Hallo
Ich (w, 31 J.) lese schon seit gut 10 Jahren viel über Psychiatrie und Sonderpädagogik, ich habe auch schon sehr viele Bücher über Autismus / Asperger gelesen. Viele beschriebene Symptome erinnerten mich an mich selbst, aber halt eher "nebensächliche" wie sozial eher unfähig (Fettnäpchen, wenig Verständnis für unterschwellige Dinge), Abneigung gegenüber Small Talk und Partys waren für mich früher immer sehr anstrengend, ohne dass ich wusste warum. Erst nach einem Video über ein Kleinkind mit Autismus, bei dem ein Eye-Tracker installiert wurde, fiel mir auf, dass ich den Gesprächspartnern immer auf den Mund schaute. Seither habe ich da viel geübt und es geht besser, aber es fühlt sich falsch an, als ob mich Augenkontakt schmerzen würde. Ich weiss auch nie, was für eine Augenfarbe andere Leute haben und in der Schule hiess es bei Vorträgen immer, ich würde die Decke anstarren (auch dann, als ich mir konkret sehr viel Mühe gab, eben dies nicht zu tun).
Als Kind und auch noch heute, kann ich mich stundenlang alleine mit meinen Hobbys beschäftigen. Zwar hatte ich nie Spezialinteressen wie sie in den meisten Büchern erwähnt werden, bei mir wechselten sich viele Themen nacheinander ab. Aber immer war ich "voll drin" und entsprechend hielt man mich in der Schule wohl für komisch. Dass ich deswegen gemobbt wurde, diese Erkenntnis hatte ich erst vor wenigen Jahren.
Meine Mutter behauptet, ich sei als Kind normal gewesen. Ich konnte früh sitzen und stehen; hatte normal laufen und sprechen gelernt, keine Unterbrüche oder so. Normale Einschulung und abgesehen von einer frühpubertären-rebellischen Phase im Alter von 11 Jahren, gab es auch nie etwas, worüber die Schule sich beschwerte.
Ich hatte aber nie Meltdowns oder ähnliches, ich kann mich auch als Kind an keine ähnliche Begebenheiten erinnern. Auch liest man ja manchmal von "geschärften Sinnen", bei mir ist es aber eher so, als wenn die Nase gar nichts ans Gehirn weiterleitet, um mich zu schonen (ich rieche gerade "negative" Gerüche fast nie, wenn andere Leute welche erwähnen). Auch mit den Augen scheine ich meine Umgebung eher tunntelartig wahr zu nehmen, viele Details aus der Umgebung werden automatisch ignoriert. Wenn ich in eine Beschäftigung versunken bin, höre ich auch fast nichts mehr bewusst.
Nun hat mich das Thema wieder beschäftigt, und ich habe mich hier im Forum umgesehen. Ich überlege schon länger, ob ich mich abklären lassen soll, einfach um es zu wissen. Ich habe aber etwas Angst um vergeudete Energie und Geld, weil ich befürchte, dass nicht genug Symptome zutreffen, so dass eine Diagnose nach ICD-10 und DSM-IV nicht möglich ist.
Ich hatte vor etwa 3 Jahren mal einige Online-Tests gemacht, die alle zwischen "knapp möglich" und "nein" schwankten.
Nun würde mich interessieren, ob es hier Betroffene gibt, die erst im Erwachsenen-Alter eine Diagnose erhalten haben und auf die auch nicht alle Symptome zutreffen/zutrafen? Besonders Frauen, die vielleicht einfach besser kompensieren können und daher weniger oft auffallen?
Vielen Dank schon mal.