Eifersucht

  • Eifersucht - ein Thema, welches so alt ist wie die Menschheit. Dennoch: ich verstehe dieses Gefühl nicht. Ich habe kürzlich eine Anthologie im Eigenverlag veröffentlicht und zwei Lesungen abgehalten, das Buch kann auch bei mir bestellt werden. An sich eine schöne Sache, die Arbeit an der Entstehung des Buches hat mir viel Spass bereitet. So weit so gut. Alles paletti, dachte ich. Doch nun bekomme ich es mit der Eifersucht zu tun. Es ist unglaublich, auf wie viele Arten diese mir begegnet.


    In dem Buch gibt es ein paar kleinere Fehler, die mir trotz mehrmaligem Durchlesen durch die Lappen gegangen sind. Das gebe ich zu, ich habe das Manuskript aus Kostengründen nicht lektorieren lassen. Diese Fehler fallen eigentlich auch nicht heftig ins Gewicht, da in der Dichtkunst eine nicht so restriktive Rechtschreibung ausgeübt werden muss, wie zum Beispiel in einem Roman. Jetzt es gibt Leute, die schreiben mir Mails, in denen es von Hinweisen auf Fehler etwelcher Art nur so wimmelt - viele davon hätten dies besser unterlassen, weil sie selber richtiges fälschlicherweise korrigiert haben. Auch was sie anders geschrieben hätten etc. Ja, man kann alles immer anders ausdrücken.


    Da ich mit diesem Phänomen nicht umgehen kann, es mich nicht in Ruhe lässt, da ich es nicht begreife, habe ich Rat bei einem Psychiater geholt. Dessen Antwort hat mich noch mehr verwirrt. Diejenigen, die eifersüchtig seien, täten dies, weil sie spüren, dass ich ihnen überlegen sei. Was besser als man selber sei, müsse bekämpft werden. Wie bitte? Ich habe das Buch aus Freude an der Sprache verfasst, und nicht, um anderen überlegen zu sein! Und warum um alles in der Welt muss ich als Person, als "Brunnen der Kreativität", bekämpft werden?


    Das Spiel mit der Sprache ist nun mal mein Spezialinteresse, ich habe bereits in der Schule am liebsten Aufsätze geschrieben. Oft reichte mir die vorgegebene Zeit nicht, um all meine Ideen zu Papier zu bringen. Sogar in der Schule wurde ich deswegen gemobbt, das fällt mir aber erst heute, mit den aktuellen Erfahrungen zu diesem Thema auf.


    Ich wollte mit meinem kleinen Werk den Menschen ein wenig Freude am Lesen, ein An-meinen-Phantasien-teilnehmen-lassen vermitteln und nie im Leben das Gefühl der Eifersucht erwecken, bzw. als Zielscheibe dienen.


    Da ich mit solchen Anfeindungen nicht umgehen kann und auch keine Ahnung habe, wie ich dagegen halten kann und dies auch nicht möchte, steht als einziger Ausweg eigentlich nur der des Rückzuges im Raum. Aber warum?


    Ich lebe durchaus in der Realität und erwarte nicht, als Autist in Watte gepackt zu werden. Doch je länger ich lebe, desto mehr gelange ich zur Erkenntnis, dass ich die Menschheit nicht verstehe, nie verstanden habe und leider wahrscheinlich auch nie verstehen werde. Das finde ich schade, muss diese Tatsache aber akzeptieren.


    Regenbogen

  • Hallo Regenbogen
    Ich bin neu hier. Bin erst mit 40+ ASS-diagnostiziert worden. Vielen Dank für deinen Beitrag über Eifersucht. Das kenne ich sehr gut und habe diesbezüglich auch so meine Erfahrungen gemacht. Im Gegensatz zu mir hast du es geschafft, etwas zu publizieren. Super. Aber der Umgang mit der Eifersucht, das ist schon ein Ding. Ich musste vor 3 Jahren einen "Neidangriff" abwehren. Es war heftig, ich brauchte 9 Monate lang den Anwalt, anschliessend Hausarzt und Psychologe, um zu eruieren, was da eigentlich abgegangen war. Einer der "Kollateralschäden" war dann die Aufgabe meiner Arbeitsstelle (aus nervlichen/gesundheitlichen Gründen). Tja, war einfach überfordert mit dem Ganzen. Das ist einer der Nachteile meiner Wahrnehmung. NTs hätten da besser reagiert, nehme ich an.


    Positiv: ich hatte eine sehr gute psychologische Beratung. Ev. dienen auch dir die Hinweise, welche ich bekommen habe. Also: es gibt - viel häufiger als man meinen würde - Menschen, deren einziges Lebensziel bzw. einziger Lebenszweck es ist, über andere Macht auszuüben. Sozusagen die eigene Identität auf Kosten derjenigen anderer durchzusetzen, auch via Grenzüberschreitungen und - wenn's denn sein muss - Vernichten der "Konkurrenz". Um das tun zu können, "tigern" sie pausenlos nach Angriffsflächen, und sie finden sie immer, egal ob im fachlichen, rechtlichen, persönlichen, digitalen etc. Bereich. Angriffsflächen bietet man als Person mit ASS leider allzu oft. So hast du eventuell mit deinem Werk für ebensolche Leute ein Plattform geschaffen, ohne es zu wollen. Wie ist damit umzugehen? Sich wehren geht nicht, denn jeder Versuch wird als neue Angriffsfläche gewertet und verwendet. Da ist man mit ASS sowieso chancenlos. Im Wissen um "Machtansprüche" kann man jedoch vorgreifen und solche Anfeindungen im voraus blockieren. In deinem Fall z.B. mit einem autoritären Vorwort zur Publikation - als prospektive Massnahme zur Ausschaltung potenzieller Unangemessenheiten, wie etwa Neidgebaren. Ist zwar rabiat, aber respekteinflössend. Das würde dir bestimmt gelingen, weil du gut schreiben kannst ;-).


    Mehr kann ich dir leider zum Thema Eifersucht auch nicht bieten. Die Infos der psychologischen Beratung haben mir aber geholfen, eine für mich brauchbare Strategie zu entwickeln.


    Klondyke

  • Hoi Regenbogen


    Ich möchte für den Moment nur eine Frage in den "Raum stellen":


    Könnte es nicht sein, dass diese "Neider" zum Teil ev. Asperger sind, mit einem Spezialgebiet in Deutsch oder Rechtschreibung und unbedingt ihre Meinung zu deinem Werk los werden wollen?


    Das als Gedanke von einem NT, der mit Aspergern in einem Haushalt lebt.


    Grüessli
    Jris

  • Hallo Klondyke, hallo Jris,


    Klondyke: wir sitzen sozusagen im selben Boot, auch ich gehöre zu den später Diagnostizierten, auch 40+ obwohl näher bei 50 als bei 40 ...


    Auch ich wurde - so wie ich meine damalige berufliche Situation heute einschätze - nicht zuletzt auch aus Eifersuchtsgründen mit einer Kündigung konfrontiert, die Nachgeschichte ähnelt deiner doch sehr. Scheint also kein seltenes Phänomen zu sein. Ich konnte damals nicht reagieren, sodass ich mir Hilfe holen musste, was den Prozess über Jahre hinweg hingezogen hat. Bestimmt hätten NT's besser, vor allem schneller zu reagieren vermocht, als ich das konnte. Bis ich mir eine Antwort auf eine Attacke zurecht gelegt hatte, verging oft zu viel Zeit, als dass eine solche etwas hätte bewirken können.


    Und auch ja, ich erfahre momentan genau das, was du beschreibst, es gibt viele Leute, deren Ziel zu sein scheint - was ich zwar nicht nachvollziehen kann - Macht ausüben zu müssen, es eine regelrechten Manie ist. Angriffsflächen zu suchen ist in meinen Augen einfach nur eines, nämlich abscheulich. Nichts desto weniger treffe ich immer wieder auf solche Leute, scheine - das klingt jetzt ziemlich eigenartig - geradezu ein "Abonnement" in Bezug auf diese zu haben.


    Angriffe abwehren? Nein, das ist ein hoffnungsloses Unterfangen, denn dazu müsste ich über eine effiziente Schlagfertigkeit verfügen, was leider, um in dieser Welt zu überstehen, nicht zu meinen Stärken gehört. Wie oft habe ich eben genau dies versucht, aber mit nur mässigem Erfolg. Trotz allen Widerwärtigkeiten werde ich eines nicht tun: Aufgeben. Eine Strategie, die versuche mir zu eigen zu machen ist die, dass ich gar nicht perfekt sein will, und auch nicht mit perfekten Leuten zu tun haben möchte. Meine Überlegung dazu ist, dass ich die Welt nicht verändern kann, sondern nur mich selbst, was bedeutet, dass ich einen gedanklichen Mechanismus entwickeln muss, damit mich Attacken jedwelcher Art nicht mehr dermassen stark treffen. Keine leichte Aufgabe, zumal ich so ziemlich alleine dastehe.


    Die Idee mit dem Vorwort kann ich im Moment nicht ganz nachvollziehen, denke aber darüber nach, denn ich habe bereits wieder ein weiteres Projekt in Arbeit.


    Danke für das Lob. Es freut mich. Nur am Rande: Lob annehmen ist für mich als ASS nicht leicht, Kritik hingegen frisst sich gnadenlos tief in meine Seele ein, was das Thema der Eifersucht, bzw. dem Ausgeliefertsein eben solcher nur noch schwieriger macht. :)


    Aber um der Gerechtigkeit Genüge zu tun: es gibt auch positive Reaktionen ^^


    Jiris: danke für deine Frage. Hierzu muss ich schreiben, dass du den sprichwörtlichen Nagel voll auf den Kopf getroffen hast! Es gibt da einen besonders renitenten ASS, der als Spezialgebiet - er schreibt auch selber - vor allem auf Rechtschreibung fixiert ist. Er versteht die Texte nicht, findet aber jeden irrtümlich in die Zeilen gerutschten Leerschlag. Klar, hier kann man das Klischee des detailversessenen ASS bedienen, ähnlich wie jenes der IT-ASS, nur dass es sich bei dieser Variante um einen auf Sprache ausgerichteten Fall handelt. Ich bin auch eher der "sprachliche" Typ, aber mir ist es ehrlich egal, wenn mal irgendwo ein Komma falsch gesetzt wurde oder fehlt. Was zählt ist meines Erachtens der Inhalt, die Kreativität, die Phantasie des Erzählers.


    Dennoch will ich niemanden verurteilen. Jeder steckt in seiner eigenen Haut, aus der die wenigsten rausschlüpfen können. Schopenhauer schrieb mal: Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in seiner eigenen Welt.


    Schön wäre es jedoch, wenn mehr Toleranz herrschen würde, bei allen Menschen, egal in welcher Hinsicht. Ich bin überzeugt, dass es auf unserem wunderbaren Planeten weniger Probleme gäbe.


    Dein Gedanke ist sehr wertvoll. Ein grosses Merci!

  • Hallo Regenbogen, hallo Jris


    Ja ihr habt recht, es gibt nebst Neidern auch ASS, die es einfach loswerden müssen. Nur vermute ich, dass es bei denen vielleicht mehr um penetrantes Richtigkeitsempfinden geht als um Eifersucht als solche. Was meint ihr? Aber beides ist total mühsam, zugegeben. Man könnte die Dinge auch einfach mal gut sein lassen.


    Regenbogen: der Gedanke bez. Vorwort ist nicht von mir. Ich habe mal ein Buch gelesen (ich lese sehr viel), in dem die Autorin nach einem Zoff mit Kritikern ein zweiteiliges Vorwort zu ihrem Werk geschrieben hat - frei nach dem Motto "gouverner, c'est prévoir".
    Teil 1: kurze Erklärung zu Thema, Inhalt, Anliegen und Ziel des Buchs
    Teil 2: kurze, direkte und knallharte Formulierung, für wen das Buch demzufolge NICHT bestimmt ist
    a) Damit hat sie signalisiert, dass nur kritikbefugt ist, wer ihr Buch als Ganzes verstanden hat.
    b) Damit hat sie sich einen Selbstschutz vor unerwünschten und/oder unangemessenen Kommentaren aufgebaut. Verfasser solcher Äusserungen kann sie stets darauf hinweisen, dass ihr Buch NICHT für sie bestimmt war und daher auch die Kommentare irrelevant sind.
    c) Damit ist nicht sie den Kritikern ausgeliefert, sondern die Kritiker sind ihr ausgeliefert.
    Womit wir wieder beim Themenkreis wären: Neid, Machtgehabe, Umgang damit, Kontrolle, Selbstvertrauen usw. ...


    Kannst du jetzt die Sache mit dem Vorwort etwas besser nachvollziehen? Vielleicht könntest du für zukünftige Arbeiten etwas von diesem Modell übernehmen? Ich weiss es nicht, denn - wie du sagst - niemand kann aus seiner Haut raus. Trotzdem: Kritik frisst sich weniger in die Seele rein, wenn man über Sorte, Qualität und Dosierung die Kontrolle behält. Und im voraus klarstellt, was man akzeptiert und was nicht. Ist für mich auch eine Art von Schlagfertigkeit. :-)


    Klondyke

  • Hallo an alle
    Ja irgendwie scheint es sehr viele Menschen zu geben, die nur darauf warten, andere kritisieren zu können. Und wenn sie dann noch Angst haben, jemand könnte besser sein als sie, wirds besonders gemein. Kann ich auch nicht verstehen...


    Ich sehe es so, dass man ja bei jedem Kontakt mit Menschen nicht weiss, was dabei rauskommt (ich jedenfalls nicht ;-)). Es kann positiv oder negativ sein. Und mit einem veröffentlichen Buch tritt man ja mit sehr vielen Menschen in Kontakt. Und auch da wird man negative und positive Reaktionen erhalten. Nur melden sich wohl eher die Kritiker...
    Ich finde es toll, dass du weiter machen und nicht aufgeben willst. Das ist das einzig Richtige. Es macht dir Freude zu schreiben und ganz viele freuen sich beim Lesen (auch wenn sie dir das nicht schreiben oder sagen).
    Kann man dein Buch irgendwo kaufen?