Mir fällt je länger je mehr auf, dass man mich nicht mehr ernst nimmt. "Der hat doch das Asperger-Syndrom und versteht alles falsch. Weisst du, das ist eines der Probleme, die solche Leute haben" - so in etwa erlebe ich viele Begegnungen. Besonders fällt mir dies bei Leuten auf, die von meiner Andersartigkeit wissen. Hinter vorgehaltener Hand - dennoch:gut spürbar. Immer häufiger nimmt man mir das Heft aus der Hand und bevormundet mich. So in der Art von: Lass mich mal, ich mach das für dich. Hilfe ist ab und zu natürlich gut, doch wenn ich eine solche benötige, dann melde ich mich von mir aus. Ich habe ja seit der Diagnose das Sprechen nicht verlernt.
Es ist erniedrigend, zu spüren, dass man mich als Dubbeli hinstellt und dementsprechend behandelt. Warum soll ich auf einmal "alles" falsch verstehen? Nur weil ich anders denke heisst das noch lange nicht, dass ich nicht mehr weiss, wo hinten und vorn ist. Bis zu meiner Diagnose AS habe ich mich in der Welt zurechtgefunden und jetzt, nur weil die Leute etwas "wissen", soll sich das geändert haben? Ich bin immer noch derselbe wie vorher, nur begreifen das die Leute nicht und das nervt gewaltig.
Ich bin davon überzeugt, dass mich das Wissen um meine Andersartigkeit in Kombination mit meiner schon immer erlebten Hypersensibilität heute noch deutlicher Wahrheiten erkennen lässt hinter dem, was gesagt wird, aber nicht gemeint ist. Die Leute, denen ich die Manipulation, mit welcher sie mich in eine gewisse Richtung lenken wollen, regelrecht ins Gesicht geschrieben sehen kann, versuchen mich dann über die Schiene des Vorwurfs alles falsch zu verstehen, aus dem Konzept zu bringen.
Ein Autist ist ein Autist, das wird man nicht einfach mit dem Erhalt einer Diagnose. Es ist unheimlich anstrengend, gegen diese sich hartnäckig am Leben haltende Einstellung anzugehen. Besonders schmerzhaft ist diese, wenn es sich bei denen, die eine solche einnehmen, um Familienangehörige handelt.
So weit es geht, vermeide ich immer häufiger Zusammentreffen mit Leuten. Das bedeutet nicht, dass ich mich Zuhause verkrieche, ich suche ab und zu mal das "Bad" in der Menge, in dem ich in die Stadt fahre und die Leute um mich herum beobachte. Ich mag Menschen, würde gerne welche kennenlernen, die vielleicht ein Quäntchen tolerant und offen mir gegenüber wären. Auch als Autist weiss ich, was Toleranz bedeutet.
Autisten sind anders aber nicht bekloppt. Autisten verstehen oft mehr von der Welt als die sogenannt Normalen. Autisten spüren Nuancen eher, sehen vieles aus einer anderen Perspektive, nehmen andere Standpunkte ein und sind oft ehrlicher als andere. Das sind durchaus positive Aspekte, die jedoch in der Welt da draussen nicht gerne zur Kenntnis genommen werden.
Ich kämpfe darum, dass es irgendwann mal zu einer grösseren Akzeptanz von Andersdenkenden in unserer Gesellschaft kommen wird. Denn so, wie ich die Welt heute wahrnehme, ist es kein Schleck, sich dauernd behaupten zu müssen.
Regenbogen