Sind Asperger diensttauglich ?

  • Mein Sohn, bald 19, Diagnose AS, wird zur Aushebung einberufen. Er ist blitzgescheit, Die Schuljahre gut überstanden und nie negativ aufgefallen. Im Moment in der Ausbildung, alles einwandfrei und jeweils Bestnoten. Vor dem einrücken mussten wir einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Lange haben wir gezögert und schliesslich die Asperger Diagnose erwähnt. Marschbefehl, einrücken nach Sumiswald. Ersten Tag gut überstanden. Mein Sohn ist motiviert und will unbedingt in die Armee. Am zweiten Tag holt er sogar noch ein Sportabzeichen. Ich bin erleichtert und sicher, dass sie ihn nehmen werden. Dann wird er plötzlich noch am selben Abend nach Hause geschickt. Begründung: Asperger ist Autismus und wir nehmen keine Autisten !!!
    Das ist diskriminierend, verletzend und einfach unglaublich.
    Wer hat ähnliche Erfahrungen gemacht, oder auch bessere? Ist ein Rekurs sinnvoll? Bin dankbar für Tipps und Erfahrungen.

  • Inzwischen habe ich noch mehr Informationen. Bis zum Gesundheitscheck verlief alles gut. Dann kommt er zu einem Assistenzarzt, der erst einmal in Büchern nachschauen musste, was das Asperger Syndrom überhaupt ist. Dieser wusste dann nicht weiter und hat meinen Sohn zu einer Psychologin geschickt. Mit der hat er sich dann eine Weile unterhalten, und sie hat ihm bestätigt, dass überhaupt nichts dagegen spricht, dass er die Rekrutenschule absolviert. Dann ging's weiter zum 'Hauptarzt', der den Entscheid zu fällen hatte. Und der hat dann eben gesagt, dass Asperger gleich Autismus sei, und Autisten werden nicht in die Armee aufgenommen.
    Ha !!! Wenn die wüssten, wie viele Asperger bereits in der Armee sind, und das zum Teil in ranghohe Positionen!!


    Darum hier mein Ratschlag an alle zukünftigen Rekruten: Wenn ihr wirklich einrücken wollt, Asperger verschweigen!!!! Die Armeeärzte wissen noch viel zu wenig bis gar nichts darüber, stecken euch in eine Schublade die da heisst: Doppelt untauglich!!

  • angie


    das tut mir sehr leid, andererseits ist es für uns gute Nachrichten denn unser bald 15jähriger macht sich schon seit einiger Zeit gerade deswegen grosse Sorgen und hat auch schon über seine Psychiaterin abklären lassen, inwieweit seine Chancen zur Dienstbefreiung stehen. Niemand wusste offenbar dass beim Militär diese Diagnose schon in sich Ausschlusskriterium ist... .


    Trotzdem viel Erfolg, eigentlich sollten die ja über jeden hochmotivierten Freiwilligen auf den Knien dankbar sein!!!

  • Unser älterer Sohn, ebenfalls AS, hat mit Mühe und Not eine halbe RS geschafft - damals noch ohne etwas von Asperger zu wissen. Dann kam die Diagnose Asperger Syndrom und er wurde sofort für untauglich erklärt. Das ist mit dieser Diagnose überhaupt kein Probem. Aber es gibt eben auch junge Leute mit AS die gerne Wehrdienst leisten möchten und sicher auch absolut dazu befähigt sind. Da finde ich diese sture Haltung diskriminierend. Man kann ja nicht einfach alle Asperger in denselben Topf werfen.

  • Als Arzt mit dem Spezialgebiet Asperger-Syndrom werde ich natürlich auch regelmässig in das Thema "Diensttauglichkeit" einbezogen.
    Die hier in diesem Forum angesprochenen Probleme und Widersprüche sind m.E. sehr typisch für dieses Thema. Dies hat verschiedene Gründe:
    1) Asperger-Syndrom ist eine klinische Diagnose mit einer grossen Vielfalt an Symptomen und Betroffenheitsgraden. Es gibt weder ein "typisches" Asperger-Syndrom noch gibt es klare und allgemein akzeptierte Richtlinien, wie diese Diagnose gestellt wird und wo die Grenze zum Neurotypischen verläuft. Es gibt auch keinerlei Konsens, was man mit dieser Diagnose alles kann bzw. nicht kann oder was man darf bzw. nicht darf.
    2) Unter den Betroffenen gibt es viele (ich nehme an die grosse Mehrheit), die keinen Militärdienst leisten wollen bzw. sich einen solchen Dienst nicht zutrauen. Andere hingegen möchten unbedingt Dienst leisten, um zu beweisen, dass sie dazu fähig sind.
    3) Als behandelnder Arzt betrachte ich nicht die Diagnose "Asperger-Syndrom" per se als Hinderungsgrund für den Militärdienst, sondern die damit allenfalls verbundenen Besonderheiten wie Stressintoleranz, sensorische Überempfindlichkeiten, Angst vor grossen Menschenansammlungen, usw. Wenn jemand trotz solcher Besonderheiten Militärdienst leisten möchte, dann würde ich ihm sicher nicht im Weg stehen. Aber: die Entscheidung, ob jemand diensttauglich ist, wird schlussendlich von Militärärzten gestellt. Diese haben entweder keine Ahnung von Asperger-Syndrom und treffen deshalb Fehlentscheide oder zumindest fragwürdige Entscheide. Oder sie haben sehr wohl eine Ahnung und handeln nach dem Prinzip: keine Risiken eingehen, auf Nummer sicher gehen, und deshalb grundsätzlich ablehnen.


    Ich bin der Meinung, dass man nicht verpflichtet ist, die Diagnose "Asperger-Syndrom" offenzulegen, sei es beim Militär oder bei einer Stellenbewerbung. Die Offenlegung hat Vor- und Nachteile bzw. Risiken, die Geheimhaltung ebenso.
    Wenn jemand einzig auf Grund der Diagnose Asperger-Syndrom von einem Beruf oder vom Militär ferngehalten wird, dann ist das eine Diskriminierung und kann/sollte rechtlich angefochten werden.

  • Besten Dank für die professionelle Einschätzung!!! Unser Sohn wurde sowohl vom Hausarzt als auch von der Psychologin als absolut diensttauglich eingeschätzt. Ich selber denke, dass ihm der militärische Drill entgegenkommt. Sensorische Überempfindichkeit ist wenig ausgeprägt und auch die Menschenansammlungen sind kein Problem. Genaue, 'militärische' Anweisungen sind sehr willkommen! Das einzige Problem das ich sehe sind die Kollektivstrafen, wenn er alles richtig macht, und für etwas bestraft wird, das andere verschuldet haben. Aber die innere Wut und das 'bocken' wird er sich wie immer für zuhause aufsparen.
    Wir werden Rekurs einlegen!

  • Ja, wenn du doppelt dienstuntauglich geschrieben wirst (nicht Militär- und nicht Zivilschutztauglich), so musst du trotzdem bezahlen. Genau deshalb will mein Sohn unbedingt ins Militär - weil er nicht zahlen will ;-)

  • Also ich finde das ziemlich fies, es gibt sehr viele Asperger-Leute die benehmen sich völlig normal, und man merkt den Unterschied zu normalen Leuten gar nicht, wenn sie es selbst nicht erwähnen! Und besonders Leute mit dem Asperger-Syndrom sind manchmal sehr intelligent, intelligenter als sogenannte "Normalos sogar!" ;D Sie selbst würden nie einfach jemanden aus der Gesellschaf ausschliessen warum sollte man denn auch? Normalos hingegen schon! , Die Gesellschaft braucht manchmal einfach irgendeinen Grund um jemanden ausschliessen zu können, weil sie vor irgendetwas Angst haben!


    Asperger-Leute allerdings sind keinen Gesellschafts-Zwängen ausgesetzt, die es bei normalen Leuten einfach irgendwie sagt, dass sie dies und jenes jetzt tun müssten und es wäre besser, wenn sie dies und jenes tun würden! Dies macht es bei Asperger-Leuten nicht automatisch weil sie nicht wissen, warum sie jetzt dies tun müssten?


    Dabei kommt es doch drauf an, wie sich jemand benimmt und nicht welche Diagnosen jemand gestellt bekommen hat?!

  • Weis jemand ob man an der Aushebung generell teilnehmen muss oder ob man sich durch einreichen der Diagnose davon abmelden kann? Die Aushebung ist für manche sicher eine grosse Herausforderung. Welche Unterlagen bräuchte es dafür? Mit welchem zeitlichen Vorlauf müsste man rechnen?