Sohn beschimpft uns, Bekannte und Fremde

  • Guten Tag


    Ich bin Mutter einer Tochter (mit frühkindlichem Autismus) und einem Sohn (Verdachtsdiagnose frühkindlicher Autismus). Unser Sohn wird bald vier Jahre alt und beschimpft uns, Bekannte und auch Fremde mit üblen Schimpfworten. Hat jemand Erfahrungen damit und wie seid ihr damit umgegangen?

    Eine weitere Schwierigkeit mit ihm ist, dass er sich nicht selber beschäftigen kann. Wir müssen den ganzen Tag im - eins zu eins-sein mit ihm sonst fängt er an zu provozieren, Dinge zu tun die er nicht soll usw. Das ist unheimlich kräftezerrend. Auch hier würde ich mich über Erfahrungen von Euch freuen.


    Liebe Grüsse


    Autismmom

  • Hallo!

    Euer Problem kennen wir nur allzu gut. Unser Sohn ist mittlerweile 8, und es ist leider immer noch so, dass er uns und andere beschimpft. Phasenweise ist es besser, dann wieder schlechter. Ich habe gelernt, es weitestgehend zu ignorieren, denn empörtes Reagieren, Verbieten, etc. haben nicht geholfen. Zuhause ist dies kein Problem, unter Leuten kann es ganz schön nervenaufreibend sein.

    Zuerst gilt es heraus zu finden, in welchen Situationen euer Sohn beschimpft. Ist es Wut, Verzweiflung, will er testen, wie die Leute reagieren? Diese Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen, ist dann natürlich am Effektivsten (wenn auch nicht immer möglich, klar!).

    Mit Bekannten würde ich das Thema besprechen und sie bitten, die Schimpfworte zu ignorieren. Und bei Fremden habe ich die Erfahrung gemacht, dass es am besten ist, sich höflich bei den Leuten zu entschuldigen, die euer Sohn beschimpft, und so ruhig wie möglich zu bleiben. Je mehr innere Ruhe und Stärke ihr ausstrahlt, desto beruhigender ist das auch für das Kind. Nicht darauf eingehen, das Thema wechseln, das Kind auf irgend etwas aufmerksam machen, ablenken, sanfter Körperkontakt, wenn er das mag.

    Später, wenn die Situation vorüber ist und die Stimmung wieder gut, reden wir dann immer mal wieder mit unserem Sohn über die Wörter, die er benutzt. Wir erklären ihm , was sie bedeuten und warum wir nicht wollen, dass er sie benutzt. Wir erlauben ihm, wütend zu sein und uns dies auch mitzuteilen, aber sachlich (bspw. ist "ihr nervt mich!" erlaubt, nicht aber "ihr Arschlöcher").

    Praktisch kann er dies noch nicht wirklich umsetzen, aber wir sind überzeugt, dass es trotzdem sinnvoll ist, mit ihm über die Beschimpfungen zu reden und ihn zu motivieren, sich anders auszudrücken. Steter Tropfen höhlt den Stein, hoffen wir.


    Auch das andere Problem kennen wir gut, das hat sich bei uns aber sehr stark gebessert. Unser Sohn geht einmal die Woche in die Ergotherapie, die dahingehend viel bewegt hat. Gut funktionieren bei uns zum Beispiel auch Hörspiele. Und klare Ansagen, schon früh genug ("heute muss ich dann und dann ein wichtiges Telefonat führen. Was willst du in dieser Zeit gerne machen? Etwas malen? Und dazu was gutes Essen? Ok. Ich berichte dir danach, wie das Telefonat gelaufen ist." - so in der Art). Ich habe versucht, seine "eigene Zeit" attraktiv zu gestalten. Und ihm aufzuzeigen, dass es toll ist, wenn die anderen nicht immer wissen, was man gerade so macht. Dass das eigene Zimmer ein schönes, geheimes Revier sein kann (oder eine Ecke in einem Zimmer, in der man eine Höhle, ein Zelt o.ä. gebaut hat, nur für ihn).

    Irgendwann braucht es dann diese Ansagen und Absprachen nicht mehr, im besten Falle.


    Viel Kraft und Freude mit Euren Kindern weiterhin!

  • Liebe/ Lieber Atoba


    Ich möchte mich sehr herzlich für die ausführliche und wertvolle Antwort bedanken! Es tut gut zu lesen, dass es auch noch andere betroffene Eltern gibt die das Gleiche oder ähnliches durchmachen oder durchgemacht haben. Ich habe auch noch Ihre anderen Antworten auf Fragen gelesen und konnte auch da einiges wertvolles mitnehmen.

    Die Hörspiele, besonders wenn es um Dinos geht, funktionieren prima.

    Was die Schimpfworte betrifft werde ich mich künftig einmal genauer achten wann diese gebraucht werden. Ich vermute, dass es stark mit Überforderung zu tun hat.

    Ich wünsche Ihnen alles Liebe für sich und die Familie.


    Herzlicher Gruss


    Autismmom