Es ist bekannt, dass ASS eher Einzelgänger sind und sich in der Regel wenig um soziale Kontakte kümmern. Sie sind mit sich und ihren Strukturen in gewissen Lebensabschnitten beschäftigt, was absolut in Ordnung ist. Bei mir war das nicht anders, will heissen ich dachte nie über das Altwerden nach.
Mein Fokus richtete sich hauptsächlich nach Aussen, sprich meine Interessen nahmen meine geistigen Ambitionen voll in Anspruch. Doch nun, ich stehe als IV-Rentner mitten in den Fünfzigern, schleicht sich eine Irritation in meine Gedanken: Das Alter! Ich stehe nicht mehr im Berufsleben, mein Geist hat keine Aufgaben mehr im Aussen und so richten sich die Gedanken je länger je mehr auf mich selbst. Was da zutage tritt ist erschreckend: ich bin nämlich allein. Die sogenannten Spezialinteressen büssen ihre Wichtigkeit ein, verlieren sich im Nebel der Vergangenheit, was erstens erschreckend und zweitens traurig ist. Warum geschieht so etwas? Im Alter verlieren ungewollt, wie ich feststelle, die liebgewordenen Prioritäten an Wert. Der alternde Mensch kehrt seinen Fokus offenbar - so habe ich gelesen - ermehrt in sich hinein. Warum? Dieses eine Wort stellt sich immer häufiger in den Vordergrund. Warum kann ich beispielsweise nicht mehr so weit wandern? Warum verliere ich das Interesse an dem oder jenem, was mir einst wichtig schien? Warum? Ad infinitum absurdum.
Viele, die älter werden und nicht mehr im Berufsleben stehen, widmen sich beispielsweise karitativen Aufgaben, übernehmen Ehrenämter oder unternehmen Weltreisen. Doch wie sieht das für mich als älter werdender ASS aus? Ich kann nicht mit Menschen umgehen, also scheiden die obgenannten Optionen schon mal aus. Weltreisen? Nein, dafür fehlen mir die Mittel sowie auch der Mut. So kehre ich immer tiefer in mein Inneres ein, kapsle mich noch mehr von der Aussenwelt ab, werde zu einem Reisenden zu einem Kontinent, den ausser mir niemand je kennenlernen wird und das kann zu Angst führen. Fragen, wie zum Beispiel ob ich jetzt komplett anfange zu spinnen oder kauzig werde, sind nicht von der Hand zu weisen. Wie wird man mit ASS denn alt? Wie kann ich diesem Lebensabschnitt, den manche als den goldenen bezeichnen, eine Lebensqualität abgewinnen, der für mich als Denker Sinn ergibt?
Weiter soll mit dem Alter auch Weisheit entstehen. Wunderbar, so gesehen bin ich also weise. Ja, und was fange ich damit an? Was, wenn ich meine Weisheit niemandem mitteilen oder daran teilhaben lassen kann? Ein Buch darüber schreiben? Wer will so was verlegen, bzw. lesen? Wieder dieses wunderbar mysteriöse Wort: Warum?
Ein spannendes Thema, doch wer denkt darüber nach? Ich auf jeden Fall und vielleicht andere auch, denn alt werden wir alle, egal ob ASS oder NT.
Regenbogen