Erfahrung mit Emotionsregulationstherapie stationär/ teilstationär??

  • Hallo Community!
    Wir haben mit unserem 14j. Sohn (ADHS, ASperger) den Schulparcours im benachbarten Ausland weiter geführt, weil 4 Tage nach Schulbeginn vom hiesigen Privatgymi der Vertrag aufgelöst wurde wegen eines aggressiven Durchbruchs ( verbale Drohungen mit massivem Inhalt). Im inklusiven Internat wurden objektiv schwierige Situationen vorbildlich (beschreibend, nicht bewertend) gehandhabt und immer eine Nachbesprechung mit allen Beteiligten geführt.
    Letztes Woe hat er sich wohl zunehmend in eine Enttäuschung hineingesteigert, als bei einer Freizeitaktivität zwei seiner neuen Freunde für sich sein wollten. Er bedrängte dann einen der Jungs in seinem Zimmer und wollte der Mentorin nicht mehr Folge leisten, als sie versuchte, die Jungs zu trennen.Er ging dann mit dem Badmintonschläger erst auf seine Zimmertüre los und stiess allgemein gerichtete, destruktive Drohungen aus, wurde von einem erwachsenen Mitschüler entwaffnet. Bevor die Ambulanz gerufen werden sollte, wurde ich telefonisch avisiert, um mit ihm zu sprechen. Er war da schon auf dem absteigenden Ast der Erregung. Am nächsten Tag haben die Jungs wieder zusammen gespielt.
    Die Konsequenz der Schule ist jetzt, dass unser Sohn eine stationäre Therapie machen soll, weil die ambulante Therapie, die Anfang nächstes Jahr beginnen soll, sobald ein Therapieplatz frei wird, als zu wenig effizient erachtet wird und obschon die Intensität solcher Ausfälle ein Risiko beinhaltet, dass tatsächlich jemand zu Schaden kommen könnte, stellt sich mir die Frage, wie so eine stationäre Therapie indiziert sein kann, wenn besagtes Problemverhalten selten auftritt. In letzter Zeit ist eine Zunahme an Intensität zu beobachten und bei einem grösser werdenden Pubertierenden ist das schon bedrohlicher. Auf das neue Setting befragt, ob unserem Sohn die ganze Eingwöhnung zu stressig ist, will er in jedem Fall dort bleiben, weil er endlich soziale Kontakte hat.
    In der Beobachtung wurde noch unterschieden zw. aggressivem Verhalten bei Reizüberflutung/ Einengung bei autistischer Verarbeitung und fehlenden Strategien bei Frustration, was wohl beides vorkommt. Das Augenmerk sollte in der stationären Therapie bei letzterem liegen, aber whs, braucht es schon Wissen, wie jemand vom Spektrum "tickt". Hat jemand Erfahrung, wie man dieses Problemverhalten betroffener Jugendlicher stationär/teilstationär hier angeht und wie lange das etwa dauert und wo gute Anlaufstellen wären ( Kt. ZH, Süddeutschland) oder ob hier eher ein Heimaufenthalt in Frage kommt? Unser Sohn will am liebsten auf dem neuen Internat bleiben und die Schule sagt, dass sie ihn nach der Therapie wieder aufnehmen würden, wenn er aber keine macht, kann er nicht mehr beschult werden.
    Wäre dankbar über Eure Erfahrensberichte mit Therapien u/o Heimen.

  • Liebe Cassiopeia
    Ihr Sohn benötigt eindeutig Therapeutische Unterstützung, damit er lernen kann, mit negativen Emotionen umzugehen, ohne dass er selbst oder Andere zu Schaden kommen. Aus meiner Sicht ist es zumindest in Frage zu stellen, ob er sich in einem neuen Setting (Klinik) Verhaltensweisen aneignen kann, die er in dem aktuellen Setting (Internat) dann anwenden kann. Erfahrungsgemäss ist die Fähigkeit, Gelerntes zu transferieren und zu generalisieren bei Menschen mit Autismus beeinträchtigt.
    Es sei denn, der Klinikaufenthalt soll dafür genutzt werden, die Medikamente neu einzustellen, das könnte ggf. eine Indikation sein.

  • Liebe Frau Vogt-Hörler
    Besten Dank für Ihre Antwort.
    Heisst das, dass der ambulante Weg der geeignetere wäre? Die Schule argumentiert damit, dass das letzte Mal bei einem ambulanten " Fall" jemand zu Schaden kam, mit Strafanzeige, dann eben doch Klinikaufenthalt und jetzt stemmen sich die anderen Eltern (nachvollziehbar) gegen die erneute Aufnahme des Schülers nach der Klinik, also wollen sie "abkürzen". Also muss man evtl doch "systemisch" abwägen.
    Was wäre mit Tagesklinik?

  • Es gibt im Kanton Zürich schon Tageskliniken des KJPP. Sie haben unterdessen auch Erfahrung mit ASS. Stationär gibt es in der psychiatrischen Klinik Schlosstal in Winterthur eine Abteilung für Jugendliche.
    Doch grundsätzlich, liegt nicht eine schwere Depression, Selbstgefährdung oder wie oben erwähnt eine allfällige Neuseinstellung etwaiger Medikamente vor, würde ich eher von einem "externen" stationären Rahmen abraten.
    Inwieweit kann das Internat auf Anpassungen eingehen oder Unterstützung in der Freizeitgestaltung anbieten?
    Ausgehend von der beschriebenen Situation erscheint sie mir nicht untypisch für einen pubertierenden Jugendlichen, die Heftigkeit durch ASS ebenso. Die Schere in der emotionalen und sozialen Entwicklung macht sich in diesem Alter immer deutlicher spür- und erfahrbar, was zu (wahnsinnigen) Spannungen führen kann. Ausgehend davon könnte vielleicht eine Assistenz in der Freizeit unterstützend sein. Wenn möglich ein junger Mann, der mit ihm regelmässig etwas abmacht und unternimmt oder ihn begleitet bei manchen Freizeitaktivitäten mit den anderen Mitschülern.
    Vielleicht braucht es auch (was ja vielleicht bereits geschehen ist) eine Aufklärung für die anderen Mitschüler, was für ihn Freundschaften und Vereinbarungen, was ihm die soziale Anerkennung bedeutet. Und dass er mehr Verbindlichkeiten und Verlässlichkeiten braucht als andere Jugendliche in diesem Alter sie untereinander pflegen. Eine regelmässige Badmintonrunde einmal in der Woche? Auch könnte es sich vielleicht lohnen, über Mobbing zu sprechen und die Erfahrungen, die dein Sohn diesbezüglich wahrscheinlich schon gemacht hat. Und er deswegen auch viel schneller darauf reagiert und ausrasten kann.
    Wenn dein Sohn sich wohlfühlt im Internat, dann ist das viel Wert und bietet sicher den besten Boden für eine weitere positive Entwicklung. Auch ist es ein mutiger, gesunder und altersentsprechender Aspekt, wenn dein Sohn sich selber zutraut, in einem Internat zu leben. Er zeugt von den Wünschen unter seinesgleichen (peergroup) zu sein und von einer normalen Ablösungstendenz. Gerade letzteres ist öfters bei Autisten eher ein schwieriges und oft langwieriges Thema. Umso mehr sollten seine Autonomiebestrebungen förderlich unterstützt werden! Klar, braucht er auch eine engmaschige, therapeutische oder sozialpädagogische Begleitung, um mit all den zusätzlichen Wirren in der Pubertät einen Umgang zu finden, der weder ihm noch jemand anderem schadet. Doch ich würde, wenn möglich, nicht so schnell einem stationären Klinikaufenthalt zustimmen (wieder ein Wechsel, neue Leute, wieder das Gefühl, ausgeschlossen und nicht verstanden zu werden und deshalb fortgeschickt zu werden.) Die (Selbst-)Stigmatisierung würde zur Entlastung anderer eine neue Kerbe erhalten. Und ist es das wert? In einem Alter, wo sich die Jugendlichen sowieso "neu" erfinden müssen?
    Vielleicht braucht es auch noch eine Art Wiedergutmachung seitens deines Sohnes für die Schläge? Ich verstehe schon, dass er seine Handlungen in einem Zustand von totaler emotionaler Überforderung und Verletzung nicht mehr im Griff hatte. Eine Wiedergutmachung und Erkkärung, wie so eine überschiessende Reaktion entsteht, könnte wieder eine Verbindung ermöglichen.
    Ich wünsche euch, dass ihr mit dem Internat nochmals in Gespräch kommen könnt.