Beiträge von Monica

    Hallo Annette und Data


    Vielen Dank für eure Antworten. Ich hoffe, dass auch andere Eltern und Betroffene es wagen, zu schreiben, welche Lösungswege sich für sie abgezeichnet haben. Es macht Hoffnung zu lesen, dass die IV in Einzelfällen einen Jobcoach für die Erstausbildung genehmigt und finanziert. Ich hoffe und wünsche, dass dies in Zukunft vermehrt möglich sein wird.


    Motivation ist in dieser Situation meiner Meinung ein grosses Thema. Wie kann ich den Jugendlichen motivieren, damit er sich auf das Abenteuer: Nachholen Schulabschluss oder Einlassen auf die Erstausbildung einlässt. Wie können wir die IV motivieren, dass sie die Zusagen zur Finanzierung eines Coaches oder schon nur ein "JA" zur Ausbildungsfinanzierung sprechen (vorallem wenn vielleicht schon eine oder zwei Lehren abgebrochen worden sind)? Nicht zuletzt sind hier auch die Eltern angesprochen, wie können wir UNS (die Eltern) motivieren, dass wir nach jahrelangem Kampf, nicht resignieren und aufgeben. Gerade in der Berufsfindungsphase, die mit vielen Unsicherheiten und vielleicht auch Ängsten für den Jugendlichen verbunden ist, brauchen sie uns.


    Ich habe nun gerade Kenntnis von einer Petition erhalten, die dafür kämpft, dass auch Jugendliche mit einer schwereren Behinderung RECHT auf eine berufliche Grundausbildung haben sollen. Aus Spargründen will der Bundesrat die Hürden für die berufliche Grundausbildung von Jugendlichen hinaufsetzen. Die Ausbildung soll nur noch finanziert werden, wenn zum voraus feststeht, dass sie einen bestimmten Mindestlohn bei Ausbildungsende erzielen werden. Die Konsequenz davon wäre, dass vielen Jugendlichen eine Anlehre oder Attestlehre verwehrt bleibt, sie werden nach der obligatorischen Schulzeit, schulisch nicht mehr gefördert und zu den Rentenbezügern abgeschoben.


    Unter www.berufsbildung-für-alle.ch kann dies nachgelesen werden. Ich hoffe, dass möglichst viele diese Petition unterstützen und mit ihrer Unterschrift ein Zeichen setzen.


    Liebe Grüsse, monica

    Liebe Forenleser


    Vielleicht habt ihr Ideen für diese Sackgasse?


    Ich höre immer wieder Geschichten von Jugendlichen, die die Schule vorzeitig abbrechen. Es sind Jugendliche, die so bis ca. 7. Klasse gut kompensieren konnten, dann mehrten sich die Probleme. Es wurde immer schwieriger sie zum Besuch der Schule zu motivieren. Auch wenn die Eltern sie bis vor's Schulhaus begleiteten, konnten sich die Jugendlichen nicht zum Schulbesuch überwinden. Es folgen Konsultationen beim Kinder- und Jugendpsychologen, manchmal kam es auch zu einem stationären Aufenthalt in einer Einrichtung oder in einem Schulheim.


    Die Chancen dieser Jugendliichen, die die Schule vorzeitig abgebrochen haben und viele "Stofflücken" aufweisen, sind leider sehr schlecht. Sie haben dadurch sehr schlechte Karten auf dem freien Lehrstellenmarkt. Es ist schon nicht einfach eine angepasste Lösung für einen Jugendlichen mit Autismus zu finden, wenn sich dann aber noch massive Schulprobleme dazugesellen wird es fast unmöglich. Trotzdem bin ich der Meinung, dass gerade diese Jugendlichen dringend Hilfe brauchen.


    Nun gibt es zwar Projekte für Jugendliche mit einem höheren Risiko (Fremdsprachige, eher schwächere Schüler, etc.). Diese Jugendlichen sollten bereits in der Oberstufe (ab ca. 7. Klasse) durch die Lehrer gemeldet werden. Sie werden dann bereits ab der 7. Klasse von Mitarbeitern der "Case Management Berufsbildung" gecoacht. Dann gibt es auch verschiedene Brückenangebote, die den Jugendlichen ihre Berufswahlchancen verbessern helfen sollen. Nun versteht es sich von selbst, dass nur Jugendliche dieses Angebot nützen können, die sich aufgefangen haben und wieder bereit sind, sich auf solche Bildungs- und Hilfsangebote einzulassen. Zudem bin ich unsicher, ob ein Jugendlicher mit Autismus in dieses Projekt aufgenommen würde. Nachfragen (mit Unterstützung der IV-Berufsberatung) lohnt sich aber sicher in jedem Fall.


    Ich vermute, dass für diese nachschulischen Möglichkeiten kein Recht auf Schulbegleitung (da nach der obligatorischen Schulzeit) mehr besteht. Hier müsste im Einzelfall mit der IV abgeklärt werden, welche Möglichkeiten es gibt. Vielleicht könnte, da durch den Autismus begründet, ein Assistenzbudget gutgesprochen werden. Es müsste dargelegt werden, dass der Jugendliche diesen Ausbildungsgang nur schaffen kann, wenn er einen Helfer zur Seite hätte, der ihm hilft den Schultag zu strukturieren. Und dass für eine erfolgreiche Berufsausbildung, der Schulabschluss nachgeholt werden muss.


    Vielleicht hat jemand bereits Erfahrung gemacht, welche Fachstelle hier weiterhelfen kann. Welche Wege man einem Jugendlichen aufzeigen kann? Was dem Jugendlichen hilft, sich erneut auf eine Schul- oder Ausbildungssituation einzulassen? Vielleicht gibt es die Möglichkeit eines Unterrichts zu Hause/Fernstudium, um die Schullücken zu schliessen?


    Habt ihr mit euren Jugendlichen bereits Ähnliches erlebt, habt ihr für euer Kind eine Lösung gefunden?


    Liebe Grüsse, Monica

    Hallo Hadler Jlona


    Hast du in der Pfadi in Wohnortsnähe nachgefragt, ob dein Sohn mal schnuppern darf? Es gibt manchmal auch kleinere Gruppen, vielleicht 2 bis 3 Dörfer weiter, die es gerne mit einem speziellen Kind versuchen wollen. Wir haben eine solche Pfadi gefunden, die unseren Jüngeren gerne aufgenommen hat. Es kann auch für sogenannt "normale" Kinder eine Bereicherung sein, ein Kind mit Autismus kennen zu lernen. Die gegenseitigen Berührungsängste werden kleiner.


    Der Ältere organisiert seine Freizeit in der Zwischenzeit selber. Er trifft sich mit Freunden zum Gamen, im Ausgang oder für politische Aktionen. Der Jüngere ist in der Freizeitgestaltung auf unsere Hilfe angewiesen. Auch er trifft sich gerne mit einem FreundIn in der Freizeit, vorallem zum Gamen und Spielen. Er braucht (noch) unser Hilfe beim Telefonieren und Abmachen. Bei einem Badibesuch, wünscht er unsere Begleitung, alleine getraut er sich noch nicht in dieses Umfeld. Hier fehlt es ihm noch am Vertrauen in seine eigene Fähigkeit, Sicherheit und Selbständigkeit. Als Sport macht er Karate, wir haben glücklicherweise ein Dojo gefunden, das bereit war, sich auf seine speziellen Bedürfnisse einzustellen.


    Freizeitaktivitäten, wie Karate und Pfadi verlangen unserm Jüngsten aber auch einiges ab. Es ist für ihn nicht ganz einfach, die Angst, wie es diesmal sein wird, mit welchen unvorhersehbaren Komponenten er es zu tun bekommen wird (sind die Kinder diesmal ruhiger oder aufgekratzt, oder kreischen fröhlich - hat es eher wenig oder viele Leute, etc.), bedeutet für ihn Stress pur. Er ist jedesmal froh, wenn er wieder zu Hause ist. Nach einer solchen Aktivität geniesst er dann seine Ruhe, ist aber auch stolz, dass er es wieder einmal geschafft hat. Es kann auch vorkommen, dass er durch etwas (für uns nicht voraussehbar und planbar) völlig aus der Bahn geworfen wird und infolgedessen mit einer Blockade oder im schlimmsten Fall sogar mit Autoaggressionen reagieren kann. Manchmal kann er sich wieder beruhigen und die Stunde ruhig und mit einem guten Gefühl abschliessen, manchmal gelingt dies nicht, dann führen wir ihn aus der Situation hinaus und gehen nach Hause.


    Für die Freizeitgestaltung gibt es Möglichkeiten, es ist jedoch wichtig die Betreuer vorher über Autismus aufzuklären. Ich habe viele gute Erfahrungen machen dürfen und bin bis heute auf wenig Ablehnung gestossen. Beim Kind müssen wir hinschauen, wofür es sich vielleicht begeistern könnte. Viele Kinder mit Autismus versuchen von sich aus wenig Neues aus, so ist es zuerst schwierig zu beurteilen, was ihm Spass machen könnte. Manche tanzen gerne, spielen gerne Schach, oder musizieren. Vielleicht gibt es in der Nähe einen Verein, der dies anbietet.


    Liebe Grüsse, Monica

    Hallo zusammen


    Wir haben unfreiwillig beide Erfahrungen machen können. Die Diagnosen für unsere Kinder erhielten wir sehr spät im Alter von 8 und 13 Jahren. Der Jüngere war so ANDERS, dass er seine Schulkarriere nicht im Regelbereich starten konnte. Leider konnten wir das ANDERS-sein überhaupt nicht erklären, eine Diagnose hätte hier sehr viel weiter geholfen.


    Beim Älteren machten wir die Erfahrung, dass solange die Kinder in der Unterstufe sind, die Akzeptanz untereinander noch grösser ist. Jeder ist vielleicht etwas anders, der eine etwas wilder, der andere stiller und der dritte hat Konzentrationsprobleme. Aber in der Mittelstufe realisierten die Kinder immer mehr, dass unter ihnen ein Kind ist, dass doch erheblich ANDERS ist als sie selber. Sie wollten ergründen warum, unser Sohn fühlte sich immer mehr in die Ecke gedrängt, er kam sich gemobbt vor. Auch er realisierte, dass er anders tickte und er bekam Angst. Im Grunde genommen wollte er so sein wie die Anderen, oder wenigstens verstehen, was mit ihm los ist. Es gelang ihm nicht mehr seine sozialen Schwierigkeiten zu kompensieren, er wurde depressiv.


    Durch den Krankheitsverlauf kam es zur Diagnose Autismus-Spektrums-Störung für beide Jungen. Der Ältere war enorm erleichtert, als er endlich erfuhr, was er hatte. Er freute sich auch zu erfahren, dass es auch noch andere Menschen mit Autismus gab und er sich somit in guter Gesellschaft befand.
    Er startete seine Schulkarriere neu in einer Privatschule. Dort unterrichteten wir von Anfang an Lehrer, Eltern und Mitschüler über seine besondere Wahrnehmungsart. Ab da kam er gut zurecht. In seiner Klasse war er beliebt, er galt als ruhiger Mitschüler mit einem äusserst ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Er wurde als Person und auch als Freund sehr geschätzt. Die Mitschüler akzeptierten, dass unser Sohn immer wieder Phasen brauchte, wo er sich zurückziehen konnte. Sie erkannten auch, dass ihm der Trubel oft zuviel wurde.


    Der Jüngere ist seit zwei Jahren Regelschüler bei uns im Dorf. Er wird fast voll begleitet. Autismus ist bei ihm keine unsichtbare Behinderung, er hat noch nicht so viele Kompensationsstrategien entwickelt, dass man dies übersehen könnte. In diesem Fall ist eine Information meiner Meinung nach zwingend nötig. Es ist für die Mitschüler und Eltern einfacher zu verstehen, warum unser Sohn auf seine Begleitung angewiesen ist. Die Begleitung half den anderen Kindern, die spezielle Wahrnehmungsart unseres Sohnes zu verstehen. Heute ist unser Sohn gut in die Klasse integriert, er gehört dazu. Die Kinder organisieren sich heute oft untereinander, sie bieten unserem Sohn ganz selbstverständlich ihre Hilfe an und schauen auf ihn, dass er bei den Zimmerwechseln mitkommt, etc. Auch auf Schulreisen ist unser Sohn immer inmitten einer kleinen Gruppe, er wird nicht alleine gelassen oder durch seine Andersartigkeit ausgegrenzt.


    Sobald mir die Diagnosen bekannt waren, haben wir unsere Söhne über ihre Behinderung aufgeklärt. Den Jüngeren interessierte dies mit damals 8 Jahren noch nicht so sehr. Heute setzt er sich sehr stark mit seiner Wahrnehmung und der Wahrnehmung von NT-Kindern auseinander. Er empfindet die Wahrnehmung von NT-Menschen genau so befremdlich und spannend wie vielleicht die NT-Menschen die autistische Wahrnehmung empfinden. Ich habe mit der Aufklärung, dass meine Söhne Autisten sind, bis heute keine schlechte Erfahrung gemacht. Ich habe es nie bereut, dies offen kommuniziert zu haben.


    Als Jugendliche sollen die Kinder selbst entscheiden, ob sie sich als Autisten outen wollen. Unser Älterer hat sich nun auch in der Berufsschule entschieden, dass er seine Mitschüler informieren will. Es war für ihn eine gute Erfahrung, er konnte seinen Mitschülern mitteilen, dass er in den sozialen Bereichen auf ihre Mithilfe angewiesen ist. Seit da klappt dies sehr gut, die Mitschüler wissen nun, dass es ihm schwer fällt den ersten Schritt zu tun. Dass es für ihn wichtig ist, dass der erste Kontakt (Telefon, E-mail, Facebook, etc,), durch sie zu initieren ist und diese machen dies heute auch.


    Liebe Grüsse, Monica

    Hallo Aloa


    Wie sieht die Schulsituation in der Zwischenzeit für deinen Sohn aus? Wer übt das Sorgerecht für deinen Sohn aus, du oder dein Mann? Im Kanton Bern gibt es die Weisung, dass Kinder mit Asperger-Syndrom am besten integriert (mit Schulbegleitung) in der Regelschule beschult werden. Wenn die Wohnortschule es ablehnt, dein Kind integriert zu beschulen, steht es dir frei, in der Nachbarsgemeinde nachzufragen. Viele Schulen stehen dem Projekt Integration von Kindern aus dem Autismus-Spektrum nicht mehr so ablehnend gegenüber wie früher. Vorallem, da Ressourcen für das betroffene Kind bewilligt werden. Zugegeben, heute ist es nicht ganz einfach die Ressourcen dann auch ausschöpfen zu können. Die Schwierigkeit besteht momentan darin, genügend Heilpädagogen für die Schulbegleitung zu finden.


    Im Kanton Bern ist neuerdings für die integrierte Beschulung der ASS Kinder die Erziehungsberatung, sowie die Erziehungsdirektion des Kantons Bern zuständig.


    Liebe Grüsse, monica

    Hallo zusammen


    Beim Älteren wurde seine Jugendzeit durch eine Depression überschattet. Dadurch waren wir in Abklärungen und erhielten darauf die Diagnose HFA. Wenn Eltern neurotypischer Kinder klönten, wie frech und renitent ihre Kinder waren, konnten wir dazu nichts beisteuern. Unser Sohn war eher das Gegenteil. Er war äusserst verschlossen. Er zog sich vollständig von uns, in sich selbst zurück. Er war überbrav und wich allen Konfrontationen aus.
    Dabei wirkte er immer einsamer, unzufriedener und unglücklicher. In der Zwischenzeit ist er 18 Jahre. Heute wirkt er zufriedener und glücklicher. Dank seinem politischen Sonderinteresse gelingt es ihm jetzt langsam einen gleichgesinnten Kollegen- und Freundeskreis aufzubauen. Unter seiner mangelnden Kontaktfähigkeit hatte er gelitten, obwohl wir und auch er dies erkannt hatten, gelang ihm lange kein Weg hinaus.


    Nun zum Jüngeren. Der steckt momentan mitten in der Pubertät. Zum Glück zeigt er kein Anzeichen einer Depression. Zuhause ist auch er sehr brav und selten frech. Zwischendurch, wenn er sich durch seine Eltern etwas genervt fühlt, äfft er uns nach. Das alles bewegt sich im Rahmen des Normalen. Was uns auffällt ist sein vermehrter Wunsch nach Kontakten mit Gleichaltrigen. Dies wiederum gestaltet sich als sehr schwierig, wenn er abmachen will, muss er es organisieren. Die Gleichaltrigen gehen nicht von selbst auf ihn zu, um mit ihm abzumachen. Vielleicht erkennt er aber auch nicht die Anzeichen, und die anderen Kinder ziehen sich zurück, weil sie ihn nicht verstehen können und glauben, dass er lieber alleine ist. Erschwerend kommt sein Verhalten dazu, wenn die Anderen in Gruppen zusammenstehen und über Irgendetwas tratschen, kann er nicht nachvollziehen, warum es geht, oder er gibt falsche Kommentare ab.
    Mit diesem Problem wird er nicht alleine gelassen, wenn er mit jemandem abmachen will, wird er von seiner Heilpädagogin und auch durch uns unterstützt.


    Was mir weiter auffällt ist, dass er mit seinen Gefühlen momentan nur schlecht zurecht kommt. Sein Körper entwickelt sich zum Jugendlichen, in seiner Gefühlswelt ist er aber noch Kind. In der letzten Zeit häuften sich Auffälligkeiten wie, Autoaggressionen, Handlungsblockaden und Weinen (er konnte nicht benennen, warum er weint, ob er traurig ist, ob er wütend ist, es scheint momentan für ihn nicht steuerbar zu sein). Die Autoaggressionen machen vorallem unbeteiligten Zuschauern Angst, im nachhinein tun ihm seine Ausraster leid, sie zu vermeiden gelingt ihm momentan nicht so gut. Die Handlungsblockaden kommen durch Überforderungssituationen, in denen er seine Selbständigkeit üben sollte (alleine eine kleine Besorgung machen, etc.).


    Autistische Verhaltensweisen verstärken sich, habe ich wenigstens den Eindruck. Flexibilität und Regelverstösse machen ihm vermehrt mehr Mühe. Am glücklichsten ist er, wenn der Schultag gemäss Stundenplan abläuft. Momentan, durch die Vorbereitungen auf die Schulschlussfeste, sind Abweichungen vom Stundenplan schon fast normal. Auch hier unterscheidet sich seine Wahrnehmung massiv von seinen Schulkameraden. Diese lieben das - MEGA COOL, SUPER kein Math, Test NMM fällt aus, etc., dafür etwas für eine Vorführung üben, Kulissen basteln ... , ER HASST ES (und tut es auch laut kund, und macht sich damit nicht beliebter!)!


    Wie erlebt ihr die Pubertät bei euren Kindern? Wie begleitet ihr sie durch diese Zeit? Was hilft euch miteinander im Gespräch zu bleiben und einander zu verstehen?


    Ich freue mich von euren Erfahrungen zu lesen.


    Liebe Grüsse, monica

    Hallo Karin


    Mein Jüngerer wurde während seinen ersten Schuljahren in einem Schulinternat beschult. Mit dem Thema "Missbrauch" wurden wir während dieser Zeit zum Glück nicht konfrontiert.


    Damit weder Betreuer noch Kinder sich dem Vorwurf eines Missbrauches ausgesetzt sahen, gab es mehrere Vorschriften, die penibel eingehalten wurden. Es wurde alles reglementiert. Es gab einen Duschplan, wann welches Kind zu duschen hat. Wie Hilfeleistungen angeboten werden können. Die Kinder wurden dazu angehalten, möglichst selbständig ihre Körperpflege zu übernehmen. Die Sozialpädagogen, die unsere Kinder beaufsichtigten waren in der Regel zu zweit. Zum Schutz unserer Kinder, aber auch zum Schutz für sich selbst. Für Betreuungs- und Lehrpersonen gab es das Verbot, die Garderoben der Kinder zu betreten, etc.


    Leider ist es eine Tatsache, dass wir unsere Kinder nicht zu 100% beschützen können. Es ist wichtig sie aufzuklären und ihnen beizubringen, dass sie ohne Angst vor Konsequenzen NEIN sagen dürfen. Dass, wenn sie sich bedrängt fühlen, sie schreien oder Hilfe holen gehen. Unser jüngerer Sohn hätte zu dieser Zeit wahrscheinlich nicht zu einer anderen Person gehen können und um Hilfe bitten. Ihm hätten für ein solches Erlebnis die Worte gefehlt. Uns blieb nur der Weg über die Beobachtung. Wirkte er zufrieden und ausgeglichen, wirkte er traurig? Wenn ja, wären wir der Frage nachgegangen, warum sich das Wesen unseres Sohnes verändert hatte.
    Während den ganzen vier Jahren, hatten wir nie einen Grund zu befürchten, dass unserem Sohn Unrecht geschehen ist. Es fanden wöchentliche Gespräche in der Wohngruppe statt, wo uns erzählt wurde, was unser Kind in der Zeit, ohne uns, erlebt hatte.


    Schon bei einem unguten Gefühl oder Angst ist es wichtig, die Betreuungspersonen direkt darauf anzusprechen, damit sie erklären können, welche Massnahmen bereits eingeführt worden sind, um die Kinder zu schützen. Nur bei gegenseitiger Offenheit, kann das Vertrauen wachsen.


    Liebe Grüsse monica

    Hallo Bronti


    Wir wohnen im Kanton Bern, aus diesem Grund kann ich dir nicht wirklich raten. Aber ich kann schildern, wie das Prozedere bei uns abläuft. Obwohl auch dieses immer wieder wechselt.


    Neu ist bei uns die Erziehungsdirektion zuständig. Sie bestimmt mit wievielen Stunden ein Kind mit ASS im Schulalltag begleitet und unterstützt wird. Die Unterstützung kann während der Schulstunde, bei Bedarf in Pausensituationen und teilweise sogar für die Freizeitgestaltung aufgewendet werden. Bei ASS kann es durchaus sinnvoll sein, soziale Interaktionen zu fördern beim Spielen mit Klassenkameraden oder Situationen zu üben wie z.B. Einkaufen, etc.


    Bei uns ist es nun so, dass unsere Schule eine/n HeilpädagogIn für die ASS Kinder sucht. Es läuft also nicht unter den IF Lektionen, es ist ein separater Pool. Die Stunden werden dann so eingesetzt, wie es dem Kind am besten hilft. Aus deinen Zeilen kann ich nicht entnehmen, ob du bereits die Lektionengutsprache für die Unterstützung deines Kindes erhalten hast. Wenn du das noch nicht hast, wäre es wahrscheinlich sinnvoll mit der Schule zu schauen, wer bei euch für solche Massnahmen (Erz'ber. oder Erz'dir., oder andere Fachstelle) zuständig ist.


    Ich wünsche euch viel Glück, dass ihr die gewünschte Unterstützung im nächsten Schuljahr erhalten könnt.


    Liebe Grüsse, monica

    Es ist empfehlenswert vorgängig mit der IV abzuklären, welche Therapien übernommen werden. Die IV stellt dann für den Therapeuten eine Kostengutsprache aus. Bei uns läuft es folgendermassen: Das Zentrum für Entwicklungsförderung stellt an die IV einen Antrag (oft mit einem Bericht) mit der Begründung, warum diese Therapie gewünscht wird und was man sich davon erhofft, respektive, welche Schwierigkeiten damit behandelt werden sollen.
    Nach meiner Erfahrung übernimmt die IV die Kosten für Ergotherapie, Physiotherapue, Psychotherapie, manchmal auch Logopädie. Dass die Hippotherapie durch die IV übernommen wird, habe ich noch nie gehört. In der Regel bezahlen die Eltern dies aus der eigenen Tasche. Hast du schon abgeklärt, ob du für dein Kind, Anrecht auf Hilflosenentschädigung hast? Mit diesen Geldern können wir Eltern Therapien bezahlen, die wir für unser Kind, als sinnvoll erachten, wofür die IV (nach Gesetz) aber nicht aufkommen kann.


    Liebe Grüsse, monica

    Wir haben zwar den Gleichstellungsartikel, trotzdem findet im wirklichen Leben die Gleichstellung noch nicht in allen Bereichen statt. Es wäre schön, wenn sich in Zukunft kein Autist mehr hinter der sogenannten "Normalität" verstecken müsste. Wenn jeder ohne Angst vor Diskriminierung, Beschneidung und Akzeptanz zu seinem Autismus stehen könnte. Und bei einem Outing nicht befürchten müsste, seine Glaubwürdigkeit in der Arbeits- und Geschäftswelt zu verlieren. Solange diese Überlegungen im Raum stehen, sind wir von der Gleichstellung von behinderten und nicht behinderten Menschen noch sehr weit entfernt.


    Mein Traum ist, dass die Integration in der Schule und in der Arbeitswelt, in Zukunft eine Selbstverständlichkeit und keine Ausnahme mehr ist. Dass mehr Möglichkeiten geschaffen werden, dass auch ein Autist ein soweit wie möglich selbstbestimmtes Leben führen kann. Dass die Möglichkeiten von Couching-Projekten ausgebaut werden.


    Mein Wunsch ist, dass wir Eltern an unsere Kinder glauben, dass wir sie nicht aufgeben, auch dann nicht, wenn sie die Sprache nicht entdecken. Dass wir gemeinsam mit ihnen nach anderen Kommunikationswegen suchen und diesen Kindern eine Stimme geben. Dass wir mit ihnen im Kontakt bleiben, auch dann, wenn sie sich von uns abwenden, wenn sie für uns völlig unverständlich reagieren. Mit der Zeit werdet ihr erkennen, dass auch diese Kinder Bindungen und Beziehungen eingehen. Von aussen scheinen diese Kinder vielleicht distanziert, oft sind sie aber sehr sensibel. Sie zeigen ihre Zuneigung anders, als ihr dies vielleicht gewohnt seit und erwarten würdet. Achtet auf die zarten Zeichen!


    Meinen beiden Söhnen wünsche ich für die Zukunft alles Liebe und Gute und viele Menschen, die ihnen mit Verständnis und Respekt begegnen. Ich hoffe, dass sie auch in Zukunft selbstbewusst zu sich und ihrem Autismus stehen können und nie in die Lage kommen, dass sie ihren Autismus, wegen Angst vor Diskriminierung, verstecken müssen.


    Liebe Grüsse, monica (Mutter von zwei HFA)

    Hallo zusammen


    Meine Söhne haben nur wenige, aber ausgewählte Freunde. Die Initiative zum Abmachen muss in der Regel vom Anderen ausgehen, sonst passiert gar nichts. Der Ältere hat seine wenigen Freunde dazu gebracht, dass sie dieses Verhalten akzeptieren und sich bei ihm, immer wieder melden (mittels Face-book, Natel, etc.)
    Er trifft sich mit seinen Freunden vielleicht ein bis zwei Mal pro Monat. Die Treffen strengen ihn an, er geniesst zwar das Zusammensein mit Ihnen, aber, wenn er das Gefühl hat, dass es ihm jetzt reicht, wird er ziemlich unausstehlich. Teilweise übernachten die Freunde bei ihm, am nächsten Tag braucht unser Sohn dringend eine Auszeit. Er ist dann immer sehr froh, wenn sich seine Freunde verabschieden. Er benötigt dann regelmässig eine Regeneration von einem bis zwei Tagen, bis er sich von seinem Besuch wieder erholt hat. Im Prinzip ist unser Sohn auch sehr gerne alleine!


    Der Jüngere war lange Zeit zufrieden, wenn er alleine spielen konnte und dabei nicht von anderen gestört worden ist. In den letzten Wochen haben sich seine Vorlieben aber verändert. Er ist jetzt in der Pubertät und wünscht sich nun neuerdings, Freunde zum Abmachen, er will nicht mehr alleine Spielen. Das Abmachen fällt ihm aber noch sehr schwer. Ich versuche nun eine vernünftige Balance zu finden, wieviel Hilfe er dazu noch braucht. Einmal organisiere ich ein Treffen mit der Mutter eines Kindes (dass er sich wünscht), das nächste Mal lasse ich es ihn selber versuchen, er kann in der Schule abmachen (das hat er bis heute noch nicht gewagt) er kann zu Hause telefonieren. Leider hatte er bis jetzt damit noch nicht Glück gehabt, das gewünschte Kind war telefonisch nicht zu erreichen. Weitere Hilfestellungen bietet nun auch die Schulbegleitung und hoffentlich bald auch ein Sozialtraining.


    Liebe Grüsse, monica

    Hallo zusammen


    Ein interressantes Thema. Sport und Autismus zusammen zu bringen, schien uns lange fast nicht möglich. Ich habe zwei hochfunktionale Autisten und wir haben vieles ausprobiert. Vielleicht war es ein Glück, dass wir jahrelang nicht wussten, dass sie autistisch sind, so versuchten wir sie für ganz normale Sportarten zu begeistern. Anders, als ihre Gspändli aus Kindergarten und Schule stiessen wir bei ihnen auf keine Begeisterung. Im Gegenteil, ihr Widerstand gegen solche Betätigungen wuchs mit jedem neuen Versuch! Mit Erstaunen stellten wir fest, dass ihnen Mannschaftssportarten total verhasst waren. Auch schon früher endete das Kinderturnen in einem Fiasko und musste abgebrochen werden.
    Unsere zwei Knaben sind charakterlich nicht genau gleich. Dem Älteren ist heute ein sportlicher und gesunder Körper wichtig. Für sich hat er die Kampfkunst entdeckt. Karate und Kung Fu machen ihm Freude. Bei Gruppenübungen hat er zwar Mühe im Rhytmus zu bleiben, er schätzt aber die klar strukturierte Art des Trainings und die Gewissheit, dass die Trainingskollegen ihm nicht plötzlich zu nahe kommen können. Er mag es auch alleine, ohne Gruppenzwang, zu joggen.
    Der Jüngere ist leider sehr bewegungsfaul. Er strengt sich gar nicht gerne an. Ich hoffe nun, dass in der Pubertät, sich sein Körpergefühl vermehrt entwickeln wird und er sich seiner Gesundheit und seinem Körper zuliebe, auf mehr Sport und Bewegung einlässt. Ich war schon froh, als er sich vor etwas mehr als einem Jahr überzeugen liess, sich auf die Karate-Stunden einzulassen. Glücklicherweise hat sich eine sehr verständnisvolle Lehrerin gefunden, die mit seiner Art sehr gut zurecht kommt. Unter den anderen Kindern fällt er natürlich sehr stark auf. Wenn die anderen Kinder im Trainingsraum umherspringen, bleibt er an seinem Platz stehen. Sämtliche Rennübungen verweigert er, aber bei sämtlichen Bodenübungen (oder sonstigen ruhigen Übungen) sowie den Katas etc. macht er gut und motiviert mit.


    Beim Lesen eurer vorherigen Postings ist mir aufgefallen, dass es wahrscheinlich doch Sportarten gibt, die für Autisten eher geeignet sind. Unser jüngerer Sohn empfindet den Sportunterricht in der Schule für sich als ganz schlimm. Was so schlimm daran ist, macht ihm aber Mühe zu formulieren. Zu seiner Erleichterung hat er nun eine Dispenz vom Turnunterricht erhalten. Trotzdem gibt es aber Teilaspekte, die ihm im Fach Turnen Freude gemacht haben. So wird er weiterhin dabei sein, wenn ein OL geplant ist, wenn Badmington gespielt wird oder wenn es zum Schwimmen geht.


    Ich freue mich auf zusätzliche Ideen und Anregungen von Eltern und Selbstbetroffenen. Liebe Grüsse, monica

    Hallo Daniela


    Ich habe zwei hochfunktionale Autisten. Ich glaube jedoch, dass unsere Söhne ihren Autismus nicht von ihrer Impfung haben, sondern, dass wir Eltern ihnen diese Besonderheit vererbt haben.


    Viele Besonderheiten unserer Kinder finden wir in etwas abgeschwächter Art bei uns und teilweise sogar in der weiteren Verwandtschaft wieder. Für mich liegt die Vemutung näher, dass wir den Autismus mit unseren Genen weitergeben. Wir, unsere Familie, findet dies nicht weiter schlimm! Wir kommen gut miteinander zurecht und suchen auch den Kontakt zu den NT's.


    Liebe Grüsse, monica

    Hallo Lolipop


    Ich freue mich für dich und deine Eltern, dass du bald in die Regelschule eintreten kannst. Ich bin gespannt mehr zu hören, wie es dir in der Schule geht und wie es dir dort gefällt. Wie kannst du dich in der Schule ausdrücken? Hast du deine Schreibtherapeuten zur Hilfe dabei? Wie stellen sich deine Lehrer darauf ein? Wie alt bist du, in welche Klasse wirst du gehen? Sorry, dass sind nun viele Fragen geworden!


    Mein älterer Sohn hat die Regelschule hinter sich, er ist jetzt in der Berufslehre. Die Berufslehre findet in einem geschützten Rahmen statt. Anders in der Berufsschule, dort muss er sich wie die anderen neurotypischen Jugendlichen beweisen. Der Schulalltag ist momentan für ihn noch sehr anstrengend. Die Anforderungen an ihn sind hoch.


    Unser jüngerer Sohn ist Regelschüler in der Mittelstufe, die grössten Schwierigkeiten hat er mit den Sprachfächern. Sich mündlich und schriftlich auszudrücken bereitet ihm noch Mühe - Aufsätze sind kaum möglich. Für ihn braucht kein Aufsatz länger als 5 bis 10 Sätze Inhalt zu haben. Dann findet er, ist das Wichtigste gesagt...


    Ich freue mich mehr aus deinem Alltag zu hören.


    Liebe Grüsse, monica

    Hallo Kilian02


    Fehlende Wünsche, dieses Problem kennen wir auch. Während Jahren versuchten wir hinauszufinden, an was unsere 2 Söhne Freude haben könnten. Wir gingen dann etwas anders vor als ihr, wir besuchten sämtliche Spielwarengeschäfte in unserer Nähe. Da bei ihnen die Sprache nur mangelhaft entwickelt war, hofften wir, dass sie auf die begehrten Objekte zeigen würden. Der Erfolg war aber nicht sehr berauschend, von sich aus wählten sie eigentlich nichts aus, sie konnten sich selten zu etwas entscheiden.


    Die Freude am Inhalt der Päckli war dann meistens auch nicht euphorisch. Oft überwiegte die Freude am Aufrupfen der Päckli und am Verpackungsmaterial. Sie schafften es teilweise, sich mehrere Tage mit den Schachteln und Bändeli zu beschäftigen, die geschenkten Spielsachen wurden ignoriert.


    Trotzdem wünschten sie sich Päckli zu Weihnachten. Keine Päckli unter dem Baum, hätten sie sehr enttäuscht!


    Heute stellt sich die Situation anders dar, sie haben und äussern heute Wünsche. Diese sind jedoch ausschiesslich auf ihre Spezialinteressen begrenzt. Überraschungspäckli lieben sie auch heute noch nicht! Die Wünsche werden heute teurer, sie wünschen sich Zubehör zur ihrer EDV-Anlage und als (etwas kostengünstiger) Klassiker: Bücher und Games.


    Liebe Grüsse, monica

    Hallo Bronti


    Die Angst unserer Söhne begleitet uns nun schon ihr ganzes Leben. Nicht bei beiden sind die Ängste gleich stark ausgeprägt. Der Ältere hat sich in der Zwischenzeit recht gute Strategien zurecht gelegt, damit dies in der Öffentlichkeit und unter seinen Kollegen nicht so auffällt.
    Am liebsten wählt er die Ausweichmethode - er setzt sich dem Angst machenden Moment ganz einfach nicht aus. Dies bedeutet, dass bevor er einen Kollegen besucht, er sich zuerst vergewissert, dass in diesem Haushalt kein Hund lebt. Wenn wir draussen essen wollen und er befürchtet, dass Bienen und Wespen kommen, hat er sehr rasch keinen Appetit mehr oder er wählt den Ausweg, dass er uns mit Getränken oder Anderem bedienen will, oder er plötzlich dringend an die Hausaufgaben muss, da er etwas vergessen hat. In der Zwischenzeit ist er in diesem Gebiet recht fantasiebegabt!
    Es gibt aber auch Momente, die er nicht abwenden kann - mit denen er sich konfrontieren muss, wenn er selbständig leben will. Dazu gehören Einkaufen, in der Wohngruppe mit den anderen jungen Menschen (alle NT) in Kontakt bleiben, Gespräche nicht einfach abblocken (das gelingt noch nicht immer), Arzt- und Zahnarztbesuche aushalten, alleine Zug fahren, usw.


    Der Jüngere wurde während Jahren von seiner Angst geleitet. Seine Ängste gipfelten am Schluss in Phobien, die behandelt werden mussten. Heute ist er soweit, dass er Situationen, die unumgänglich sind, lernt auszuhalten. Sämtliche fliegenden Insekte lösten bei ihm Fluchtinstinkte aus. Am Schluss rannte er vor einer Fliege davon. Spinnen grausen ihm noch heute. Alles was ungewohnt ist macht ihm Angst. Alleine im Dorf einkaufen, einen anderen als den gewohnten Schulweg laufen, Velo fahren mit der Schule im Strassenverkehr (wenn er ein paar Tage nicht Velo gefahren ist, ist dies immer wieder wie ein Neubeginn), die Liste kann endlos weitergesetzt werden, ihm macht einfach alles Angst, was aus dem Rahmen fällt. Dass ihn diese Angst im Alltag bremst und behindert, versteht sich von selbst!


    Auch uns macht es Mühe damit umzugehen. Als erstes mussten wir lernen, dass die Ängste unserer Söhne sehr real sind. Man kann sie nicht mit ein paar Worten, wie z.B. sie sollen jetzt nicht so blöd tun, aus der Welt schaffen. Manchmal reagierten auch wir hässig, weil wir ihre Reaktionen nicht richtig einordnen und entschlüsseln konnten. Wir mussten lernen flexibler zu werden, weil ihre Ängste unsere Pläne doch oft durchkreuzt hatten und viele Unternehmen abgebrochen oder geändert werden mussten. Sie waren lange ohne Sprache und so war es für uns zuerst nicht nachvollziehbar, was sie jetzt wieder so verstört hatte, warum sie sich so gebärdeten!


    Heute diskutieren wir mit dem Jüngeren seine Ängste aus, wir suchen nach Argumenten, die ihn überzeugen können, sich seiner Angst zu stellen. Dies sieht in etwa so aus: Wir essen draussen, es kommen Wespen, der Jüngere flüchtete schreiend ins Haus. Heute kann er trotz grosser Angst, ruhig sitzen bleiben. Wir beruhigen ihn laufend und erklären ihm, dass auch wir es nicht gerade lieben, wenn uns diese Insekten beim Essen stören. Gemeinsam räumen wir dann das Essen hinein und beenden die Mahlzeit in Ruhe. Beim Velofahren überwindet er sich und macht sich mit Herzklopfen auf in die Schule. Alleine Einkaufen im Dorf hat diese Woche zum ersten Mal geklappt, nachdem ich argumentiert habe, dass er vielleicht wie der ältere Bruder einmal seine Lehre auswärts machen und bis dann gelernt haben muss einzukaufen, weil er ja sonst verhungere. Es ist schwierig für ihn die richtigen Argumente zu finden, wenn ich sie nicht finde, ist er auch nicht bereit das zu tun, was ihm Angst macht. Mir graut schon vor der nächsten Schulaufführung - ein weiterer Punkt auf seiner Angstliste. Wir besprechen die Situationen, wenn er sie überstanden hat, mit ihm nach, natürlich erhält er viel Lob und wir hoffen, dass er mit der Zeit lernt mehr Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten zu haben.


    Liebe Grüsse, Monica

    Hallo Lolipop


    Wenn du dich kratzt und beisst, dies würde mich, wenn ich deine Eltern wäre sehr unter Druck setzen und zum Teil auch unglücklich machen. Ich weiss das viele Autisten, wenn sie sich unter Druck und Stress gesetzt fühlen, sich durch Autoaggressionen manchmal sogar verletzen. Was können wir tun, damit diese Verletzungen aufhören? Gibt es überhaupt einen möglichen Weg für dich, das Beissen und Kratzen (viele machen auch Schlimmeres) so zu steuern, dass daraus kein gesundheitlicher Schaden entsteht?


    Für mich ist es schwierig auf deine Bemerkung, dass du deine Aura im Spiegel farbig leuchten sehen kannst, zu antworten. Ganz ehrlich, irgendwie beneide ich dich darum auch ein wenig! Deine Welt scheinst du farbiger wahrnehmen zu können, als ich die meinige. Ich kann jedenfalls von keinem Lebewesen eine Aura oder ein Leuchten wahrnehmen, auch meine Söhne können dies nicht - leider! Nimmst du auch die Auren von anderen Leuten wahr, oder kannst du nur deine eigene Aura erkennen?


    Ich freue mich, wenn du uns noch mehr über deine Wahrnehmung aufklärst, denn was ich nicht sehen kann, heisst ja zum Glück nicht, dass es dies nicht gibt.


    Liebe Grüsse, Monica

    Hallo Lolipop und Mähmann


    Mich erschreckt etwas, dass du uns arme Eltern nennst. Ich empfinde mich absolut nicht als arm! Das Leben mit meinen zwei jungen hochfunktionalen Autisten hat unser Leben sehr bereichert. Das Erkennen der Sicht ihrer Dinge ist spannend und immer wieder verblüffend.


    Wir haben interessante Menschen kennengelernt. Ohne unsere Jungen wären viele Begegnungen nie zustandegekommen.


    Ich freue mich mehr aus deiner Welt zu hören, ganz herzliche Grüsse von mir und meinen Söhnen


    Monica

    Hallo Nigg


    Nach meiner Erfahrung kann ein autistisches Kind diese Stereotypen solange es noch so klein ist, nicht steuern. Diese laufen im Unbewussten ab. Auch unsere Söhne zeigen solche Auffälligkeiten (Schaukeln, Töne durch Summen oder unverständliches Sprechen, schnelles Hin- und Herlaufen, wie ein Tiger im Käfig). Der Ältere unterdrückt sie in der Öffentlichkeit, zu Hause lebt er sie aus. Als Teile seiner Persönlichkeit können wir damit leben, wenn es mir zuviel wird, sage ich es ihm und damit ist die Steorotypität oft schon unterbrochen. Oder er zieht sich in sein Zimmer zurück, oder er reagiert sich draussen mit einem kurzen Spaziergang ab.
    Der Jüngere schaukelt in jeder Lebenslage mit dem ganzen Oberkörper. Er kann seine Stereotypen noch nicht bewusst steuern, das Unterdrücken gelingt ihm nur für wenige Minuten und wenn er unter Spannung steht, gelingt es ihm nicht eine Sekunde. Trotzdem stellten wir in den letzten Wochen fest, dass sich ganz langsam sein Körpergefühl ändert, immer öfter merkt er es heute, wenn er schaukelt, lange hat er dies nie wahrgenommen. Solange er kein Bewusstsein für sein Schaukeln hatte, gab es keine Möglichkeit ihn davon abzubringen. Ganz langsam entwickelt er ein Bewusstsein für seinen Körper und er merkt es immer öfter, wenn er schaukelt. Da dies in der Öffentlichkeit stark auffällt, möchten wir ihm einen Weg zeigen, wie er diese Steorotypen im Verkehr mit anderen Menschen unterdrücken lernen kann. Ich habe den Film zusammen mit ihm angeschaut. Er hat sofort die Parallelen zu sich erkannt, er fand es sehr sympatisch einen anderen Menschen mit ähnlichem Verhalten, wie er es zeigt, zu sehen.


    Liebe Grüsse Monica

    Unsere zwei Knaben mit hochfunktionalem Autismus hatten eine Schwester. Unser Mädchen war die Zweitgeborene. Glücklich und unbelastet genossen wir unsere zwei Erstgeborenen, wir genossen unsere junge Familie, bis unser Mädchen knapp 2 Monate alt war. Dass sich unser Leben mit der Geburt unserer Tochter einschneidend ändern würde, ahnten wir zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Im jungen Alter von knapp zwei Monaten erlebte ich bei unserer Tochter den ersten Epi-Anfall, ich war geschockt und hatte nicht die geringste Ahnung, was mit unserer Tochter da geschehen ist. Zum ersten Mal, erlebte ich die Angst, dass unsere Tochter stirbt. Am Abend erlebten wir den 2. Epi-Anfall. Danach folgten Spitaleinweisung und viele Abklärungen und Untersuchungen. Uns dämmerte langsam, dass unser bis dahin gesundes Kind eventuell von einer Behinderung oder Krankheit bedroht sein könnte. Während Monaten kämpften wir um eine Erklärung, was mit unserer Tochter los sei. Die Ärzte rückten mit ihrem Wissen nicht hinaus, bis ich die Verfügung der IV in den Händen hielt. Danach konnte mir die IV-Stelle anhand der Geburtsgebrechen-Nummern sagen, für welche Behinderungen und Krankheiten unsere Tochter durch die Ärzte angemeldet worden ist.


    Die Zeit vom 1. Epi-Anfall bis zur Auskunft der IV-Stelle erlebten wir wie in einem Nebel. Wir fühlten eine ungeheure Angst vor der Zukunft, wie sich unsere Tochter entwickeln würde, konnte uns niemand sagen. Wir schafften es, nach einiger Zeit zu sagen: wir lieben unsere Tochter sehr und wir wollen es nicht dazu kommen lassen, dass wir es verpassen, aus lauter Angst, das Leben mit unserer Tochter zu geniessen. Unsere Tochter wurde viereinhalb Jahre alt, dann verloren wir sie an den Tod. Die Epi, an der sie litt, hat ihr Stammhirn zerstört.


    Unserer Tochter haben wir sehr viel zu verdanken, sie hat unser Leben sehr geprägt. Sie lernte uns, unser und ihr Schicksal anzunehmen. Sie lernte uns jeden Tag an dem es ihr gut ging zu geniessen, und nicht mit Angst an "das Morgen" zu denken.


    Natürlich stellten wir fest, dass die Entwicklung unserer Knaben nicht normal verlief, zum Teil erklärten wir uns dies mit ihrer Trauerbewältigung an die verstorbene Schwester, andererseits beruhigten wir uns damit, dass es unmöglich sein kann, noch ein zweites und drittes behindertes Kind in der Familie zu haben. Wir sahen, dass die Knaben ihre Fortschritte machten, sie lernten laufen, spielen, alles Dinge, die unser Mädchen vielleicht nie hätte lernen können.


    So vergingen die Jahre, als die Knaben älter wurden, sahen wir uns mit der Tatsache konfrontiert, dass ihre spezielle Art zu sein, doch sehr stark von der Norm abweicht, dass es durch die Erklärung, dass viele Familienmitglieder sind wie sie, diese Wesensart nicht mehr befriedigend und ausreichend erklärt. Die Sprachbehinderung war bei ihnen sehr viel stärker ausgeprägt, andere Familienmitglieder hatten zwar eine leicht verspätete, aber danach normale Sprachentwicklung. Gefasst und zugleich auch erleichtert nahmen wir die Diagnose Autismus entgegen. Zum ersten Mal passte alles zusammen. Unseren Knaben ging es mit der Diagnose gut, sie bekamen zum ersten Mal Hilfe, die auf sie zugeschnitten ist.


    Die Verarbeitung dieser Diagnose erlebten wir ganz anders als bei unserer Tochter. Bei der Tochter erlebten wir die Phasen der Trauer, der Hilflosigkeit, wir fühlten uns wie gelähmt. Aus diesem Zustand mussten wir uns raschmöglichst wieder befreien, damit wir für unsere Tochter wieder dasein und für ihr Leben kämpfen konnten. Damit wir wieder mit ihr lachen und spielen konnten. Die Diagnose Autismus war für uns leichter zu akzeptieren, weil wir unsere gesunden Knaben, vor uns sehen konnten. Sie waren und sind voller Leben, voller Pläne für ihr junges Leben. Sie haben zum Glück in der Zwischenzeit beide die Sprache entdecken können, so war für uns eine Kommunikation mit ihnen möglich. Wahrscheinlich hätte uns die Diagnose Autismus, wenn diese bei ihnen mit drei bis fünf Jahren gestellt worden wäre, viel mehr zu schaffen gemacht. Wir hätten mehr Angst vor der Zukunft gehabt, zum damaligen Zeitpunkt hätte bei beiden Knaben wahrscheinlich die Diagnose frühkindlicher Autismus gelautet. Im Freundschaftskreis kannten wir zwei Familien mit Kanner Autisten, aus diesem Grund war uns das Erscheinungsbild von Autismus etwas bekannt.


    Je mehr wir uns in die Fachbücher über Autismus und Asperger-Syndrom einlasen, erschraken wir dann doch, als wir uns und viele nahen Familienmitglieder in den Beschreibungen wiederentdeckt haben. Die Familie lehnt es ab, auch nur darüber nachzudenken, dass auch andere Familienmitglieder vom Asperger-Syndrom betroffen sein könnten. Plötzlich zu erkennen, dass der eigene Partner oder die eigenen Kinder von diesem Syndrom betroffen sein könnte, wird konsequent abgelehnt, schliesslich konnten alle normal sprechen und einen Beruf erlernen. Viele waren und sind sogar aussergewöhnlich erfolgreich in ihrem Beruf. Die Verarbeitung dieser Diagnose in der Familie wird nach wie vor abgelehnt, es wird sehr ungerne darüber gesprochen. Wir akzeptieren dies in der Zwischenzeit.


    Der Ältere hat seine Diagnose sehr schnell und gut für sich verarbeitet. Er hat viele Bücher über Autismus und Asperger gelesen. Manchmal merke ich aber, dass ihn seine Beeinträchigung auch wieder einholt. In der Berufsschule ist alles neu, noch hat er Mühe sich zu melden, auch wenn er die Antwort weiss. Dann ärgert er sich über seinen Autismus, der ihm im Weg steht. Der Jüngere hat viele Fragen, er vergleicht sich viel mit den anderen und will wissen, warum sich neurotypische Kinder anders verhalten als er. Er will wissen, ob und wie autistische und normale Gehirne funktionieren, was anders ist. Ich habe den Eindruck, dass der Jüngere momentan seine Diagnose "anders zu sein" sehr gut verarbeitet.


    Die Pubertät erlebe ich bei meinen Knaben sehr ausgeglichen. Grosse Stimmungsschwankungen kann ich nicht feststellen. Voller Vertrauen begegnen sie uns zu Hause. Wahrscheinlich wird es für sie eine Zeit geben, die schwieriger für sie werden wird. Damit meine ich die Partnersuche. Dies wird wahrscheinlich wieder eine Phase sein, da ihnen der Autismus mehr zu schaffen machen wird und sie vielleicht auch ein wenig mit der Diagnose hadern werden.


    Bei uns Eltern hat die Diagnose zugleich auch unseren Kampfgeist weiter geweckt. Vorher kämpften wir auch, für den Jüngeren kämpften wir für eine normale Schulbildung. Wir kämpften gegen Vorurteile, wie ein Kind, das nicht spricht, muss geistig behindert sein, etc. Aber wir kämpften ziemlich auf verlorenem Posten, gegen die vielen Fachleute, Heilpädagogen und Ärzte kamen wir kaum an. Am Schluss haben wir es übernommen, dem Jüngeren die Schulbildung auf die er ein Anrecht hat zu vermitteln. Dafür wendeten wir Wochenende um Wochenende auf. Seit der Diagnose sind wir plötzlich in einem Team. Wir bekamen Hilfe, unser Kind bekommt heute die Schulbildung, auf die er ein Recht hat!


    Jedoch, liebe andere Eltern, wir müssen weiterkämpfen und dazu lade ich euch alle ein. Unsere Kinder werden erwachsen. Es müssen für sie Ausbildungsplätze beschafft werden, sie müssen die Möglichkeit haben selbständig zu leben, etc... Die Anregung von Geisslein, bei Schwierigkeiten und Besonderheiten unserer Kinder nicht nur Eltern sondern auch Selbstbetroffene zu fragen, finde ich eine ausgezeichnete Idee. Ich habe diese Möglichkeit, ich kann an meine eigene Kindheit zurückdenken ich kann mit meinem älteren Sohn und mit meinem Mann über Auffälligkeiten des Jüngeren sprechen. Auch hier im Forum oder im Aspergerforum können uns Selbstbetroffene mit Tips und Anregungen weiterhelfen. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass jeder von Autismus betroffene Mensch so individuel unterschiedlich ist, wie jeder neurotypischer Mensch auch.


    Liebe Grüsse, Monica