Ich bin ein kunstschaffender Asperger und gehe davon aus, dass dies an sich nichts aussergewöhnliches ist. Aber, und das ist mein Anliegen heute, ich stosse immer wieder auf die Meinung, dass mein künstlerischer Antrieb zur Hauptsache auf meiner "psychischen Beeinträchtigung" gründet. Also da bin ich einfach nur sprachlos. Viele Künstler seien depressiv gewesen oder sind es. Meine Frage lautet: bin ich depressiv, nur weil ich ein Autist bin??? Bin ich, weil Autist, psychisch beeinträchtigt? Da tauchen eine ganze Menge an Fragezeichen auf.
Warum um alles in der Welt stellt die Allgemeinheit immer solche "Regeln" auf? Je länger ich mich mit dem Thema Autismus auseinandersetze, desto mehr treten solche Hirngespinste aus dem Nebel der offenbar nicht aufgeklärten Bevölkerung auf. Gut, ich gebe zu, ich teile in einem Gespräch relativ schnell mit, dass ich ein Autist bin. Warum? Ich signalisiere dem Gegenüber damit, dass ich ein paar Schwierigkeiten in Sachen Verständnis oder sozialer Interaktion habe. Es gibt nichts Schlimmeres, als falsch verstanden und damit ungerecht behandelt zu werden. Es wäre vielleicht besser, auf die Offenlegung zu verzichten und damit Gefahr zu laufen, falsch eingeschätzt zu werden. Welches ist das kleinere Übel?
Es existiert offenbar so etwas wie ein Gespann aus Autismus und psychischer Beeinträchtigung. Ich nenne hier nur mal als Beispiel das Thema Depression. Mich würde echt mal interessieren, wieso das so ist. Ich denke, dass auch NT's ab und zu mal depressive Phasen haben. Bei denen scheint sich niemand gross darum zu kümmern oder den Betreffenden in eine Schublade zu pressen, aber ein Autist? Bei Autisten muss man geradezu eine "Ausrede" bei der Hand haben, damit man ihm möglichst aus dem Weg gehen kann, sozusagen eine Legimitation, damit man sich wohler fühlt, wenn man sich nicht mit dem Autisten auseinander zu setzen braucht. Jedenfalls nicht wirklich ernsthaft.
Läuft man, wenn man einem depressiven Zeitgenossen begegnet, Gefahr, von dessen Gemütsverfassung angesteckt zu werden?
Es gibt da noch den Vergleich von Genie und Wahnsinn. Auch hier die Meinung, dass es viele Autisten gibt, die Genies sind. Viele? Ich würde eher sagen ein paar. Nicht mehr als bei den NT's. Aber wenn ein Autist ein Genie ist, muss er deswegen auch gleich noch ein Wahnsinniger sein?
Ich würde mir einen urteilsfreieren und offenenen Umgang mit meiner Persönlichkeit als Autist wünschen und nicht dieses dauernde stigmatisieren. Ich bin Autist und stolz darauf. Immer? Nicht immer, aber immer öfters!