Asperger-Erwachsene gibt es für IV-Gutachter nicht

  • Ein IV-Gutachter des ABI Basel, Psychiater, kann in einer polydisziplinären Begutachtung in der Zusammenfassung der Diagnosen einen von zwei auf Autismus spezialisierten Äzten diagnositzierter Asperger-Autismus weglassen und in seiner Begründung schreiben, heutzutage würde viel zu oft und zu schnell die Asperger-Diagnose vergeben. Zudem komme sie, wenn überhaupt, höchstens noch bei jungen Erwachsenen in Betracht. ??? Und was wird aus den jungen Erwachsenen? Und wie verhält es sich mit dem Begriff einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung, wo ASS zugeordnet ist? Ist da nicht gerade ja das Kennmerkmal, dass die Einschränkungen lebenslang sich äussern können? Auch ist der Satz zu hinterfragen, dass Aspergerbetroffene vielmehr ihre Stärken im mathematischen Bereich hätten. ??? Ja, manche, aber längst nicht alle!


    Wie kann ein Gutachter, der viel Geld für seine machtvolle Arbeit erhält, vor sich selber bestehen, wenn er sich nicht auf dem Laufenden hält in seinem Fachgebiet? Wie kann ein Gutachter die Vorarbeit von zwei spezialisierten Ärzten einfach übergehen, ihre Arbeit missachten und für nichtig erklären? Wie kann ein solcher Gutachter ein solches Verhalten für sich moralisch und ethisch verantworten?


    Auch Äusserungen zu anderen Krankheitsbildern von ihm lassen vermuten, dass er sein momentanes Fachwissen eher der Boulvardpresse entnimmt denn aus fundierter Fachliteratur.


    Ist das Taktik oder einfach Beschränkheit und Blindheit eines Systems?


    Ein existentielles, unwürdiges und verachtendes Spiel mit Macht und Hierarchie?


    Wo bleibt da eine Aufsicht über solche Gutachterinstiutionen und die Wahrung der Umsetzung der ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention?

  • Dieser IV-Gutachter kennt leider auch kein ASS bei jungen Erwachsenen. Vielmehr negiert er sämtliche vorherigen AS-Diagnosen - im Übrigen setzt er auch die Beurteilung der mitbegutachtenden Neuropsychologin herunter - und ignoriert sogar die Tatsache, dass eben dieser junge Mann seit 2009 von erfahrenen Autismusfachleuten gecoacht worden ist und niemals auch nur einen Tag lang Zweifel am Autismus geäussert wurde, ganz im Gegenteil, in jedem Bericht wird ausführlich über seinen Autismus berichtet.
    Tja, das war es dann mit Unterstützung, Integration - Dossier geschlossen!


    Man hätte Widerspruch einlegen können und ein Obergutachten beantragen können. Mein Sohn wollte dies alles nicht mehr, diese ganze IV-Sache ging ja ohnehin schon ein Jahr lang, und hat letztlich aufgegeben. Er versucht es alleine zu schaffen, arbeitslos ist er noch immer, seit so vielen Monaten, er ist 21-jährig und hat keinerlei Perspektiven....


    Hast du Widerspruch eingelegt?

  • Nein. Auch wenn sonst noch einiges nicht ganz stimmt. Das ganze dauert nun schon drei Jahre und das "Schlussurteil" steht noch aus. Nun haben sie sogar noch gemerkt, dass ich Mutter bin - nach drei Jahren und meine Kinder sind bereits Teenager...! Das bedeutet nochmals eine weitere Abklärung in einigen Monaten und dann nochmals einige Monate, bis alles zusammengefasst wird...
    Doch wie es aussieht, wird es wahrscheinlich trotz zusätlichen Einschränkungen und Behinderung, kaum zu einer Teilrente kommen.
    Manchmal wünsche ich mir, dass diese Gutachter doch einfach einmal eine Woche oder wenigstens einen Tag lang mein Leben aushalten müssten. Der Gedanke ist nicht ganz uneigennützig ;-), wahrscheinlich würden sie es kaum überleben...


    Doch, was hat dein Sohn jetzt noch für Perspektiven?
    Ich bin empört, erschrocken und fühle mich ohnmächtig!

  • Die IV-Stelle Kanton Bern wollte mich ebenfalls fuer ein Zweitgutachten beim ABI Basel anmelden. Allerdings habe ich mich schlau gemacht. Es gibt genuegend Presseartikel ueber die schludrige Arbeit des ABI und Verfaelschung von Gutachten im Interesse der IV (der Hauptauftraggeberin des ABI). Ich habe auch die Qualifikationen der ABI-Psychiater recherchiert und festgestellt, dass keiner davon irgendeine Zusatzausbildung oder Erfahrung im Umgang mit erwachsenen Autisten (oder auch nur autistischen Kindern) hat. Da es bei mir um ein bidisziplinaeres Gutachten geht, das gemaess Bundesgericht im Einvernehmen mit dem IV-Antragsteller vergeben werden soll, habe ich Einsprache gegen die Vergabe an das ABI eingelegt. Die IV hat sich geweigert ein Einigungsverfahren einzuleiten, weshalb ich die Sache an das Kantonale Verwaltungsgericht weitergezogen habe. Bevor das Gerichtsurteil erlassen wurde, hat die IV eingelenkt.


    Ich wurde ebenfalls von einer Spezialistin fuer Autismus im Erwachsenenalter, nach Untersuchungen an der Sprechstunde fuer Autismus im Erwachsenenalter der Universitaeren Psychiatrischen Dienste Bern, diagnostiziert. Mir ist schleierhaft, warum die IV auf einem Zweitgutachten durch einen Psychiater bestehen wuerde, der signifikant schlechter qualifiziert ist. Ein Zweitgutachten macht sicherlich nur Sinn, wenn der Zweitgutachter ebenso gut oder besser qualifiziert ist. Offenbar geht es der IV nur darum, Gefaelligkeitsgutachten zu erhalten, und Antraege abschmettern zu koennen.


    Bei mir laeuft das Verfahren jetzt auch schon seit September 2013, und ein Ende ist nicht in Sicht.

  • Habt ihr es mal mit Pro Infirmis versucht? Bei mir war es auch so, dass ich trotz des Gutachtens von der UPD Waldau, damals von einer ausgewiesenen Fachärztin erstellt, als Erwachsener von der IV meines Wohnkantons nicht anerkannt werden sollte. Zwecks Einholung eines weiteren Gutachtens hätte ich bei einem Kinderpsychiater (!) in Lausanne antreten sollen. Dies konnte durch den Rechtsdienst der Pro Infirmis und dem massiven Widerstand meines mich durch den Prozess begleitenden Psychiaters verhindert werden. Hierbei war auch von Gefälligkeitsgutachten die Rede. Die IV hat, so wie ich vermute, Bedenken, dass sie in Zukunft durch die zunehmende Zahl von Antragstellern überschwemmt werden könnte. Dabei darf man nicht vergessen, dass wir das Recht auf Unterstützung haben! So wie ich es oft mit fassungslosem Staunen erlebt habe, ist die Tatsache, dass es auch erwachsene und über lange Zeit nicht erkannte Autisten gibt, noch nicht bis zu den verantwortlichen Stellen durchgedrungen, oder man will es einfach nicht wahrhaben. Es bedurfte intensiver Aufklärungsarbeit und auch gewissen Druck von verschiedenen Seiten, bis die IV schliesslich ihre Einstellung meinem Fall gegenüber veränderte. Die ganze Prozedur dauerte allerdings, inklusive misslungener Eingliederungsmassnahme bei einem Kompetenzzentrum für Menschen mit Autismus, gute drei Jahre. Unterstützung habe ich auch durch die Nathalie-Stiftung in Gümligen erhalten. Diese Stiftung kann ich empfehlen.

  • Na ja es wird ja nicht nur bei den Erwachsenen gern von der IV abgelehnt ,sondern auch bei den Jugendlichen. Traurig macht es mich wirklich das ASS weltweit anerkannt ist von der WHO , nur bis in die Schweiz ist es noch nicht durchgedrungen. Wir warten jetzt auch auf den Ablehnungsbescheid von der IV für unseren Sohn. Dabei wäre für ihn eine Anerkennung in Bezug auf Lehrstellensuche etc., gerade jetzt sehr wichtig. Aber wir kämpfen weiter.

  • Hallo zusammen. Bei solchen Fragen kann man die Fachstelle Procap für Beratung und rechtliche Betreuung anfragen. Procap ist für IV Fragen zuständig und auf dem Gebiet spezialisiert.


    Gutachten können bei allen in der Schweiz anerkannt Fachstellen eingeholt werden. Es muss nicht ABI sein. Das Pronlem liegt bei der IV darin dass für die Ausrichtungen
    von Leistungen nicht nicht die Diagnose sondern der Behinderungsgrad rilevant ist.

  • Man kann da auch eine einfache Antwort geben, gerade hier in der Schweiz, nicht etwa in Schweden oder den Niederlanden, ist der Autismus und das AS in seiner Tiefe immer noch zu unbekannt. Weiter haben autistische Menschen hier zu Lande, im Verhältnis zur hohen Prävalenz (= Häufigkeit) eine lächerliche schwache und magere Lobby.
    Sämtliche Autismus-Fachstellen sind hier personell wie auch finanziell völlig ungenügend ausgestattet. Weiter fehlt uns auch eine gewisse politische Vertretung.