand mehr fragen oder urteilen müsste, weil wir alle Farben lieben und auch brauchen!

  • Autismus ist...


    Anders sein.


    Anders sind aber doch Alle...?!


    Besonders.. Einzigartig...


    ..auch!


    Autismus ist ein Regenbogen, bunt und facettenreich, jeden Moment anders..


    Warum klingt es wie eine Krankheit, wenn du davon erzählst?


    Warum erzählst du über mich, als bin ich ein durchgedrehtes Ding und nicht anwesend, ansprechbar?


    Ich höre sehr gut, zu gut, sehr viel, zu viel... du musst nicht Schreien, alles x-mal wiederholen oder mit mir reden,
    als ob ich deine Sprache nicht verstehe, auch wenn mir die Worte fehlen..


    Auch wenn ich dich nicht anschaue, SIEH mich!


    Auch wenn ich nicht mit dir spreche, VERSTEHE mich!!


    Schimpf nicht mit mir; es ist nicht so das ich nicht will, sondern nicht kann!
    Nicht in diesem Moment, nicht so schnell, gar nicht...


    Achte genau darauf, ob ich gerade dazu bereit bin, auf Empfang dich zu hören.


    Sprich langsam und deutlich und lass mir Zeit...


    Und lass deine Ironie, Sprichwörter und witzigen Redewendungen.
    Ich nehme das Ernst, wörtlich, als Wahrheit- Wie soll ich dann verstehen, was wirklich wahr und richtig ist?!


    Ich liebe dieses Licht, wenn ich durch meine tanzenden Finger schaue..


    Ich will dir ja zuhören aber es ist so viel und dann, - da, MUSS ich hinsehen!-


    Es ist magisch: Da glitzert doch was, flattert, ein schönes Schattenspiel, Farbe, Struktur..
    Kennst du das, wenn du etwas am Zahn hast und deine Zunge Muss immer wieder dahin...?


    Nimm mich ernst und frag mich, ob wir die Ablenkung ausblenden können.


    Wenn ich das Gefühl habe zu fallen, halt mich bitte ganz fest, dass ich den Boden wieder spühre
    auch wenn ich dich sofort wieder wegstosse..


    Ich spühre mich nicht und muss mich kneifen, pieken, beissen- nein, ich will mich nicht verletzen,
    nur mein Dasein fühlen.


    Manchmal will ich, dass du mich meinen Körper spühren lässt, fest drückst, massierst, kneift..


    Ich bewege mich nicht aber ich lasse mich gerne bewegen, drehen, rollen, hüpfen..


    Lass mir meine heiligen Dinge, auch wenn du sie albern oder in deiner Welt unpassend findest,
    ich muss sie haben, besitzen, kontrollieren, fühlen, schmecken...


    Mir wird alles in mir und um mich herum zuviel und ich muss schreien, mein einziges Ventil..


    Lass meinen Kopf in Ruhe! Es bedroht mich, macht mir Angst, da habe ich keine Kontrolle.
    Nein, mir ist nicht kalt und ich will keine Mütze und nichts in und auf meinen Haaren!


    Ich liebe es, wenn das Gefühl von Hitze oder Kälte in meine Finger ströhmt und ich sie fühle, wie sonst nicht.-


    Achte darauf, dass ich mich nicht verbrenne, aber Schrei mich nicht dafür an, denn ich mache es nicht, um dich zu ärgern..


    Ich liebe die Ordnung eines Zaunes, wenn ich an ihm langgehe, ihn fühle-


    Die Gleichmässigkeit bringt in mir Ruhe..


    Ich liebe die Vibration überall an und in meinem Körper, Singen, Töne, Musik, Zupfen, Trommeln...
    Diese Klänge und ich möchte sie wieder und wieder hören, fühlen, aufsaugen..


    Gib mir die Möglichkeit, alles auszuprobieren und nicht nur einmal- Hab Geduld und Fantasie, zieh keine voreiligen Schlüsse..


    Verbieg mich nicht, quäl mich nicht damit, zu versuchen mich anzupassen an deine Welt-


    Lass dich verzaubern und folge mir ein wenig in meine Welt...



    ..ich darf dich ein Stück begleiten, DANKE!

  • Autismus ist eine Erfindung.


    Ich bin ein Mensch.
    Ein Mensch, der in das Bild des Erfinders passen muss.


    Ich dürfte nicht schreiben können.
    Ich dürfte nicht lesen können.
    Ich dürfte nicht verstehen können.
    Ich dürfte nicht eigenständig leben können.
    Ich dürfte nicht selbst bestimmen können.
    Ich dürfte nicht mit anderen Menschen kommunizieren können.


    Doch ich kann all das und noch mehr.
    Das passt nicht in das Bild.


    Ständig muss ich mich für die Erfindung der Psychiater rechtfertigen.
    Ich kann schreiben und bin doch autistisch.
    Ich kann lesen und bin dennoch autistisch.
    Ich kann sprachliche Inhalte verstehen, obwohl ich autistisch bin.
    Ich kann eigenständig leben - auch als Autist.
    Ich kann selbst bestimmen - gerade weil ich Autist bin (und nicht zu vergessen: ein Mensch).
    Ich kann mit anderen Menschen kommunizieren, wenn ich es will - und noch dazu als Autist.


    Mir wird Toleranz, Akzeptanz, Geduld, Nachsicht, Menschlichkeit, Güte gegenüber meinen Mitmenschen abverlangt.
    Sind sie bereit, mir all dies zu gewähren? Bedingungslos?


    Meine Eltern, Erzieher, Ärzte, Lehrer, Mitschüler, Ausbilder, Kollegen, Therapeuten, Sachbearbeiter konnten es nicht.
    Ich habe keine Geduld mit mir, bin nicht nachsichtig mit mir selbst, meine Situation muss ich tolerieren, mein Dasein ist akzeptiert.
    Die Güte hat sich im Laufe der Zeit aufgebraucht.


    Als Mensch musste ich "Krankheitseinsicht" lernen.
    Mit der Zeit sah ich ein, dass und wie mich Mitmenschen als Autisten sehen.
    Inzwischen bekenne ich mich dazu, autistisch zu sein.
    Überall soll ich mich outen. Das würde mir helfen.


    Aber das passt nicht ins Bild.
    Das ist zu selbstbewusst.
    Ein Bewusstsein über mich selbst, das mir nicht zugestanden wird.
    Mich selbst auf Autismus reduzieren. Zuallererst bin ich doch ein Mensch.
    Ja, aber verstehen das auch andere Menschen zuerst, wenn sie mir begegnen? (Nicht nur schriftlich?)


    Es ewige Outen kommt mir vor, wie eine Entschuldigung.
    Nicht nur mir, auch Eltern.
    Mit großen Entschuldigungen werden Autisten und ihre Fähigkeiten angeboten - an Schulen und auf dem Arbeitsmarkt.
    Eltern schreiben sogar Gebrauchsanweisungen über ihre autistischen Kinder.


    Autismus ist auch, sich immerzu rechtfertigen zu müssen - und es nie irgendwem Recht machen zu können.


    (Von all dem abgesehen bin ich als Mensch recht glücklich und als Autist sogar sehr - sofern man mich lässt.)

  • ...ein noch immer nicht abgeschlossener Auseinandersetzungsprozess mit mir selbst, meinen Erlebnissen; resultierend aus meiner autistischen Wahrnehmung.


    Ich bin Mutter von vier Kindern, die ebenso wie ich Asperger-Autismus und/oder AD(H)S Diagnosen haben. Die Diagnosen haben nicht meine autistische Wahrnehmung und Betrachtungsweisen auf die Welt und auf mein Umfeld geändert. Denn diese waren nie anders als heute. Vielleicht aber änderte sich mit der Diagnose erstmals der Blick auf mich selbst.
    Keine Erinnerung an Erlebnisse in der Vergangenheit, keine Wahrnehmung der gegenwärtigen Situationen und keine Planung der Zukunft wird nunmehr ohne diesen Begriff Autismus und was es für mich und für meine Familie bedeutet autistisch zu sein, möglich sein.


    Autismus ist somit bezügl. meiner Vergangenheit eine Rehabilitationsmöglichkeit, er ist die Erklärung wieso und weshalb die Dinge so und trotz aller Bemühungen eben nicht anders gelaufen sind.
    Autismus scheint der Motor zu sein, der mich antreibt die Dinge immer wieder neu zu überdenken. Er scheint meine Wahrnehmungen zu lenken, auf Dinge, die andere nicht sehen, die andere nicht hören oder empfinden.
    Damit kann er mir Himmel sein an vielen Tagen; und Hölle zugleich. Denn nach den schillernsten Eindrücken folgt unweigerlich der Overload.
    Autismus bedeutet ständige Anpassungsbemühungen und Erschöpfung sämtlicher Ressourcen. Es bedeutet viele Irritationen und Missverständnisse in zwischenmenschlichen Bereichen. Er ermöglicht mir aufgrund meiner eigenen Wahrnehmung allerdings ein besonders tiefes Verständnis für die Wahrnehmung meiner Kinder.
    Autismus heißt drei Tage Höchstform, gefolgt von vier Tagen absoluten Rückzugs. Das hindert uns alle konstant alltagstauglich, sozialtauglich, für Schule und für das Berufsleben kompatibel zu sein.
    Das macht die Sache nicht einfacher, die wir bezügl Zukunft alle noch vor uns haben. Aber möglicherweise kann ich nur durch meine eigene Sichtweise den Kindern Vermittler sein. Nichtautistische Alltagssituationen aus autistischer Sicht versuchen immer wieder zu erklären, zu entwirren; soweit mir es selber möglich ist.

  • Autismus ist....


    ... für mich
    einen täglichen Kampf für und mit meinem Sohn. Lehrreich. Ich habe noch nie so viel gewusst über das Schulsystem, Beschulung eines Kindes, Autismus, Forschung, Astrologie, Maschinen, einfach über alles.


    eine Einladung für neue Ansichten im Leben und im Alltag. Fördert Flexibilität. Macht Selbstsicher.



    ... für mein Umfeld
    ein Zustand, der Angst macht. Der die Klassenkollegen an Leib und Leben gefährdet. Ein Zustand, der macht, dass die Klassenkollegen nicht ins Gymnasium können. Ein Mensch mit verminderter Intelligenz.


  • Seit Jahrzenten unterwegs zu sein in einem Raumschiff, manchmal der Erde nah, viele Male ganz fern. Was unterschied uns von der Gattung Mensch? Im Grunde genommen nichts, ausser unseren Werten, unserer Direktheit, unseres Denkens.
    Wir durften als Familie wachsen, uns wurden zwei Söhne geschenkt.
    Plötzlich war es nicht mehr in Ordnung zu sein, wie wir. Unsere Söhne sollten sich anpassen, nicht am Rande stehen, dazugehören. Das Anderssein erhielt nach Jahren der Abklärungen und Diagnosen den Namen AUTISMUS.


    Autismus hiess für unseren Jüngsten AUSGRENZUNG. Er hat für sich damals die Lautsprache noch nicht entdeckt, somit blieb ihm vorerst die Beschulung im Regelschulbereich verschlossen. Er war 5 Jahre, als man uns klar machen wollte, dass er nie sprechen, schreiben oder rechnen wird. Solche Aussagen kommen zu Stande, wenn man nicht genauer hinsieht und somit das Potential dieser Autisten verkennt und ihnen eine geistige Behinderung unterstellt.
    Nach Jahren intensiver Förderung zu Hause entdeckten wir einen Weg seine Aufmerksamkeit zu wecken und mit ihm Kommunikationswege zu finden.


    Autismus heute heisst für uns INTEGRATION. Unsere Söhne sind integriert im Regelschulbereich, der Ältere lernt Informatiker.


    Ende gut, alles gut?
    Sicher noch nicht! Gegenüber früher, gibt es aber mehr Möglichkeiten. Die Kinder werden in der Schule und auch in der Berufslehre, wenn sie es brauchen unterstützt. Es gibt Hilfen, wir Eltern müssen lernen, diese Hilfen für unsere Kinder einzufordern. Das braucht Selbstbewusstsein und Beharrlichkeit.


    Als Eltern haben wir eine wunderbare Aufgabe übernommen. Wir können und dürfen unsere Kinder begleiten, sie schützen und sie allmählich in die Selbständigkeit entlassen. Damit sie in Zukunft ihren Platz in der Gesellschaft finden können.


    Unsere Kinder erzwingen ihre Freiheiten in der Jugend nur zögerlich oder gar nicht. Das Rebellieren fehlt (jedenfalls bei uns!). Ich sehe hier unsere Aufgabe, sie beim Beziehungsaufbau zu anderen Jugendlichen zu unterstützen, sie die Flügel ausbreiten zu lassen. Wir können das Umfeld optimal gestalten, indem wir ihnen anbieten, dass sie jederzeit junge Leute zu sich einladen können, dass wir abrufbereit sind und sie und ihre Freunde jederzeit irgendwo hin bringen oder abholen werden.


    Ich wünsche mir für die Zukunft, dass Autismus nicht nur als Defizit-Diagnose wahrgenommen wird. Autismus zeigt viele Talente und viele Begabungen, die auch eine Bereicherung für die ganze Gesellschaft sein können. Wir müssen lernen, diese Potentiale zu entdecken zu fördern und der Wirtschaft zukommen zu lassen. Im Grunde genommen können wir es uns gar nicht leisten dieses Potential zu verschenken.

  • AUTISMUS IST...


    ...tönt so wie Liebe ist....und das als Wettbewerb...das heisst....man ist interessiert daran, wie Autismus erlebt wird....multidimensional...also nicht nur eine Antwort, sondern viele...und jede/jeder sucht nach der Essenz dessen, was und wie er/sie/es Autismus erlebt und/oder definiert...


    ...Was ich bis jetzt gelesen habe, ist ein Teil dieses Multidimensionalen...-jetzt noch "meinen Senf dazugeben"...mein Erleben...meine Definition dazu:


    Ich mag keinen Autisten, wie auch keinen anders anderen Menschen definieren, festhalten oder schubladisieren...Jede/r von uns ist einzigartig...


    Manchmal denke ich, dass jede/r von uns ein Stück Autismus in sich hat und diesbezüglich auch nachvollziehen kann, wie es einem als Autisten/Autistin benannten Menschen zu gehen vermag..


    Eine Einzigartigkeit, die niemand ausser mir Selbst zu verstehen scheint...eine Lebensart, welche lediglich in ihrer Anpassungsfähigkeit zur Umwelt sich in verschiedenen Schweregraden definieren lässt...


    Wo fängt mein Autismus an und wo hört deiner auf?
    Wer hat die Norm des Nicht-Autisten festgelegt?


    Wo ist eine/r autistisch und wo einfach eigensinnig?
    Wer bestimmt in einer freien Welt (und wir wollen uns hier doch zu einer sogenannten Freiheit bekennen, warum sonst hätte ein Wilhelm Tell einem Gessler auf eine solche Art trotzen können?) was ich zu lernen und zu denken habe und was Realität ist?


    Ist es autistisch, der Mittelpunkt seiner Welt zu sein?
    Wenn wir es wörtlich nehmen und Autismus als Selbstbezogenheit anschauen, dann ist es doch für einen Autisten, eine Autistin reiner Selbstschutz, alles nur vom eigenen Weltbild und Blickwinkel aus zu erleben...


    Wie glücklich ein autistischer Mensch dabei sein kann, das ist, denke ich, die grosse Kunst von uns Eltern, Pädagogen, Therapeuten, Begleiter/Innen, Mitmenschen...


    Ich erlebe Autisten (egal in welchem "Schweregrad") als einsame, sehr ehrliche und äusserst empfindsame und auch sehr empfindliche Menschen, die sich in sich zurückziehen, wenn sie sich angegriffen fühlen (und das fühlen sie sich schnell)....oder sich wie ein Igel in schützende Stacheln einrollen und niemanden an sich ranlassen...oder sich mithilfe von (nach aussen hin scheinbar stereotypen) Verhaltensweisen eine sichere und schützende Atmosphäre aufbauen...oder schlicht und einfach unseren heutigen total überfordenden Leistungsstress einfach nicht mitmachen.


    Autismus, respektive die Reaktionen der als Autisten bezeichneten Menschen ist ja vielleicht eine Stresskrankheit unserer heutigen Welt...


    Wir sollten wie Maschinen funktionieren und unsere Eigenleben möglichst anpassungsfähig und zurückhaltend ins gemeinsame WIR eingliedern...
    Autisten lehren uns, aus dem Herzen zu leben und zu handeln...weil...alles andere scheinen sie nicht annehmen zu wollen...
    Ich kann nicht lehren: Wir sind einzigartig und dabei nur meine eigene Einzigartigkeit als die echte und wahre anerkennen...
    Seien wir doch ehrlich! Dieses WIR zu leben ist doch eine ganz schwierige Sache...Autisten helfen uns dabei, indem sie uns zu erkennen geben, dass deine Meinung und meine Meinung nicht automatisch unsere Meinung ergibt, sondern ein lebenslanges zu Verstehen versuchen bedingt...in einem werte- und vorurteilsfreien Raum...
    Da ein Autist uns jedoch meist in seiner Kindheit begegnet, bedingt dies eine "einseitige Umfassung" (Martin Buber)...das heisst:
    Ich kann vom Kind nicht verlangen, dass es mich und meine Welt versteht, ich mich jedoch bemühen sollte, das Kind und seine Welt zu verstehen und zu umfassen...


    Wenn ich einem Autisten achtungsvoll und wertschätzend begegne, ihm ebenso ehrlich und auch schutzgebend einen Halt in dieser unserer gemeinsamen Welt zu geben vermag, so kann seine Vertrauen wachsen und kann er/sie sich mir gegenüber öffnen. Dann kann ich all das Wunderbare und auch Schützenswerte in ihm erkennen und auch lieben. :thumbsup:


    also...eine Definition...


    EIN AUTISTISCHER MENSCH ZEIGT EIN NACH AUSSEN HIN VERLETZTES SELBSTGEFÜHL, WELCHES IM INNEN AUS EINER GENAUSO VOLLKOMMENEN SEELE STRAHLT, WELCHE GEFUNDEN UND GELIEBT WERDEN MÖCHTE...


    Oh, es gäbe genau so viele Definitionen von AUTISMUS IST.... wie jene von LIEBE IST...


    also:


    AUTISMUS IST... EINE IN SICH SELBST VERSTECKTE SEELE, WELCHE MANCHMAL KEINE WORTE FINDET, UM SICH AUSZUDRÜCKEN... :S :rolleyes: