Meine Tochter (16) hat die Diagnose erst gerade bekommen. Sie hat Kindergarten und Primarschule unerkannt in der Regelschule mit gemacht - die Meisterin im maskieren. Das stille Kind das immer dabei ist, gute Noten schreibt und mündlich nicht so toll ist. Kein Grund für irgendwelche Abklärungen. Die Oberstufe ist dann zur Katastrophe geworden.
Wir haben ohne es zu wissen Strategien entwickelt die helfen können einen Meltdown gar nicht erst entstehen zu lassen. Grundstäzlich gilt es Stress zu vermeiden. Bei meiner Tochter ist Stress = Kopfschmerzen = nichts geht mehr. Tönt einfach, hat aber bei pubertierenden Mädchen so seine Tücken. Ein Meltdown äussert sich bei ihr durch schreien, Türe zu knallen und ins Zimmer verschwinden wo sie dann das Kopfkissen malträtiert. In dieser Situation lässt sie niemand an sich heran. Ich lasse sie dann eIne Weile in Ruhe, mache dann aber das Angebot mit ihr zu reden wenn sie möchte. In der Vergangenheit hat sie auch schon mal Plüschtiere herum geworfen - und sich danach bei ihnen entschuldigt. Versucht für den Anfang mal heraus zu finden was Stress auslöst der dann zu einem Meltdown führen könnte. Oft lässt sich der Auslöser dann vermeiden und einen Meltdown damit gar nicht erst entstehen.
Meine Tochter hat auch eigene Strategien entwickelt. Unterwegs hört sie immer mit ihren Kopfhöhrern (noise canceling) Musik. Sie hat eine eigene Playlist auf dem Handy. Nun ja, daheim muss manchmal die ganze Familie mit hören - in voller Lautstärke natürlich. Zum Glück hat sie keinen besonders speziellen Musikstil und ist damit für uns erträglich. In der Regel macht sie aber nach einer Weile leiser und dann geht es gut. Vielleicht hilft es deinem Sohn ja auch wenn er seine Lieblingsmusik hören kann.
Was Medien angeht ist meine Tochter kürzlich zu mir gekommen: "Mami, ich brauche Puzzle. Weisst du, dann bin ich nicht so lange am Tablet." Sie hat eine eine alte Leidenschaft neu entdeckt. Also haben wir die ganze Wohnung nach Puzzle abgesucht die ihr gefallen. Da wir nicht das richtige gefunden haben durfte sie Puzzle auswählen und kaufen. Selbstverständlich müssen es 1000er sein. Wir haben jetzt eine Art Puzzle-Treffpunkt wo, wenn sie möchte, auch mal ihr kleiner Bruder oder ich mit helfen. Manchmal sind wir auch zu dritt dran. Meine Tochter teilt dann jedem eine Aufgabe zu damit es kein Durcheinander gibt. Sie hat da ihre eigene Strategie die von den anderen eingehalten werden muss. Schliesslich gehört das Puzzle ihr. Es kann für alle sehr entspannend sein.
Vielleicht gefällt deinem Sohn auch etwas mit dem die anderen Kinder nichts anfangen können. Solche Sachen können frustrierend sein und ebenfalls zu einem Meltdown führen. Versucht doch mal heraus zu finden ob das so ist und was es sein könnte.
Als Vorbereitung auf die Schule: Von Anfang an mit den Lehrpersonen Kontakt aufnehmen und informieren. Viele können mit der Diagnose ASS nichts anfangen oder haben veraltete Vorstellungen davon. Hier könnt ihr Hilfe dafür bekommen: http://www.asperger-kids.ch Sie macht auch Seminare und kommt falls gewünscht in die Klasse um die Mitschüler direkt zu informieren und Fragen zu beantworten. Hilft das alles nicht, macht ein Standortgespräch wo allenfalls auch die Schulleitung und jemand von der Schulbehörde dabei ist. So könnt ihr gemeinsam heraus finden welche Möglichkeiten ausser der Regelschule oder integrativ bestehen. Das geht von Schulhauswechsel über Kleinklasse bis zu Sonderschulen. Holt rechtzeitig Hilfe wenn ihr nicht weiter kommt. Das kann das kjz sein, der Schulpsychologische Dienst, unter Umständen auch die KESB. Bei der KESB kannst du dich auch einfach so melden ohne, dass es eine Gefährdungsmeldung gibt. Sie sind dazu verpflichtet euch zu helfen. Behörden haben einen anderen Zugang und mehr Möglichkeiten als wir Eltern oder die Schulbehörde. Mit dem Kinder Psychiater habt ihr schon einen guten Anfang gemacht.
Hat dein Sohn einen Freund? Falls ja, kann er eine grosse Hilfe sein. Einfach nur weil sie gut miteinander auskommen und auch Sachen besprechen können die mit den Eltern "nicht gehen". Wichtig ist hier die Eltern vom Freund gut zu informieren und zusammen zu arbeiten. Freundschaften können sich ja auch später noch entwickeln. Glaub mir, das ist Gold wert.
In letzter Zeit stelle ich bei mir selbst vermehrt fest, dass dies nicht spurlos an mir vorbei geht. Nach 2,5 Jahren täglich gehauen und beschimpft zu werden geht dies mir zunehmend nahe. Auch fühle ich eine permanente Anspannung, immer in Erwartung des nächsten Ausbruchs. Dies kann auf Dauer kein gesunder Zustand sein.
Wir Eltern sind auch nur Menschen! Sorgt für eine regelmässige Auszeit. Das kann ein Abendessen sein, ein verlängertes Wochenende oder auch vielleicht wieder mal in den Ausgang gehen. "Wenn es mir gut geht, geht es dir auch gut." wird dein Sohn sicher verstehen. Wichtig ist hier, dass ihr eine Vertrauensperson für euren Sohn habt bei der er sich wohl fühlt.