ADHS und Autismus-Spektrum, Artikel in ELPOST Nr. 41

  • Immer wieder kommt es vor, dass Kinder zunächst eine ADHS- oder POS-Diagnose erhalten, und erst später (je nachdem viel später) wird erkannt, dass es sich um eine Störung aus dem Autismus-Spektrum handelt. Dadurch geht wertvolle Zeit für gezielte Massnahmen verloren.
    Mein Artikel in der ELPOST Nr. 41 (Sommer 2010) möchte dafür sensibilisieren, dass es zwischen ADHS und Autismus-Spektrum Überschneidungen gibt und kein Entweder-Oder.

  • VIELEN DANK!


    Ein herzliches Dankeschön für diesen Bericht. Wir hatten das Glück, dass unser Sohn bereits mit 3 Jahren beide Diagnosen erhalten hat. Einerseits sind wir natürlich froh darüber, andererseits stellt es uns genau vor die Probleme, die in Ihrem Bericht erwähnt sind. Die unterschiedlichen therapeutischen Konzepte.


    (Auch ein Dankeschön an den Bericht "HAWIK"-Test. Wir erhalten nächste Woche von unserer Schulpsychologin Einblick in das Ergebnis. Ich habe sie gebeten, Parallellen auszufiltern, die besondere Schwierigkeiten für ein ASS-Kind darstellen). Wir sind gespannt!


    Herzlichst,
    kilian02

  • Zitat

    Mein Artikel in der ELPOST Nr. 41 (Sommer 2010) möchte dafür sensibilisieren, dass es zwischen ADHS und Autismus-Spektrum Überschneidungen gibt und kein Entweder-Oder.

    Auch wir sehen in der täglichen Arbeit immer wieder Überschneidungen von Problemen und Beschwerden von ADHS-Kindern mit jenen von Kindern mit Asperger-Syndrom bzw. anderen, leichteren Störungen aus dem Autismus-Spektrum. Noch deutlicher aber springen uns immer wieder grundlegende Unterschiede zwischen der ADHS- und der Autismus-Spektrum-Symptomatik ins Auge. Gestützt auf eigene Erfahrungen sehe ich in vielen Fällen sehr wohl ein "Entweder-Oder". Bedeutsam ist dies vor allem für Wahl der Therapie.
    Wir haben 2007 unsere Beobachtungen in einem Artikel zusammengefasst (wenn sich jemand dafür interessiert siehe hier).
    Auch wenn einge Kollegen und mehrere wissenschaftliche Untersuchungen ein Nebeneinander von ADHS und Autismus postulieren, bestätigen mir auch die seit 2007 gemachten Erfahrungen, dass es sich bei der ADHS und autistischen Störungen um meistes deutlich abgrenzbare Störungsbilder handelt, welche unterschiedlich behandelt werden.

  • Ich danke Herrn Kollegen Rossi für seinen klärenden Hinweis. Mein Artikel in ELPOST Nr.41 hatte nur wenig Platz zur Verfügung und musste deshalb einiges schlagwortartig verkürzen. Selbstverständlich gibt es grundlegende Unterschiede zwischen ADHS und Autismus. Deshalb steht am Schluss meines Artikels auch: "Die Unterscheidung bzw. Klärung der Diagnose-Schwerpunkte ist so oder so sehr wichtig, denn je nach Hauptdiagnose folgen daraus unterschiedliche therapeutische Konzepte."

  • Zitat

    Wir haben 2007 unsere Beobachtungen in einem Artikel zusammengefasst (wenn sich jemand dafür interessiert siehe hier).

    Jetzt habe ich mir diesen Artikel sehr aufmerksam durchgelesen und kann der Beschreibung des Asperger-Syndroms im Fall von "David" uneingeschränkt zustimmen. Einzig eine Anmerkung möchte ich machen und zwar habe ich die Erfahrung gemacht, dass AS-Betroffene im Laufe des Lebens Strategien entwickeln können, um so manche ihrer Defizite zu kompensieren. Dies gelingt meiner Beobachtung vor allem jenen erwachsenen Aspies, die über eine erhöhte Intelligenz verfügen. Zwar haben auch Hochbegabte oft ähnliche Symptomatiken wie AS, aber die Kombination AS und Hochbegaung hilft diesen Betroffenen ein - zumindest für den Laien - relativ unauffalliges Leben zu führen.




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    Generelle Frage: Spricht man sich hier im Forum so wie in anderen Foren üblich mit "DU" an oder ist dies verpönt?
    Mir persönlich ist das völlig gleichgültig, ich möchte nur eine durchgängig gültige Regelung.


    Danke!
    Werner

  • Lieber Joker
    Ich möchte Deinen Ausführungen ausgesprochen zustimmen, sie entsprechen genau auch meinen klinischen Erfahrungen: von Autismus Betroffene mit überdurchschnittlicher Intelligenz werden - zumindest heutezutage noch - oft erst spät bzw. im Erwachsenen-Alter erkannt. Obwohl ich Kinder- und Jugendpsychiater bin, erhalte ich in letzter Zeit zunehmend Anfragen von Erwachsenen (die Frauen typischerweise in der Altersgruppe zwischen 30 und 45, die Männer eher zwischen 45 und 55), die ihre Selbstdiagnose "Asperger" von einer Fachperson verifiziert haben möchten. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass man bei diesem Thema auf mögliche Ressentiments achten muss: Eltern von stark beeinträchtigten Kindern haben zuweilen Mühe damit, wenn andere darum hadern, ob ihr Kind das Gymnasium schafft oder nicht. Ich möchte hier zum gegenseitigen Verständnis folgendes bemerken: menschliches Leiden entsteht aus der Diskrepanz zwischen realen Möglichkeiten (Potenzial) und tatsächlich Erreichtem (Performanz). Von Autismus Betroffene geraten hier immer in eine Schere, und es muss das Bemühen aller sein, dass diese Schere sich nicht unnötig stark auftut. Mit anderen Worten: von Autismus Betroffene haben Anspruch auf Hilfe und Unterstützung, unabhängig davon, auf welchem Leistungsniveau sie sich bewegen. Und: je stärker die Ausprägung des Autismus ist, umso früher und intensiver muss diese Hilfe sein.