Der kleine Bilderrahmen

  • Ich möchte gerne eine kleine Geschichte erzählen.
    Ich war letztens bei einem Aspie eingeladen worden. Meine aufregung war gross und ich wollte umbedingt als Dankeschön etwas mitbringen.
    Am Vortag kaufte ich also Schokolade und dann fand ich beim vorbei schländern im Laden, einen kleinen Holzbilderrahmen.
    Ich nahm es in den Händen und fing es gedanklich schon an zu gestalten.
    Also kaufte ich denn kleinen Bilderrahmen. Zuhause fing ich sofort damit an in zu malen und gab mir grosse Mühe, dabei. Am Schluss war ich mit dem Ergebniss sehr zufrieden.
    Am nächsten Tag übergab ich glücklich mein Geschenk. Es wurde kurz gedreht, betrachtet und mir wurde erklärt er würde keinen Nutzen für ihn finden.
    So bekam ich meinen Bilderrahmen zurück. Ein hauch von enttäuschung überkam mich.
    Gefiel ihm mein Geschenk etwa nicht? Nein, dass hatte er nicht gesagt.
    Plötzlich lächelte ich, dachte nach, und schmunzelte noch etwas in mich hinein.
    Noch nie hatte jemand auf so eine ehrliche weise ein Geschenk von mir abgelehnt.
    Plötzlich empfand ich das schön, irgendwie angenehm. So viel Ehrlichkeit zu begegnen.
    Da wurde mir klar wie oft ich Dinge geschenkt hatte bei denen ich es sogar den Leuten ansah das es ihnen entweder nich gefiel oder sie kein nutzen dafür finden würden.
    Diese Leute nahmen meine Geschenke immer dankend an und belügten mich wie schön es sei, danach wurden die Geschenke wahrscheinlich irgendwo in einem Schrank gestaut und später vielleicht fortgeworfen. Nein dieser Mensch dem ich gegenüber stand hatte mir auf ehrlichste weise mein Geschenk abgelehnt und sogar erwähnt ich solle es jemandem schenken der freude daran hätte. Nun hängt der Bilderrahmen in meinem Zimmer.
    Ich danke diesen Menschen sehr für seine Ehrlichkeit die für ihn ganz selbstverständlich dazugehört, dies aber keines Falls Selbstverständlichkeit ist.

  • Hallo Karen


    Vielen Dank für Deine Geschichte. Für Deine Fähigkeit so differenziert zu zuhören,
    zu erkennen und zu wertschätzen, statt in der Enttäuschung hängen zu bleiben
    und vielleicht sogar böse zu sein, danke ich. Jetzt hast Du eine schöne Erinnerung
    in Deinem Zimmer hängen und vielleicht wirst Du eines Tages ein Foto einlegen?


    Gruss Nic


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  • Hallo Karen


    Auch ich erzähle Dir eine Geschichte.


    Mein Sohn war 11 J. alt und im Internet fand ich ein Inserat: "Spielenachmittag"
    Also gingen wir dorthin und da waren alles ältere Menschen, die miteinander
    spielten. Brettspiele und Kartenspiele. Das gefiel uns und wir durften mitspielen.
    Eine Frau an unserem Tisch gewann auffällig häufig und sie sagte: "Glück im
    Spiel, Pech in der Liebe." Mein Sohn antwortete ernsthaft und voller Mitgefühl:
    "Das glaube ich Dir." Sie ziemlich heftig: "Du solltest Dich entschuldigen."
    Er: "Wieso?" Ja, wieso eigentlich? Wie erklärt man einem 11 J. alten Jungen,
    dass sein Mitgefühl nicht erwünscht ist?


    Gruss Nic


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  • Hallo Nic


    Danke für deine Geschichte. Es freut mich das dir meine gefallen hat.


    Dazu fällt mir auch eine Geschichte ein, denn Kinder auch nicht Autisten sind allgemein sehr ehrlich.
    Es wird uns mit der Zeit beigebracht nicht die wahrheit zu sagen und nicht zu direkt zu sein.


    Ich war sehr klein vielleicht 5 oder so, als mir eines Tages eine ältere Frau begegnete. Sie meinte sehr freundlich: Hat dir schon mal jemand gesagt das du wunderhübsch bist?
    Ich sagte sehr selbstbewusst: ja. Es war schliesslich die Wahrheit. Die Frau machte grosse Augen blickte meine Mutter an und sagte ihr sie solle mich besser erziehen.
    Ich würde zu sehr von sebstbewusstsein streuen und das wirke sehr arrogant und das schon in diesem Alter.
    Meine Mutter lächelte innerlich, sie war mir nicht böse aber brachte mir bei das ich bei so einer Frage nicht antworten müsse und mich nur bedanken sollte.
    Ich verstand damals gar nichts aber ich lernte es. Komisch wie man schon als Kind zurecht gebogen wird damit man den anderen angenehm wird?


    Gruss Karen

  • Hallo Karen


    Zitat von Karen
    Ich verstand damals gar nichts aber ich lernte es.


    Ja, das hast Du, das kann man auch an Deinen Beiträgen
    erkennen. Auch mein Sohn lernte viel dazu u. würde heute
    sein Mitgefühl nicht mehr auf diese Weise mitteilen.


    Gruss Nic


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  • Hallo Karen


    Zitat von Karen
    Meine Mutter lächelte innerlich, sie war mir nicht böse aber brachte mir bei,
    dass ich bei so einer Frage nicht antworten müsse und mich nur bedanken sollte.


    Diese Geduld in der Erziehung ist ein gutes Beispiel, danke.
    Wir Eltern brauchen nicht nur viel Geduld mit unseren Kindern,
    auch für die Reaktionen der Umwelt braucht man starke Nerven
    und darf sich nicht durch diese verunsichern lassen. Der Glaube
    und das Vertrauen in die Fähigkeiten unserer Kinder ist wichtig.


    Es gibt Kinder, welche mehr Zeit und Förderung benötigen.
    Das darf uns nicht zweifeln lassen, dass sie dennoch glückliche
    Menschen sind und nach ihren Möglichkeiten einen Weg finden.


    In der oben von mir beschriebenen Situation war es für mich recht schwierig,
    meinen Sohn öffentlich erzogen zu sehen, auf eine Weise, die ich nicht befürwortete.
    Die Frau hätte sich m.E. so wie in Deinem Beispiel an mich wenden sollen. Aber so
    etwas kann man nicht beeinflussen und machte die Situation für mich schwierig, auf
    welche Weise ich mich nun einzuschalten habe, da die Frau sich beleidigt fühlte und
    an und für sich zurecht eine Entschuldigung einforderte und offenbar nicht mit solch
    einer Gegenfrage von meinem Sohn gerechnet hat, hat sie mich zwischen zwei
    Fronten gelotst, die ich beide verstand und keinen noch mehr verletzen wollte. Es
    wäre einfacher gewesen, hätte sie die Verantwortung und Vorgehensweise gleich
    mir als Vater übergeben / überlassen.


    Gruss Nic


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