Neulich im Fast-Food-Restaurant: Jonas' Augen waren wieder einmal hungriger als sein Magen. Das Ergebnis: Pommes und einige Chicken Wings liegen bereit für ihre letzte Reise in den Abfall. Das muss besprochen sein, dachte meine Frau Nicole - mit dem Ergebnis, dass die Stimmung 'leicht' absackte.
An und für sich nichts Aussergewöhnliches. Welcher junge Mann wird schon gerne von der Mutter kritisiert? Auch der nachfolgende österliche Grosseinkauf im Supermarkt erfolgte in etwas angespannter Atmosphäre. Bis Jonas an der Kasse von einer ehemalige Schulkollegin mit einem strahlenden Lächeln angesprochen wurde. Es entwickelt sich ein kurzes, ganz einfaches, von vollständiger Offenheit und unvoreingenommener Freundlichkeit geprägtes Gespräch zwischen den beiden. Danach sagte mir Jonas begeistert: "Das Gespräch mit Sarah hat mir wieder super gute Laune gemacht."
Wie gelingen Menschen mit Autismus soziale Kontakte? Indem sie immer wieder geübt werden. Und indem durch viele - erfolgreiche - soziale Kontakte Sicherheit und Vertrauen in die eigenen sozialen Kompetenzen entwickelt werden.
Ein anderes Beispiel: Jonas und ich sind seit Jahren Mitglieder in einem Gospel Chor namens mim chor&band. Jonas singt zwar selten mit, er ist aber fast immer dabei, auch bei den Auftritten. Können wir einmal nicht in die Probe, dann 'stinkt' ihm dies gewaltig (was ich in der Regel gehörig zu hören bekomme). Natürlich gefällt Jonas unsere Musik. Was Jonas aber besonders gefällt, sind die sozialen Kontakte. Die Chorproben und insbesondere das gemütliche Beisammensein danach bei Fanta, Bier - und in seinem Fall Eistee, sind ein hervorragendes Experimentierfeld für soziale Kontakte - die ausnahmslos erfolgreich sind: Komplimente machen, sich gegenseitig hochnehmen, Witze reissen und herumschäkern - alles kann in sicherer und von vorbehaltlosem Wohlwollen geprägtem Umfeld geübt und ausprobiert werden. Da geht zwar auch das Eine oder Andere schief - das kann man aber besprechen (natürlich nicht mit dem Vater - aber bei allen anderen funktioniert's ) und die sozialen Kontakte sind ausnahmslos erfolgreich. Das schafft Sicherheit - das schafft (Selbst)vertrauen. Für mehr schöne und auch für Menschen mit Autismus so wichtige Begegnungen mit anderen Menschen!
PS: Ein Umfeld, in welchem sich unser Sohn im Hinblick auf soziale Kontakte entwickeln kann, schaffen wir durch Transparenz, Offenheit und immer wieder erklären, worum es geht und was wichtig ist. In der Regel kommt dabei vorbehaltloses Wohlwollen sowie Wille und Bereitschaft zur bedingungslosen Teilhabe zurück. Das tut auch uns Eltern sehr gut!