Hallo zusammen
Ich bin ein 19 Jahre alt und wurde schon mit 3 oder 4 Jahren mit dem Asperger-Syndrom diagnostiziert. Man hat dann gesagt, ich könnte später kein oder fast kein selbstständiges Leben führen, da der Asperger bei mir recht stark ausgeprägt war.
Danach habe ich sofort eine Therapie angefangen, ich lernte Reflexe, die mir fehlten, wie man Blickkontakt aufbaut wenn man mit jemandem spricht, mich in andere Personen hineinzuversetzen usw. Der Erfolg war gross, als kleines Kind hatte ich noch das eine oder andere Problem, aber ich lernte auch nach der Therapie weiter den Umgang mit anderen Menschen und jetzt bin ich schon soweit, dass ich als Student in einer 6er WG lebe und nie Probleme mit meinen Mitbewohnern habe
Jedoch merke ich immer noch, dass ich mich ziemlich von normalen Menschen unterscheide im Verhalten und in der Denkweise.
Daher meine Frage: Gibt es Leute unter euch, die auch ihren Autismus/Asperger "geheilt" bekommen haben und falls ja, wie seid ihr? Ich frage, weil ich mehr über meine Identität wissen will. Bin ich so wie ich bin, weil das typisch für so ein "geheilter" Asperger ist, oder weil ich mich selber bin?
Einige Infos zu mir:
Ich bin ein sehr selbständiger eher Einzelgänger, der aber auch gerne mit anderen Menschen zusammen ist :). Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht sehr gesprächig bin. Ich bin auch ein recht langsamer Denker, ich glaube das liegt daran, dass ich ein schlechtes Arbeitsgedächtnis habe. Man kann aus meinen früheren IQ-Tests und post-therapeutischen IQ-Tests gut sehen, dass mein Arbeitsgedächtnis auf Kosten meiner Kommunikationsfähigkeiten stark abgenommen hat. Ich mag zwar doof wirken weil ich langsam denke, aber dafür freut es mich, dass ich mit anderen Menschen zusammen sein kann. Mir gefällt es so viel besser. (d.h. langsamer denken als nicht kommunizieren können finde ich besser). Ich konnte aber meine Begabung im logischen denken behalten.
Ich habe extrem starke moralische Vorstellungen/Gerechtigkeitssinn, die aber trotzdem sehr flexibel sind. Damit meine ich folgendes: Ich würde nicht sagen, dass z.B. stehlen immer etwas böses ist und dass man es nie tun darf. Im Normalfall ist es etwas sehr Schlechtes, aber wenn die Umstände dazu aufrufen, (weil man z.B. einen krankes Kind hat und sich das nötige Medikament nicht leisten kann) dann kann ich auch mit Überzeugung sagen, dass es vielleicht. die einzig richtige Handlung ist.
Ich bin auch jemand der immer zuerst an andere Leute denkt und dann an mich selber denkt. Ich helfe gerne anderen Leuten, und sehe immer das Gute an den anderen Menschen. Es wäre glaube ich nicht falsch wenn ich behaupten würde, dass ich zu naiv bin.
In meiner Freizeit spiele ich gerne Schach seit ca. 12Jahren und habe auch mit Karate angefangen. Für das, dass ich so lange Schach spiele bin ich aber nicht besonders stark... Aber es macht trotzdem Spass
Ich habe aber noch kleinere Mängel bei der Kommunikation: Ich kann überhaupt nicht Flirten... Obwohl ich irgendwann einmal eine Freundin/Partnerin haben will... Vielleicht muss ich einfach noch üben den Blickkontakt mit anderen Menschen länger aufrechtzuerhalten und mehr auf die anderen Leute bei Gesprächen einzugehen. Irgendwie geht es halbwegs gut und dann doch nicht und dann bin ich viel trauriger als auf diesem Emoji hier: . Es ist aber gut wahrscheinlich dass ich noch mehr Mängel habe, dessen ich mir aber nicht bewusst bin...
Danke fürs Durchlesen, falls ihr auch Dank/wegen einer Therapie den Umgang mit anderen "normalen" Menschen gelernt habt, würde es mich freuen wenn ich euch beschreiben/Erfahrungen schildern könnt, damit ich weiss, dass es auch andere ähnliche Leute gibt und wie diese sind.
Grüsse von Schachspieler