Ich brauche bitte Hilfe

  • Hallo ihr lieben,

    ich bin Mama eines 19 jährigen Sohn, bei welchen vor 4 Jahren Autismus Spektrum Asperger diagnostiziert wurde. Ich weiß das dies hier ein Schweizer Forum ist, jedoch stammen wir aus Österreich.

    Bis letztes Jahr September ging eigentlich alles gut, doch dann wurde mir die Schilddrüse entfernt. Als ich vom Krankenhaus wieder nach Hause kam, durfte ich meine Sohn nicht mehr berühren. Das war der Anfang von einer Katastrophe. Ich akzeptierte natürlich seinen Wunsch, ihn nicht mehr zu berühren. Ich war eigentlich von Geburt an die Bezugsperson für meinen Sohn, nun war mein Mann an der Reihe, jedoch ging dann irgendetwas schief und ich war wieder seine Bezugsperson. Jedoch hatte sich etwas verändert. Mein Sohn hatte ständig Angst, dass sein Körper nicht sauber ist, wollte sich jedoch nicht duschen oder waschen. Was ich als seltsam empfand, denn das war eigentlich nie ein Thema. Er hatte nie Probleme mit Wasser. Auch als ich ihn versucht hatte zu Fragen, was denn los sei, bekam ich keine Antwort.

    Seine Ängste wurden immer größer und ich schlug ihm vor das wir Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen sollten. Er lies sich darauf ein, jedoch war das ein Griff ins Klo. Wenn ich das so schreiben darf. Danach ging es ihm nicht besser, sondern noch schlechter. Also entschied "er" sich dafür dass er in eine Psychiatrische Klinik möchte, denn da können sie ihm bestimmt helfen. Das war der Beginn eines regelrechten Albtraumes. Die Klinik war offensichtlich nicht auf Autisten ausgelegt und so wollte man meinen Sohn gemeinsam mit einem Drogensüchtigen oder Alkoholiker in ein Zimmer legen. Mein Sohn willigte erst ein, was mich sehr erstaunt hat, jedoch wollte ich ihn nicht beeinflussen, wobei das bei meinem Sohn sowieso nicht funktioniert. Es dauerte nicht lange und mein Sohn hat die Flucht aus der Klinik ergriffen.

    Seither sind seine Ängste und Paniken extrem gestiegen und ich habe den Zugang zu ihm komplett verloren. Seither durfte ich ihn wieder nicht berühren oder trösten. Auch möchte er mich nicht in seiner Nähe haben. Nur wenn er es möchte, darf ich mich nähern. Wir haben zum Glück ein Haus, wo wir einstmals Zimmer vermietet hatten und so bin ich mittlerweile, um meinen Sohn den Raum zu geben den er braucht, in ein ehemaliges Gästezimmer umgezogen. Jedoch ist mein Mann mittlerweile stark überfordert.

    Mein Sohn weigert sich Kleidung anzuziehen, sich zu waschen, geschweige denn das Haus zu verlassen. Er hat Angst vor "bösen Menschen" und "bösen Partikeln".

    Es darf kein Staubsauger, Staubtuch, Besen oder sonstiges was die Wohnung reinigen würde verwendet werden. Ich musste das gesamte Haus desinfizieren. Wir dürfen den Ort nicht mehr verlassen, weil er sonst Panik Attacken bekommt.

    Die Angst vor bösen Partikeln treibt ihn soweit, dass mein Mann ihn an den unterschiedlichsten Körperstellen berühren muss und ihm erklären muss dass er nur "kalt und schwitzig" ist. Sagt er das nicht, hat mein Sohn Angst, dass böse Partikel auf seinem Körper sind.

    Trotz aller Bemühungen, jeglichen Versuchen ihm zu sagen, dass alles in Ordnung ist, das es keine bösen Partikel gibt, kommen wir zur Zeit nicht zu ihm durch.

    Ich bin verzweifelt und weiß mir keinen Rat mehr. Vielleicht kann mir jemand helfen oder Tipps geben, damit ich meinem Sohn helfen kann.

    Es tut mir weh meinen Sohn so zu sehen, er ist immer sehr lebensfroh gewesen. Davon ist im Moment nichts übrig. ;(


    Wendy

  • Ich möchte vor wegschicken, ich bin keine (medizinische, psychiatrische oder ähnliche) Fachperson sondern teile hier meine Gedanken. Mir scheint jedoch eine grössere/andere Problematik als "nur" das Asperger Syndrom hier vorzuliegen. Gerade die "plötzliche" starke Veränderung passt meiner Meinung nach nicht ausschliesslich zum Asperger Syndrom sondern kann andere Gründe (z.B. psychiatrische Diagnosen) haben. Es könnte etwas vorgefallen sein und sein Verhalten nun die Auswirkungen oder es gibt biologische/psychische Gründe.

    Ich war bereits in mehreren psychiatrischen Kliniken, darunter geplante (stationär und teilstationäre) sowie "notfallmässige" Aufenthalte. Ein negatives Erlebnis ist natürlich nicht förderlich vor allem wenn es sinnvoll ist nochmals professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zum Beispiel weil es nicht anders geht, das Umfeld und man selber nicht mehr weiter weiss.

    So hart es klingt, meine Eltern haben mich damals dazu gezwungen mir professionell helfen zu lassen, weil sie mich ansonsten von zu Hause rausgeschmissen hätten. Ich habe diesen Druck gebraucht, weil ich diesen Weg sonst nicht gegangen wäre. Nicht nur dein Sohn sondern auch du/ihr als Eltern leidet darunter und das ist auch wichtig zu beachten. Ihr müsst auf eure Gesundheit und Bedürfnisse achten und nicht nur auf dies von eurem Sohn, es muss allen gut gehen. Ihr könnt eurem Sohn nicht helfen wenn es euch sehr schlecht geht. Manchmal braucht es harte Massnahmen/Druck um etwas verändern zu können. Ihr steht ja trotzdem hinter ihm und wollt ihm helfen, nur das Beste für ihn. So wie ich deinen Beitrag lese habt ihr schon einiges vergebens versucht und seid verzweifelt.
    Mir ist nicht bekannt wie dein Sohn sein Leben (Ausbildung, etc.) vorher gelebt hat und wie er mit der Aspserger Problematik umgegangen ist, wie sehr es ihn eingeschränkt hat, wie sehr er sich dessen bewusst war etc.

    Was meint dein Sohn, wie sieht er seine Zukunft, was wünscht er sich, sieht er seine Problematik, will er Hilfe annehmen?

  • Das unser Sohn anders ist als unsere Tochter haben wir früh gemerkt. Jedoch die Mediziner meinten nur das dies die kindliche Entwicklung ist. Also sind wir dem nicht weiter nach gegangen. Schwierig war er eigentlich nie. Er hatte halt seine Macken, aber wer hat die nicht. In der Schule wurde er viel gemobbt, da er ein wahnsinniges Wissen hat und als Streber abgetan wurde. Auch die Gespräche mit den Lehrern führte ins nichts. Problematisch wurde es erst als der Schulwechsel an einen anderen Ort erfolgte. Die Veränderung machte ihn stark zu schaffen und es gelang ihm nicht. Die Direktorin der Höheren Schule war die erste die meinte das unser Sohn Autist ist. Ich hatte mich bis zu diesem Tag nie mit dem Thema beschäftigt und war erstaunt über die Aussage. Sie erklärte mir die Situation und ich zog erste vergleiche. In Österreich ist das Schulsystem streng geregelt und da mein Sohn nicht weiter auf die Schule gehen wollte, brauchten wir eine Alternative. So wurde uns ein Jugendcoach zur Seite gestellt. Mein Sohn konnte sehr gut mit ihm und die beiden verstanden sich blendend. Jedoch jedes mal wenn der Coach ihm auf die Diagnostik ansprach versperrte sich mein Sohn. Er hatte riesen Angst Autist zu sein. Ich müsste Lügen, ich weiß nicht mehr wie es dazu kam, das der Jugendcoach ihn dazu gebracht hat zu einem Psychologen zu gehen. Was weder mein Sohn noch ich wusste, das hier die Diagnostik gemacht wird. Erst als ich den Elternbogen sah, wusste ich was gerade passiert. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich mir nicht sicher war ob mein Sohn auch weiß was er gerade macht. Nach etwa 3 Stunden fuhren wir wieder nach Hause. Die Diagnostik ergab Autismus Spektrum Asperger. Ich hatte mich zu diesem Zeitpunkt bereits über Autismus informiert. Als ich den Psychologen fragte wie ich dies nun meinem Sohn sagen sollte, gerade weil er Angst vor dieser Diagnose hatte, meinte dieser "jetzt gar nicht". Okay das war dann für mich schon seltsam, aber er hat mir erklärt, dass der richtige Zeitpunkt kommen würde.

    Seither sind wir von einem Desaster ins nächste gerasselt. Wir bekamen dank der Diagnostik Heimunterricht. Eigentlich wurde mir zugesichert das die Lehrerin für Autisten geeignet ist. Naja solange die Eltern dabei sind, wohl schon. Ich war nur einmal kurz weg und sie hat meinen Sohn als Dumm und Anstrengend bezeichnet, weil er wenn er nicht mehr wollte, sich einfach versperrt hatte. Ich habe dann den Unterricht mit ihm alleine weitergeführt, jedoch hatte er Angst vor den Prüfungen, welche in einer Schule und alleine abgelegt werden mussten. Der Jugendcoach wechselte seine Stelle und hat ihn leider auch weiter gereicht. Die neue Coachin konnte leider nicht mit ihm umgehen und so war auch das Coaching beendet.

    Ich glaub im November war es, als er so verzweifelt war und ich ihm sagte, dass ich ihm sagen könnte woran es liegen könnte und er vielleicht damit besser umgehen kann. Als ich ihm die Diagnose erklärt habe, war er für mich überraschend offen dafür. Danach gingen wir zu dem Psychologen, welche die Diagnostik erstellt hatte. Jedoch war das eine Katastrophe. Wie oben beschrieben, wurde es danach schlimmer und wir brachen auch da ab.

    Mittlerweile hat er wieder Panik, dass er Autist ist. Er möchte kein Autist sein.


    Ihm fehlen jegliche Perspektiven.... er fängt viel an und macht nichts fertig!

    Er war immer sehr fröhlich, wenn er Angst hatte, hat er sich versteckt, aber jetzt ist er nur noch ein Häufchen Elend.


    Ihn dazu zu zwingen, an den Ort zu gehen, vor dem er am meisten Angst hat ... ich weiß nicht ... ich kann da nicht. Alleine wenn man die Angst in seinen Augen sieht. Seit dem Tag in der Klinik, ist jeden Monat das Datum eine Katastrophe.


    Ich möchte ihn nicht zu etwas zwingen ... dann verliere ich ihn vielleicht für immer

  • So hart es klingt, meine Eltern haben mich damals dazu gezwungen mir professionell helfen zu lassen, weil sie mich ansonsten von zu Hause rausgeschmissen hätten. Ich habe diesen Druck gebraucht, weil ich diesen Weg sonst nicht gegangen wäre.

    Hast du das deinen Eltern jemals verziehen?

    Hattest du Angst davor?


    Ich möchte nicht, dass er noch mehr Angst hat, als er eh schon hat.


    Mir scheint jedoch eine grössere/andere Problematik als "nur" das Asperger Syndrom hier vorzuliegen. Gerade die "plötzliche" starke Veränderung passt meiner Meinung nach nicht ausschliesslich zum Asperger Syndrom sondern kann andere Gründe (z.B. psychiatrische Diagnosen) haben. Es könnte etwas vorgefallen sein und sein Verhalten nun die Auswirkungen oder es gibt biologische/psychische Gründe.

    Möglich das diese Frage dumm ist. Ich habe jedoch gelesen das Autisten später in die Pubertät kommen. Er beklagt sich auch, dass seine Körperbehaarung stark wächst und er das nicht möchte. Könnte das vielleicht auch mitspielen.

  • Ich glaube nicht das du hier die Hilfe finden wirst, welche du suchst. Du solltest eine Einrichtung suchen, welche sich mit Autisten auskennt. Allerdings schätze ich, dass bei deinem Sohn noch mehr vorhanden ist. Vielleicht ist Autismus auch die falsche Diagnose. Ich kenne die Situation in Österreich nicht. In Wien gibt es den PSD. Es ist immer möglich, dass man zuerst einige Kliniken «ausprobieren» muss, bevor man die Hilfe bekommt, welche funktioniert.

  • Entschuldige meine späte Antwort, ich war infolge Hochwasser im Dauereinsatz für die Feuerwehr.


    Ich verstehe deine Ängste, dass du ihn nicht verlieren möchtest indem du ihn zu etwas «zwingst». Andererseits kann man sich auch fragen, ob er nicht «verloren» geht wenn ihr es so weiterlaufen lässt bzw. keine professionelle Hilfe holt, denn das bringt ja nichts wie du gemerkt hast, sonst wärst du nicht hier. Die professionelle Hilfe muss nicht die Klinik sein, mit welcher er schlechte Erfahrungen gemacht hat. Es gibt verschiedenen Kliniken mit verschiedenen Schwerpunkten/Kompetenzen, es gibt stationäre und teilstationäre Einrichtungen, ambulante Hilfe, Beratungsstellen spezifisch für Autismus, Beratungen, Coaching, begleitete Wohnformen, etc. Gerade im Hinblick auf die negativen Erfahrungen können auch neue Fachpersonen eine Chance sein. Es gar nicht mehr zu versuchen ist sprichwörtlich wie den Kopf in den Sand stecken, damit wird sich aber nichts ändern, ausser du/ihr wisst was ihm helfen könnte und ihr könnt es auch umsetzen. Anhand deines Beitrages/Hilferuf gehe ich davon aus, dass dem nicht so ist.


    Warum hat er so grosse Angst Autist zu sein, hat er ein falsches Bild von der Diagnose, Vorurteile, etc.? Ich bin sicher, wenn die passende (Fach)Person ehrlich und Adressatengerecht die Diagnose eurem Sohn gegenüber kommuniziert, kann er auch besser damit umgehen. Nicht nur stigmatisierendes wie der Name nennen sondern auch auf die Stärken eingehen, mit ihm erarbeiten was er wie erlebt, was ihn im Alltag einschränkt, wo er Unterstützung wünscht, aber auch was er aber gut kann, wo er sein anders funktionieren hilfreich findet.


    Es scheint mir mehrfach nicht offen kommuniziert worden zu sein, z.B. beim Zeitpunkt der Diagnostik an sich aber auch beim Zeitpunkt des ihm mitteilen der Diagnose. Ich persönlich bin dem gegenüber sehr kritisch eingestellt, denn offene (Adressatengerechte) Kommunikation ist meiner Meinung nach extrem wichtig. Zumal euer Sohn mündig ist und kein Kleinkind mehr. Irgendwann werdet ihr nicht mehr da sein können für euren Sohn, deshalb erachte ich es als wichtig ihn jetzt zu unterstützen, sodass er ein eigenständiges Leben führen kann. Aktuell scheint er dazu nicht in der Lage zu sein.



    Gewisse Menschen brauchen sehr grosse und strake Ängste oder Stresssituationen bis die Last zu gross ist und sie sich daran wagen etwas zu verändern. Denn Ängste müssen überwunden werden wenn sich etwas ändern soll, denn die Ängste lähmen und hindern die Veränderung.


    Ja, ich habe es meinen Eltern verziehen. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass es damals hart war für mich. Doch im Nachhinein verstehe ich es und sehe meine Fortschritte die ich wohl sonst nicht erreicht hätte, weil ich mich nie freiwillig darauf eingelassen hätte, weil ich Angst hatte, schlechte Erfahrungen gemacht habe, etc. Heute kann ich mein Leben selbständig und unabhängig führen auch wenn mich mein Asperger-Syndrom und dessen Auswirkungen im Alltag immer noch fordert.